Situation an weissrussischer GrenzeMerkel telefoniert erneut mit Lukaschenko – Polen verstimmt
In der Krise um die Migranten an der Grenze ist die deutsche Kanzlerin wegen des Telefonats mit Machthaber Lukaschenko in die Kritik geraten.

Polens Regierungssprecher sagte, das Telefonat zwischen Angela Merkel und Alexander Lukaschenko angesichts der angespannten Lage an der EU-Aussengrenze sei «kein guter Schritt» gewesen. Polens Präsident Andrzej Duda unterstrich, sein Land werde keine Vereinbarungen akzeptieren, die ohne seine Beteiligung getroffen würden.
Unterdessen scheint sich die Lage an der Grenze etwas zu entspannen. Nach polnischen und belarussischen Angaben haben die Behörden in Weissrussland damit begonnen, einen Teil der Migranten von der Grenze an einen anderen Ort zu bringen.
An der weissrussisch-polnischen Grenze sind seit Tagen Tausende Migranten gestrandet. Die EU beschuldigt Lukaschenko, in organisierter Form Flüchtlinge aus Krisenregionen an die EU-Aussengrenze zu bringen, um Druck zu machen.
«Sie hat dieses Telefonat eng abgestimmt mit der Europäischen Kommission geführt und nach vorheriger Information wichtiger Partner gerade auch in der Region», sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Die Lage der Migraten an der Grenze sei dramatisch.
«Um diese besorgniserregende humanitäre Lage für Tausende von Menschen zu verbessern, hat es Sinn, auch mit denen zu sprechen, die in Minsk die Möglichkeiten haben, diese Situation zu verändern – auch wenn es um einen Machthaber geht, dessen Legitimität Deutschland wie alle anderen europäischen Mitgliedsstaaten nicht anerkennt.» Die Kanzlerin habe in dem Gespräch bekannte europäische Positionen vertreten.
Zeltlager leert sich
Unterdessen begannen die Behörden in Belarus damit, einen Teil der am geschlossenen Grenzübergang Kuznica-Brusgi kampierenden Migranten mit Bussen an einen anderen Ort zu bringen. «Ich habe die Information bekommen, dass Lukaschenko erste Busse bereitgestellt hat, in die die Migranten einsteigen und wegfahren.
Das Zeltlager bei Kuznica leert sich», sagte Polens Vize-Innenminister Maciej Wasik am Dienstag dem Sender TV Republika. Am Dienstag war es bei Kuznica zu Auseinandersetzungen zwischen Migranten und polnischen Sicherheitskräften gekommen.
Dmitri Schewzow, Generalsekretär des weissrussischen Roten Kreuzes, sagte der Deutschen Presse-Agentur am Grenzpunkt, dass mehrere Busse gekommen seien, um Migranten wegzubringen. Sie seien in einem Kinderferienlager in der Nähe untergebracht worden.
Der Grossteil der Menschen befinde sich aber weiter in dem Zeltlager und in einer zum Nachtlager umfunktionierten Lagerhalle in Grenznähe. Angaben des Grenzschutzes zufolge sollten auch Busse nach Minsk organisiert werden für Menschen, die von dort in den Irak zurückfliegen wollten. Unklar war aber zunächst, wann solche Busse fahren werden.
Polens Parlament stimmt Gesetzentwurf zum Schutz der Grenze zu
Die EU stellte derweil 700’000 Euro für die humanitäre Hilfe der Menschen in der Grenzregion zur Verfügung. 200’000 Euro gingen an das Internationale Rote Kreuz und solle etwa für Lebensmittel, Decken und Hygiene-Kits investiert werden, teilte die EU-Kommission mit. Wegen der Verwendung der weiteren 500’000 Euro sei man in Kontakt mit humanitären Partnerorganisationen.
Polens Parlament stimmte am Mittwochabend einem Gesetz zu, das eine zeitweise Einschränkung der Bewegungs- und Pressefreiheit in der Grenzregion möglich machen soll. Derzeit gilt der Ausnahmzustand für einen Streifen von drei Kilometern entlang der Grenze, Journalisten und Helfer dürfen dort nicht hin. Dieser Ausnahmezustand läuft am 2. Dezember aus und kann nicht verlängert werden. Nach dem neuen Gesetz kann künftig der Innenminister bei einer Gefahrenlage allen Ortsfremden den Zugang zu einem von ihm definierten Grenzgebiet verbieten. Über Ausnahmen – besonders für Journalisten – soll der örtliche Kommandeur des Grenzschutzes entscheiden. Nach der Abstimmung in der ersten Kammer des Parlaments ist nun der Senat an der Reihe. Dieser kann Änderungsvorschläge machen.
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