Militärputsch auf Madagaskar
Die Streitkräfte haben nach eigener Aussage in dem Inselstaat die Macht übernommen. Am Abend kam es in der Nähe des Präsidentenpalastes zu einem Schusswechsel.

Am Tag der Volksabstimmung über eine neue Verfassung in Madagaskar hat sich eine Gruppe hoher Offiziere gegen die Regierung erhoben. In einer am Flughafen der Hauptstadt Antananarivo gelegenen Kaserne erklärten die Putschisten am Mittwoch das Parlament für aufgelöst.
Begleitet von Mitgliedern der Militärführung erklärte Oberst Charles Andrianasoavina die Regierung am Mittwoch für abgesetzt. Die Staatsführung werde nun von einem Nationalkomitee der Streitkräfte übernommen. Alle politischen Gefangenen würden freigelassen. Oberst Andrianasoavina rief ausdrücklich alle ins Exil gegangene Bürger am Mittwoch zur Rückkehr nach Madagaskar und zur Zusammenarbeit auf, «um das Vaterland zu retten».
Strassensperren und brennende Autoreifen
Einer der Anführer der Putschisten hatte zuvor am französischen Fernsehsender «France 24» gesagt, die Regierung sei zwar noch nicht abgesetzt, doch die Besetzung des Präsidentenpalastes und diejenige von Ministerien sei geplant. Abhängig von der Lage werde der internationale Flughafen am Donnerstag unter Kontrolle gebracht.
Präsident Andry Rajoelina erklärte hingegen den Putschversuch für gescheitert. Er betonte, er werde nicht zurücktreten. «Ich habe keine Angst», sagte er im Fernsehen des ostafrikanischen Inselstaats. Auch Premierminister Camille Vital sprach von einer «kleinen Minderheit in der Armee» und kündigte scharfe Massnahmen gegen alle an, die gegen Gesetze verstossen würden. Die Streitkräfte waren zuletzt jedoch auf Distanz zum international isolierten Rajoelina gegangen.
Der Putschversuch beeinträchtigte das öffentliche Leben zunächst offenbar nicht. Vor dem Amtssitz des Präsidenten in der Stadtmitte herrschte Ruhe. Augenzeugen zufolge errichteten jedoch etwa tausend Menschen in der Nähe der Putschisten-Kaserne eine Strassensperre und steckten Autoreifen in Brand. Die Sicherheitskräfte gingen mit Tränengas gegen die Demonstranten vor und trieben sie auseinander.
Weitgehend friedlicher Wahltag
Schulen, Behörden und Geschäfte blieben am Wahltag geschlossen. Die französische Botschaft hatte Ausländer aufgefordert, am Mittwoch ihr Haus nicht zu verlassen. Bereits seit Dienstag waren schwer bewaffnete Polizei- und Militärkräfte an zentralen Plätzen der Städte und vor den Wahllokalen im Land postiert.
Der Wahltag selbst verlief nach Angaben von europäischen Diplomaten zumindest in der Hauptstadt friedlich. In den Wahllokalen kam es hingegen zu Auseinandersetzungen, da zahlreiche Wähler zurück gewiesen worden seien, wie Augenzeugen berichteten. Internationale Wahlbeobachter waren bei dem Referendum nicht zugelassen. Sieben Millionen Menschen waren aufgerufen, über eine neue Verfassung abzustimmen. Wichtigste Verfassungsänderung ist die Herabsetzung des Mindestalters der Präsidentschaftskandidaten von 40 auf 35 Jahre.
Stillstand seit dem Putsch im März 2009
Die Opposition glaubt, dass sich damit der 36-jährige Präsident Rajoelina die Führung des Landes sichern will. Er war im März 2009 nach einem Putsch an die Macht gekommen. Rajoelina bestritt bisher, bei Präsidentschaftswahlen antreten zu wollen. Die Machtübernahme Rajoelinas war damals von den Streitkräften unterstützt worden. Seitdem herrschte auf Madagaskar aber politischer Stillstand.
Die USA und die Europäische Union froren nach der Machtübernahme Millionen an Hilfsgeldern ein, da sie das Vorgehen Rajoelinas als Angriff auf die Demokratie werteten. Seitdem unterstützt die EU den Inselstaat im Indischen Ozean nur noch mit Not- und Humanitärer Hilfe.
dapd/oku
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch