Mit dem Rolls-Royce unter den E-Bikes auf Spritztour
Das Elektrovelo-Sharing von BLT, BKB und EBM entwickelt sich wunschgemäss. Eine Ergänzung durch E-Scooter steht kurz bevor.

Das Teil geht ab. Aus dem Stand auf 35 Stundenkilometer in null Komma nichts. Man braucht bloss daran zu denken, in die Pedale zu treten, und das Zweirad flitzt lautlos durch den Stadtverkehr. Eine Spritztour mit einem E-Bike Stromer ST2, dem Rolls-Royce unter den E-Bikes, ist das reinste Vergnügen.
Perfekt ist die Fahrt durch Basels Strassen, weil man das Edel-Elektrovelo hier auch geniessen kann, ohne mehr als 6000 Franken dafür hingeblättert zu haben. Mit Pick-e-Bike kostet der Fahrspass lediglich 25 Rappen pro Minute. Das Elektrovelo ist ausgeliehen; Pick-e-Bike ist der Basler Veloverleih ohne fixe Standplätze.
Was es braucht, um den City-Flitzer zu fahren, ist ein Fahrausweis, ein Handy, eine Kreditkarte und eine knappe halbe Stunde für die Anmeldung. Die Pick-e-Bike-App fürs Smartphone zeigt auf einer Karte mit roten Punkten die Standorte der 250 in der Stadt und Agglomeration willkürlich verteilten Mietvelos. Alles andere ist selbsterklärend, vom Reservieren bis zum Auffinden des Velos bis zum Auslösen der effektiven Miete – auch das mit einer Berührung des Handy-Displays.
Am 17. Mai gingen die Baselland Transport AG (BLT), die Basler Kantonalbank (BKB) und die Elektra Birseck Münchenstein (EBM) mit dem Pick-e-Bike an den Start. Das Angebot habe erwartungsgemäss eingeschlagen, sagt EBM-Geschäftsleitungsmitglied Thomas Eglin. Die Werte des Businessplans hätten bisher erreicht werden können. Bereits 5000 Personen seien auf der Plattform registriert, täglich würden rund 500 Velos ausgeliehen. Die Rückmeldungen der Kunden auf den Social-Media-Plattformen seien gut.
Von Catch-a-Car gelernt
Tatsächlich geben Kunden dem Service auf Facebook häufig vier oder fünf von fünf Sternen. Kritik gibt es vereinzelt wegen technischer Probleme mit den E-Bikes und öfter wegen der Kosten: Nutzt man den Dienst regelmässig, gehts bei Mietkosten von 15 Franken pro Stunde auf Dauer ganz schön ins Geld. Einzelne Stimmen wünschen sich deswegen für Vielfahrer Freiminuten.
Dass die Miete nicht ganz billig ist, liegt auch am Unterhalt: Sobald die Akkus einen Ladestand von unter 25 Prozent an die Zentrale funken, rücken Service-Leute mit aufgeladenen Batterien aus. Sie sorgen auch dafür, dass die Stromer jederzeit verkehrstüchtig sind. Nicht zu vergessen die Anschaffungskosten: Das Stromer ST2 ist ein in der Schweiz entwickeltes Premium-Produkt mit allem Drum und Dran. Der Elektromotor mit 800 Watt Leistung, und einem Drehmoment von 40 Newtonmetern ist auf 45 km/h ausgelegt, aber auf 35 gedrosselt – um das Unfallrisiko ungeübter Velofahrer zu senken, erklärt Thomas Eglin. Die Ausstattung umfasst LED-Licht, Schutzbleche, breite Reifen gegen Tramschienen-Einfädler und im Körbchen auf dem Gepäckträger den für Velos dieser Kategorie obligatorischen Helm. Via Velocomputer kann das Stromer digital vernetzt werden – die Basis für das Free-Floating-System ohne fixe Standorte.
Vieles haben die Macher von Pick-e-Bike bei Catch-a-Car abgeschaut, einer Tochter-Unternehmung des Auto-Teilet-Pioniers Mobility, die vor vier Jahren in Basel startete. Suchen, finden und mieten erfolgt über die App auf dem Handy, abgerechnet wird nach Zeit und über Kreditkarte. Die Autos können beliebig in der blauen Zone oder auf wenigen reservierten Parkplätzen abgestellt werden. Einziger Unterschied: um Zugang zum Auto zu erhalten, benötigt man eine «Member Card» – gegen eine im Voraus zu entrichtende Gebühr von 25 Franken – oder den «Swiss Pass» der SBB. Und mit 38 Rappen pro Minute ist der Kleinwagen teurer als das Velo.
Doch zurück auf zwei Räder: Die Pick-e-Bike-App ist selbsterklärend. Wer es schafft, mit einem Smartphone einen Anruf zu tätigen, kann auch ein Stromer ausleihen. Die einzige Schwäche des Systems ist der Faktor Mensch: Es funktioniert nur, wenn sich die Benützer an die Regeln halten. Heisst: nicht mit einem eigenen Schloss abschliessen und nicht hinter verschlossenen Türen parkieren. Hat sich der Vormieter nicht an die Regeln gehalten, hat man keine andere Wahl, als das nächstgelegene Pick-e-Bike anzusteuern.
Pokern beim Zwischenstopp
Der One-Size-Helm aus dem Körbchen sitzt, «Miete starten» auf dem Handy ist gedrückt, los gehts. Den Aeschengraben hinunter rollt jedes Velo mühelos, das heisst noch nichts. Aber die St.-Jakobs-Strasse entlang in Richtung Joggeli, jetzt auf Stufe drei der Motorunterstützung, startet das Bike durch, man schwimmt im Autoverkehr locker mit. Das wuchtige Drehmoment hilft, das schwere Velo auch auf ansteigenden Strassenabschnitten rasch in Fahrt zu bringen. Es ist ein Fest! Lästig sind eigentlich nur die Velofahrer ohne Motor auf dem Radstreifen. Dieses Problem muss diese Stadt noch lösen.
Pick-e-biken ist nicht nur Spass, sondern kann auch Nervenkitzel sein, pokern: Bei einem Zwischenstopp, zum Beispiel, um kurz was einkaufen zu gehen, hat man die Wahl, die Miete zu beenden oder sie weiterlaufen zu lassen und das Velo so für andere Nutzer zu blockieren. Bei 25 Rappen pro Minute ohne Fahrspass ist die Entscheidung leicht: pokern. Verliert man, geht man eben zu Fuss bis zum nächsten freien Velo. Sehr weit ist es selten.
Die 250 Stromer, die ab 14 Jahren mit einem Mofa-Fahrausweis benützt werden dürfen, werden demnächst ergänzt mit 60 Elektro-Scootern. Die Zweisitzer sind bis zu 45 Stundenkilometer schnell und haben eine Reichweite von 180 Kilometern. Die Miete beträgt 35 Rappen pro Stunde. Ebenfalls geplant ist eine Ausdehnung des Pick-e-Bike-Bereichs auf Riehen und diverse Verschiebungen des Perimeters, aufgrund der bisherigen Nutzung und Nutzer-Wünschen. Wird der Bereich grösser, braucht es auch mehr Velos.
Eine unfreiwillige «Anpassung» des Fahrzeugparks hat bereits stattgefunden. Am 29. Juni postete Pick-e-Bike auf Facebook: «Bad! Irgendein Vollpfosten hat eines unserer Velos am Birsköpfli in den Rhein geworfen – Totalschaden – ganz übel.» Das Trostpflaster für die Pick-e-Bike-Promotoren dabei: Der Vandalismus sei das bisher einzige Problem. Unfälle seien in den ersten zwei Monaten keine zu verzeichnen gewesen, sagt Thomas Eglin. Und dank einer aktiven Community auf den sozialen Medien und Mund-zu-Mund-Propaganda werde Pick-e-Bike immer bekannter. «Basel hat auf so ein System gewartet.»
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