Messerstecher und Zeugen mit Erinnerungslücken
Ein 35-Jähriger hat in Wädenswil einen Mann mit einem Messer schwer verletzt. Wie die Tat passierte, konnten weder er noch Zeugen beschreiben.
Von Daniela Haag Wädenswil/Horgen – Der schweizerisch-türkische Doppelbürger muss sich wegen versuchter schwerer Körperverletzung verantworten. Er soll vor einem Jahr um Mitternacht einen 42-jährigen Mann im Lokal des Türkischen Vereins Wädenswil mit einem Messer verletzt haben. Das Opfer erlitt eine 19 Zentimeter lange und 7 Zentimeter tiefe Schnittverletzung quer durch den Oberbauch. Die Verletzung war nicht lebensgefährlich. Die gestrige Verhandlung war ein Novum am Bezirksgericht Horgen. Es verhandelte das erste Gewaltdelikt nach der neuen Strafprozessordnung. Bis anhin gingen solche Fälle an das Ober- oder das Geschworenengericht.Am ersten Prozesstag wurden der Beschuldigte, der Geschädigte sowie drei Zeugen befragt. Viele Fragen konnten sie nicht beantworten. Über den Ablauf des Streits waren sie sich aber mehr oder weniger einig. Demnach erschien der Beschuldigte mit einem Freund beim Lokal und wurde eingelassen, obwohl es schon geschlossen war. Der Mann war alkoholisiert. Er hatte bereits zwölf Flaschen Bier getrunken.Die zwei Neuankömmlinge trafen auf eine Pokerrunde. Der Beschuldigte wollte mitspielen, es wurde ihm aber beschieden, das Spiel sei sogleich zu Ende. Der 35-jährige Mann insistierte aber, und es fielen auf beiden Seiten Schimpfwörter. Das spätere Opfer bugsierte den Störenfried Richtung Ausgangstür. Dieser fiel hin und zog beim Aufstehen ein Messer aus der Hosentasche. Der 42-Jährige wich zurück. Der Beschuldigte folgte ihm durch das Lokal und verletzte ihn. Das Opfer hielt den Angreifer von hinten fest. Mit vereinten Kräften gelang es mehreren Anwesenden, diesem das Messer aus der Hand zu nehmen.Der Beschuldigte sagte gestern, er habe das Messer gezückt, weil er grosse Angst gehabt habe. Er habe verhindern wollen, dass der 42-Jährige ihn erneut schlage. Wie er dem Opfer die Verletzung zufügte, konnte er aber nicht beschreiben. Überhaupt hatte er grosse Erinnerungslücken. «Ich kann mich nicht erinnern», antwortete er oft auf die Fragen des Gerichts. Doch auch die drei Zeugen hatten vieles vergessen. Es sei alles so schnell passiert, und der Vorfall liege bereits ein Jahr zurück, sagten sie. Insbesondere will niemand gesehen haben, wie der Beschuldigte zugestochen hatte. Das Opfer sagte, der Beschuldigte sei hinter ihm hergerannt. Es habe sich gefürchtet, er steche ihm in den Rücken, deshalb habe es sich umgedreht und in diesem Moment einen Schmerz verspürt. Der Beschuldigte habe mit einem Rundschlag zugestochen. Strafmass noch nicht bekannt Der Beschuldigte sitzt seit der Tat in Untersuchungshaft. Sein Verteidiger beantragte gestern Haftentlassung. Nach der Befragung der Zeugen vor Gericht bestehe keine Gefahr mehr, dass er Absprachen mit diesen treffe. Die Staatsanwältin hielt entgegen, es bestehe Fluchtgefahr. Das Gericht lehnte den Haftentlassungsantrag ab. Nächsten Montag halten die Anklage und die Verteidigung ihre Plädoyers. Die Staatsanwältin gibt auch das beantragte Strafmass bekannt.
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