Das Aus für die KinomeileMit der Schliessung des Pathé Küchlin wird Basel endgültig zur Kinoprovinz
Die Westschweizer Kinokette Pathé zieht sich Ende Juni aus Basel zurück. Damit hat Basel künftig nur noch 13 Kinosäle gegenüber 42 in Zürich und 33 in Genf.

Es ist eine kurze, lakonische Medienmitteilung, die ohne jede Vorwarnung über ein Jahrhundert Basler Kinogeschichte beendet. Hier ist sie im Wortlaut:
«Das Multiplexkino Pathé Küchlin schliesst im Juni 2023 seine Türen. Nach Beendigung des Mietvertrages per Ende Juni 2023 wird Pathé das Kino mit acht Sälen im Herzen von Basel nicht mehr weiterbetreiben. Der CEO von Pathé Schweiz, Venanzio Di Bacco, erklärt den Entscheid: ‹Wir sind bestrebt, unsere Kinos konstant zu modernisieren, um unseren Kundinnen und Kunden jederzeit das bestmögliche Filmerlebnis auf Grossleinwand zu bieten. Das Küchlin ist eine Basler Institution, doch eine Verlängerung des Mietvertrages und eine damit einhergehende aufwendige Renovation waren an diesem Standort aufgrund baulicher und wirtschaftlicher Perspektiven unmöglich. Wir bedauern die Schliessung zutiefst, sind aber überzeugt, dass die Assetimmo-Immobilien-Anlagestiftung, die Eigentümergesellschaft, eine attraktive Neunutzung des Gebäudes finden wird.›»
Im Weiteren bemüht Pathé die in solchen Fällen von Managern gerne gebrauchte Floskel, dass für die von der Schliessung betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter individuelle Lösungen gesucht würden.
Falsches Bekenntnis zu Basel
Noch im Januar 2021 tönte es anders. Da hatte sich gerade die zur Swisscom gehörende Kinobetreiberin Blue – ehemals Kitag – vollends aus der Basler Innenstadt zurückgezogen und mit dem Capitol ihr letztes Kino in der Steinenvorstadt geschlossen.
Die Westschweizer Kinobetreiberin Pathé Suisse bekannte sich damals gegenüber der BaZ zu Basel: «Wir sind überzeugt vom Standort unseres Pathé Küchlin mitten in der Basler Innenstadt», so Pathé-Sprecherin Jolanda Schönenberger im letzten Jahr. Die Kinobesucher sollen anders als bei Arena Cinemas nicht durch tiefere Preise in die Innenstadt gelockt werden, sondern durch Qualität: «Nach der Schliessung des Capitol werden wir verstärkt Filme in der Originalversion zeigen. So werden die Kinogäste, die bislang ihre Filme in englischer Sprache geschaut haben, diese künftig weiterhin in der Steinenvorstadt bei uns im Pathé Küchlin geniessen können.»
Schicksal des Küchlin-Theaters unklar

Und nun das Ende: Die damaligen Versprechen gelten nichts mehr. Das Pathé Küchlin mit seinen acht Sälen und total 2117 Plätzen verschwindet. Das Schicksal des zum Multiplex gehörenden, 1912 erbauten und 2005 aufwendig renovierten denkmalgeschützten Küchlin-Theaters ist damit ungewiss.
Dass für den Bau des Pathé-Multiplex die von der Theaterlegende Egon Karter erbaute Komödie (Schauspielhaus) abgerissen wurde und Basel deshalb ein neues Theater bauen musste, erscheint nun als Treppenwitz der Geschichte.
Fakt ist: Das Basler Kinosterben setzt sich fort. Die legendäre Kinomeile zwischen Steinenvorstadt und Stänzlergasse ist definitiv Vergangenheit.
Bilanz des Kinosterbens
Schon vor der Schliessung des Capitol am 26. Januar 2022 schloss im Januar 2020 das Rex. Davor gingen die Kinos Hollywood, Eldorado, Central und Plaza nacheinander zu. Schon vor Jahrzehnten abgerissen wurden das Palermo gegenüber dem Stadttheater und das Alhambra an der Falknerstrasse. Nichts mehr erinnert mehr an diese Traumpaläste mit ihren Art-déco-Foyers, vergoldeten Logen und vielen Hundert Plätzen. Die Häuser gingen über an Immobilienentwickler. Es entstanden Renditeobjekte, die mitunter auch mal jahrelang leer stehen.
Von der Kinostadt Basel übrig bleibt nur das Multiplex der Arena Cinemas im Stücki-Shoppingcenter am nördlichen Stadtrand, immerhin eines der modernsten Multiplexkinos der Schweiz. Ausserdem bietet das Kult-Kino an zwei Standorten mit insgesamt sieben Kinosälen weiterhin vielseitige und anspruchsvolle Filmkunst in Originalfassung. Jährlich frequentieren rund 200’000 Besucher die Standorte beim Claraplatz und in der Theaterpassage. Dort wird derzeit das Foyer vergrössert und ausgebaut. Pläne für ein Multiplex der Firma Cinetrade als Teil der Muttenzer Grossüberbauung Hagnau-Schänzli haben sich zerschlagen.
Nur noch 13 Kinosäle
Basel wird also künftig noch 13 Kinosäle haben. Laut der Kino-App Cineman hat allein die Stadt Zürich trotz der Schwierigkeiten der durch Streamingdienste konkurrenzierten Branche noch 42 Kinosäle, Genf hat 33 und Bern 29. Von den Schweizer Städten haben nur Solothurn, Luzern und Locarno weniger Kinos. Was das Kino angeht, ist Basel also endgültig dort angekommen, wo es nie sein will: in der Provinz.
Was passierte in der Vergangenheit mit den frei gewordenen grossflächigen Kinoimmobilien in der Innenstadt? Im Vordergrund steht eine Umnutzung, denn abgebrochen werden alte Basler Kinos in den letzten Jahren eher selten. So zog in das Plaza die Restaurantkette Osteria ein und in das Eldorado der Fitnessanbieter Kieser. Allerdings scheinen sowohl der riesige Kubus des Rex an der Steinenvorstadt 27 und 29 als auch die unterirdischen Säle des Capitol an der Steinenvorstadt 36 mit der ehemals grössten Kinoleinwand Basels verwaist. Die Umnutzung ist offenbar schwierig.
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