Mitt Romney und die Rückkehr des Newt Skywalker
Am Dienstag finden in Florida Vorwahlen statt. Zeit für die republikanischen Präsidentschaftsbewerber, in Cape Canaveral die geschundene Seele der Mondfahrer-Nation zu streicheln.

Das klobige Space-Shuttle-Bauteil, vor dem sich Mitt Romney aufgebaut hat, leuchtet in strahlendem Nasa-Weiss, auch wenn die Ära der US-Raumfähren seit vergangenem Sommer vorbei ist. Der ausgemusterte High-Tech-Klotz steht in einer Werkshalle in Cape Canaveral, die der republikanische Präsidentschaftsbewerber als Kulisse für einige Worte über die Zukunft der US-Raumfahrt nutzt.
Geht es nach Romney, sollen dafür künftig vor allem private Unternehmen verantwortlich sein. Sein Rivale Newt Gingrich setzt dagegen auf grosse Visionen und will eine dauerhafte Mondbasis errichten. Die Raumfahrt ist für Präsidentschaftsanwärter ein Thema, mit dem sie sowohl die Phantasien der Nation beflügeln, aber auch kurz vor den Vorwahlen am Dienstag die wirtschaftlichen Sorgen der Menschen in Florida ansprechen können. «Space Coast» nennt sich die Region um Cape Canaveral noch immer stolz. Der Weltraumbahnhof an der Atlantikküste ist das Tor der USA ins All, seit den 1960er Jahren starteten hier alle bemannten Nasa-Missionen.
Amerikaner müssen bei den Russen mitfliegen
Doch seit die Atlantis im vergangenen Juli als letztes Spaceshuttle zur Internationalen Raumstation ISS flog, müssen US-Astronauten in russischen Raumkapseln mitfliegen. US-Präsident Barack Obama hat angesichts leerer Kassen bei der Entwicklung eines neuen Raumfahrtprogramms den Rotstift angesetzt. Erst in einigen Jahren dürften die USA wieder in der Lage sein, eigenständig Menschen ins All zu befördern.
Romney machte Obama am Freitag in Cape Canaveral für den Niedergang der US-Raumfahrt verantwortlich. «Es ist an der Zeit, eine Mission für das Raumfahrtprogramm der Vereinigten Staaten von Amerika zu haben», beschwor er seine Anhänger. Dabei gehe es nicht nur um die militärische und technologische Überlegenheit der USA, sondern auch um Arbeitsplätze.
Mehrere tausend Jobs gingen an der Space Coast durch das Ende der Shuttle-Flüge bei der Nasa verloren. Hotels und Restaurants leiden darunter, dass keine Shuttle-Touristen mehr kommen, um den feurigen Start der Raumfähren zu bestaunen. Der Parkplatz vor dem Fremdenverkehrszentrum in Cape Canaveral ist verwaist. «Wir wurden von der Rezession getroffen, aber mit dem Ende der Shuttles ist alles noch viel schlimmer», klagt eine Kellnerin.
Gingrich will zum Mond
Romney stellte klar, dass er der Region nicht «hunderte Milliarden Dollar» versprechen werde. Der frühere Geschäftsmann sieht auch die Reise zu den Sternen als Aufgabe der Privatwirtschaft. Nicht umsonst wählte er für seinen Auftritt die Werkshalle von Astrotech, einer Firma, die nicht nur die Nasa mit Bauteilen beliefert, sondern auch eigene Raumfahrtpläne verfolgt.
Romney war unter Zugzwang geraten, als Gingrich an der Space Coast mit einem verwegenen Versprechen für Aufsehen gesorgt hatte. Bis zum Ende einer möglichen zweiten Amtszeit, also 2020, wolle er eine permanente US-Basis auf dem Mond schaffen, tönte dieser. Die USA hätten den ersten Mann auf den Mond gebracht und dürften den Weltraum nun nicht den Chinesen überlassen.
US-Medien berichteten, dass Romney den Abstecher nach Cape Canaveral ganz kurzfristig in sein Wahlkampfprogramm aufgenommen habe. Die Angestellten von Astrotech hätten die ganze Nacht die Werkshalle aufräumen müssen, damit der republikanische Bewerber seine im Fernsehen übertragenen Worte zum Weltall loswerden konnte. Verglichen mit Gingrichs Kolonisierungsplänen für den Erdtrabanten wirkte Romneys Appell an den Privatsektor jedoch mehr als bescheiden.
Experten halten eine Mondbasis bis 2020 aber für eine Träumerei. Das sei eine «totale Phantasie», sagte John Logsdon, emeritierter Professor vom Institut für Weltraumpolitik der George Washington University. Allerdings ist Gingrich für seinen Hang zu Sciencefiction einschlägig bekannt. In den 1980er Jahren erhielt er als junger Kongressabgeordneter in Anlehnung an die «Star Wars»-Filme den Spitznamen Newt Skywalker. Bereits damals hatte Gingrich vorgeschlagen, den Mond zum Abbau von Rohstoffen zu nutzen.
Romney packt die Samthandschuhe ein
Mitt Romney warf Gingrich gestern zudem ein Scheitern als früherer Chef des Repräsentantenhauses vor. Romney nannte Gingrich in Panama City im Norden Floridas einen «grossartigen Jungen mit viele grossartigen Ideen», der als Führungsfigur der Republikaner während seiner Zeit als Repräsentantenhaus-Chef in den 90er Jahren jedoch gescheitert sei. «Er ist nicht der Anführer, den wir in diesen schwierigen Zeiten brauchen», sagte der Ex-Gouverneur.
In diesem Zusammenhang erinnerte Romney daran, dass Gingrich wegen Verstössen gegen die ethischen Richtlinien des Kongresses zu einer hohen Geldstrafe verurteilt worden war. «In Ungnade gefallen musste er schliesslich zurücktreten», sagte Romney. Sein Lager schaltete am Samstag in ganz Florida zudem einen neuen Wahlspot, der diese Botschaft enthielt.
Bei einem weiteren Auftritt in Pensacola vor ehemaligen Soldaten versuchte Romney, mit einer harten aussenpolitischen Linie zu punkten. An seiner Seite hatte der Ex-Gouverneur den Vietnam-Veteranen und republikanischen Präsidentschaftsbewerber von 2008, John McCain. Dabei warf Romney Präsident Obama vor, US-Gegnern wie Iran, Venezuela und Nordkorea nicht entschlossen genug die Stirn zu bieten. «Die Aussenpolitik des schönen Gefallens klappt nicht sonderlich gut», sagte er.
Gingrich zeigt sich kämpferisch
Gingrich hatte die letzten Vorwahlen vor einer Woche in South Carolina klar gewonnen und war anschliessend auch in den Umfragen in Florida an die Spitze geschossen. Mittlerweile lag der Webseite realclearpolitics.com zufolge im Schnitt aber wieder Romney mit 39 Prozent vor Gingrich, der auf 31 Prozent kommt. Der christlich-konservative Ex-Senator Rick Santorum und der texanische Abgeordnete Ron Paul waren mit elf beziehungsweise knapp zehn Prozent abgeschlagen. Bei den Vorwahlen am Dienstag sind alle republikanischen Parteimitglieder in dem bevölkerungsreichen Staat zur Stimmabgabe aufgerufen.
Gingrichs Lager versuchte ebenfalls, Romney mit Spots auf Floridas Radio- und Fernsehsendern zu diskreditieren. Dabei wurden ihm unter anderem seine wechselnden Positionen beim hochemotionalen Thema Abtreibung vorgehalten. Gingrich gab sich am Samstag kämpferisch und sagte, er werde «den ganzen Weg bis zum Nominierungsparteitag» Ende August gehen. Bei einem Auftritt in einer Kirche in Orlando wiederholte er mit Blick auf Romneys eher liberale Vergangenheit, dass nur ein «solider Konservativer» gegen Obama gewinnen könne.
Cain für Gingrich
US-Medienberichten zufolge stellte sich am Samstagabend der im Dezember aus dem Rennen ausgestiegene Herman Cain hinter Gingrich. Der frühere Pizza-Unternehmer nannte Gingrich einen «Patrioten», der keine Angst vor «verwegenen Ideen» habe. Cain hatte seine Bewerbung zurückgezogen, nachdem ihm mehrere Frauen sexuelle Belästigung vorgeworfen hatten.
sda/AFP/kle
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