Messerstecherei nach Silvesterparty
Ein 20-Jähriger sticht nach einem Streit in Dietlikon einen Kontrahenten nieder und verletzt ihn lebens-gefährlich. Er will einen Freispruch wegen Notwehr.
Von Thomas Hasler Bülach/Dietlikon – Ein Fall, wie ihn das Bezirksgericht Bülach am Mittwoch verhandeln musste, gehört im Kanton Zürich mittlerweile fast regelmässig zum Wochenendgeschehen. Die Zutaten gleichen sich: Party, junge Leute, Streit aus nichtigem Anlass, Einsatz eines Messers, Berufung auf Notwehr. Der aktuelle Fall ereignete sich in der Silvesternacht 2009/2010. Durch Blicke provoziert gefühlt In der Diskothek «Glamers» in Dietlikon war es damals zwischen zwei Personen, ohne Beteiligung des Beschuldigten, aus laut Anklageschrift «nicht mehr nachvollziehbaren Gründen» zu einem Streit gekommen. Gemäss dem Verteidiger hatten sich die beiden einfach durch gegenseitige Blicke provoziert gefühlt. Die Sicherheitsabteilung der Disco setzte die beiden Streithähne sofort vor die Tür. Doch die Nacht kühlte die Gemüter nicht, im Gegenteil: Der Streit eskalierte. Plötzlich standen sich zwei Gruppen gegenüber und prügelten aufeinander ein. Bis heute ist nicht klar, wie viele Personen sich an der Auseinandersetzung beteiligten. Gegen fast ein Dutzend wird wegen Raufhandels ermittelt. Trotz oder gerade wegen der vielen Zeugen ist strittig, was sich genau abspielte. Feststeht, dass der 20-jährige eingebürgerte Schweizer, der zu einer der Gruppen gehörte, das einseitig geschliffene Klappmesser zückte und zweimal auf einen damals 20-jährigen Mazedonier einstach. Dieser erlitt Verletzungen an Leber, Milz und Zwerchfell mit Blutungen in die Bauchhöhle. Eine Notoperation rettete sein Leben. Laut den Ärzten wäre er verblutet, hätte man ihn erst zehn Minuten später ins Spital gebracht. Auch ein 19-jähriger Schüler erlitt Stich- und Schnittverletzungen im Bereich des Ellbogens. Er soll sich die Verletzung zugezogen haben, als er einen Messerstich gegen seinen Oberkörper oder Kopf abwehrte. Notwehr ja, aber . . . Staatsanwältin Françoise Stadelmann forderte wegen schwerer und versuchter schwerer Körperverletzung eine Freiheitsstrafe von viereinhalb Jahren. Sie ging zugunsten des Beschuldigten davon aus, dass er vor den Messerstichen angegriffen worden war und deshalb in Notwehr handelte. Dabei habe er aber die Grenzen der erlaubten Notwehr «in krasser Weise überschritten». Auch für Verteidiger Patrick Bühlmann war es eine klare Notwehrsituation. Der Beschuldigte sei kräftemässig unterlegen gewesen, habe gesehen, wie seine Kollegen am Boden liegend weiter traktiert wurden und habe selber mit schweren oder sogar lebensgefährlichen Verletzungen rechnen müssen. Der Messereinsatz sei gerechtfertigt gewesen. Falls er dabei die Notwehrgrenzen überschritten habe, dann nur in entschuldbarer Aufregung oder Bestürzung über den Angriff. Deshalb müsse er freigesprochen werden. Das Urteil wird am 9. März verkündet. Dabei geht es nicht nur um Strafe oder Freispruch. Der Schwerverletzte fordert 150 000 Franken Genugtuung. Der Beschuldigte will im Falle eines Freispruchs wegen der 13-monatigen Haft 55 000 Franken Genugtuung.
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch