Misstöne um den Spengler-Cup
Die Nationalmannschaft startet erfolgreich ins Showturnier. Ihre Teilnahme könnte fast allen nützen, dürfte aber dennoch einmalig bleiben. Die Gründe.
Als Marc Gianola um 15 Uhr den 91. Spengler-Cup für eröffnet erklärte, durfte der OK-Präsident bereits an seinem zweiten Turnier Historisches für den Anlass hautnah miterleben. Die Nationalmannschaft am Davoser Turnier, das gab es zuletzt 1979. Es sind Erinnerungen an eine andere Zeit.
Das Nationalteam, damals ein zweitklassiger Aussenseiter, wurde Letzter. Diesmal ist alles anders. Eine Besonderheit ist die Teilnahme für beide Seiten. Für die Schweiz, weil sie Ambitionen hegt, als Favorit gilt und das Turnier als letzten grossen Test vor Pyeongchang 2018 nutzt.
«An den Turnieren während den Nationalmannschaftspausen mussten wir beim Aufgebot Rücksicht auf die in der Champions League involvierten Clubs nehmen. Am Spengler-Cup können die Coaches unter optimalen Bedingungen mit dem Kader arbeiten.» Das sagt Raeto Raffainer, Direktor des Nationalteams. Speziell ist die Konstellation auch für Gianola: «Als Clubturnier haben wir einen Stilbruch gemacht. Wir taten dies aber gerne, um der Nationalmannschaft vor Olympia zu helfen.»
Viele Kompromisse
Das tönt alles nach einem Treffen unter Freunden im Geiste nachweihnachtlicher Tage. Doch es bedurfte des Verzichts und der Kompromisse. Insbesondere von Seiten des Verbandes erfolgten diverse Zugeständnisse. Von seinem Sponsoringkonzept wollten und konnten die Macher des Spengler-Cups nicht abweichen, was kleinere und grössere Probleme generierte.
Die Highlights der Partie. Video: SRF/Tamedia
Beide Seiten haben Partner aus gleichen oder ähnlichen Branchen, wie Helvetic beim Spengler-Cup und Swiss bei Swiss Ice Hockey. Der problematischste Bereich betrifft Hauptsponsoren: Während dies beim Verband Postfinance ist und die Zurich Insurance Group wichtigster Partner der Nationalmannschaft ist, amtiert UBS als «Presenting Partner» beim Spengler-Cup und hat zum Beispiel Erstwahlrecht bei den Reklamen der sechs Turnierteam-Jerseys.
Hätte die Schweizer Grossbank auf den Dresses der Nationalmannschaft präsent sein wollen, wäre die Teilnahme des Schweizer Teams unmöglich geworden. Die UBS ist beim Turnier seit Jahren auf den Leibchen des HC Davos präsent, diese Tradition wollte sie nicht brechen. Gleiches gilt für Würth und das Team Canada. Somit kam der Rolladenhersteller Schenker Storen, im Wahlprozedere Dritte, zum Handkuss und ist am Turnier auf dem Dress der Nationalmannschaft präsent.
Allerdings wirbt die Nationalmannschaft wie alle Teams auf den Spielerhelmen und den Goalie-Stockhandschuhen für UBS – da wichen die Verantwortlichen des Spengler-Cups nicht von ihrem festgeschriebenen Konzept ab.
«Jugend trainiert» ohne die Nationalmannschaft
Was einen schalen Nachgeschmack hinterlässt: Als einziges Team wird am Donnerstag die Schweizer Nationalmannschaft «Jugend trainiert» fernbleiben. Das öffentliche Training von Kindern mit den Spengler-Cup-Stars wird von UBS präsentiert, im Konflikt zwischen Zurich, Postfinance und UBS sowie dem Verband und Spengler-Cup wurde kein Konsens gefunden. Dazu sagt Spengler-Cup-Boss Gianola bloss: «Das ist für unser Turnier schade.»
Ausgerechnet an jenen Heimspielen der Nationalmannschaft mit dem grössten Schaufenster in diesem Jahr dürfen die Verbands-Sponsoren nicht präsent sein. All diese vom Spengler-Cup gestellten Rahmenbedingungen für die Turnierteilnahme alleine waren deshalb nicht genug. Wie die NZZ kürzlich schrieb, flossen Entschädigungen von Swiss Ice Hockey an verärgerte Partner. Dies erfolgte in finanzieller Form als auch in jener von Dienstleistungen.
Es ist so gut wie sicher, dass all diese Zugeständnisse und Gegenleistungen nicht zu einer jährlichen Praxis werden, die Teilnahme der Schweizer Auswahl am Spengler-Cup also einmalig bleibt. Während man auf Seiten des Verbands in diese Richtung argumentiert, will das Spengler-Cup-OK das aktuelle Turnier noch abwarten: «Aus unserer Sicht haben wir im Moment null Tendenzen, weder dafür noch dagegen», sagt Gianola.
Es gäbe viele Vorteile
Eigentlich ist das schade. Denn die Teilnahme des Nationalteams am Spengler-Cup bringt viele Vorteile. Für die Nationalmannschaft, die ansonsten den traditionellen Termin Mitte Dezember auch diesmal für weitere Vergleiche mit B-Auswahlen Deutschlands, Weissrusslands oder der Slowakei genutzt hätte. Die mediale Präsenz ist dort stets bescheiden. Als Vorbereitung auf grössere Turniere könnte der Spengler-Cup zudem auch in einer Saison ohne Olympia Sinn machen. «Zum Beispiel vor der Heim-WM 2020», wie auch Raffainer einwirft.
Auch der HC Davos profitiert. Für den Schweizer Rekordmeister ist sein Turnier die finanzielle Lebensversicherung. Solange die Nationalmannschaft teilnimmt, besteht keine Gefahr, dass der Termin zwischen Weihnachten und Neujahr nicht mehr geschützt wird und Meisterschaftsrunden ausgetragen werden.
Seit fünf Jahren und bis 2022 ist der Termin vertraglich gesichert, weil der HC Davos den nicht am Turnier teilnehmenden NL-Teams jährlich insgesamt rund 800 000 Franken zahlt. Darin enthalten sind pro NL-Team 50 000 Franken Basissumme als Entschädigung für ein verpasstes Heimspiel in der Altjahreswoche plus 10 000 Franken pro Spieler, der entweder Davos oder das Team Canada verstärkt.
Dazu kommen rund 2500 Franken pro Spiel, das einer dieser Spieler in der Meisterschaft verpassen sollte wegen einer Verletzung, die er sich am Spengler-Cup zugezogen hat.
Einerseits hat der HC Davos die anderen Clubs mit diesen Massnahmen besänftigen können, die kritischen Stimmen gegen das Turnier insbesondere aus Zürich und Bern sind praktisch verstummt.
Die Probleme bei der Rekrutierung
Aus Kreisen des HCD hört man bloss, dass es immer schwieriger werde, Verstärkungsspieler zu generieren. Am Willen der Spieler mangle es nicht, allerdings legten ihre Clubs immer häufiger Vetos ein. Doch dafür müssen die Bündner Verständnis zeigen. Dahinter, ob sie ihrerseits Stammspieler an andere Schweizer Teams für eine Turnierteilnahme zur Verfügung stellen würden, darf ein Fragezeichen gestellt werden.
Zu guter Letzt könnten aber auch alle elf anderen NL-Clubs von der Teilnahme der Schweizer Auswahl am Spengler-Cup profitieren. Dies, weil zusätzlich zu den jährlich rund 80 000 Franken Entschädigungssumme aus Davos ein weiterer kleiner Gewinn generiert werden kann: Die Nationalmannschaftspause Mitte Dezember fällt bei einer Spengler-Cup-Teilnahme weg, stattdessen darf jedes Team an jenem Wochenende ein zusätzliches Heimspiel austragen, das ansonsten an irgendeinem Dienstag stattfände.
Es braucht das «echte Nationalteam»
Es würde also vieles so schön passen mit der Schweiz und dem Spengler-Cup. Doch mittlerweile hört man auch von Irritation seitens diverser NL-Clubs. Darüber, dass Nationaltrainer Patrick Fischer das aus seiner Sicht bestmögliche Aufgebot laufen lässt. Lieber hätten die Vereine wohl gesehen, wenn nicht alle Stars in Davos am Start sind.
Allerdings war es von Anfang an klar, dass der Spengler-Cup die Hauptprobe für Olympia sein wird. Zudem ist es eine Bedingung seitens des Spengler-Cups, dass die «echte Nationalmannschaft» und nicht irgendeine U25-Auswahl antritt.
Wie man es auch dreht und wendet: Ein weiteres Zusammenspiel zwischen Spengler-Cup und Nationalmannschaft dürfte sich äusserst schwierig gestalten.
----------
Gänsehaut mit Federer, leiden mit Seferovic
----------
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch