Leserschaft zur Credit Suisse«Meiner Meinung nach gibt es nur eines: CS fallen lassen»
Wir haben gefragt, was die Krise bei der Credit Suisse bei unseren Leserinnen und Lesern auslöst. Sie antworteten mal mit Fundamentalkritik, mal mit Sorglosigkeit: eine Sammlung in vier Punkten.

In den USA taumeln mehrere Regionalbanken, und hierzulande ist die systemrelevante Credit Suisse in der Krise. Im Moment ist es unübersichtlich, was weiter geschieht. Darum haben wir Sie gefragt: Haben Sie Angst um Ihr Geld? Glauben Sie daran, dass das System funktioniert? Und Sie, liebe Leserinnen und Leser, schrieben uns nicht nur E-Mails, sondern es hagelte auch Kommentare. Verunsicherte, gelassene, aufgeregte.
In der Kommentarspalte klang das manchmal triumphierend: «Wer nach dem Lehman-Brothers-Zusammenbruch und dem äusserst schäbigen Verhalten der CS noch ein Konto bei dieser Bank führt, ist selbst schuld.» Seit Jahren habe man beobachten können, wie die CS-Teppichetage sich auf Kosten ihrer Kunden und ihrer Kleinaktionäre bereichert habe. Man müsse schon blind sein, um einer solchen Bank zu vertrauen.
Beruhigend sagten andere: «Wer nicht mehr als 100’000 Franken auf dem Konto hat, muss sich weder bei der CS noch bei anderen Schweizer Banken Sorgen machen. Die CS kann Konkurs anmelden, das Schweizer Geschäft wird trotzdem überleben.» Oder, erleichtert: «Schon vor 30 Jahren schloss ich die Konten bei der CS und der UBS, da ich nicht bereit war, Banken, die schmutzige Geschäfte machen, zu unterstützen.»
Dritte wiederum führten die Probleme der Bank auf Panikmache in den Medien zurück oder auf linke Agitation. Anbei veröffentlichen wir Passagen aus Ihren ausführlichen E-Mails, sortiert nach vier Stossrichtungen.
Lasst die Grossbanken fallen!
Peter A., 60, Informatiker
«Geld bei der CS habe ich schon länger nicht mehr. Auch nicht bei der anderen ‹schweizerischen› Grossbank. Diese Gebilde, getrieben von Gier nach Macht und persönlichem Super-Reichtum, haben nichts mehr gemein mit einer Bank im eigentlichen Sinn. Das sogenannte Retail-Banking, das wir alle fast täglich brauchen, ist nur noch ein Anhängsel oder Feigenblatt für eine Algorithmen-gesteuerte Geldmaschine.
Angst? Nein, nicht um meinen Sparbatzen. Aber Angst um unsere Volkswirtschaft, die in Geiselhaft genommen wird. Es ist absurd, dass der Schweizer Steuerzahler für die astronomischen Vermögen nah- und fernöstlicher Potentaten garantieren muss. Meiner Meinung nach gibt es nur eines: Fallenlassen. Ohne Wenn und Aber. Das kleine Schweizer Retailbänklein kann und soll überleben. Aber der Rest? Nein danke. Sonst kommt es immer wieder zu einer ‹Rettung› von anderer Leute Schatzkammern.»
Caroline M.*, 40, schulische Heilpädagogin
«Ich habe schon vor ein paar Jahren mein Geld (Salärkonto, Vermögen und Investments) auf Onlinebanken gewechselt (YUH Bank, VIAC, True Wealth). Die repräsentativen Eingangshallen von Banken mit diesen protzigen Marmorsäulen finde ich absolut geschmacklos, sie erinnern mich an eine frühere Ära, als Menschen sich noch an ihr monetäres Hab und Gut geklammert haben. Ich bin gegen eine Bankenrettung seitens SNB (die Bank gehört übrigens uns allen!) und nehme gerne die damit verbundenen Folgen (also massiver Wohlstandsverlust) in Kauf.
Unsere Weltwirtschaft bedarf einer Katharsis, um die Auswüchse des eigentlich positiven Kapitalismus auszumerzen. Der Kapitalismus ist sinnvoll in einer ehrlichen Leistungsgesellschaft – aber seit langem geht es nur noch darum, geerbtes Geld in weiteren Investments sich von allein vermehren zu lassen und Kredite an jene zu vergeben, die mangels Erbe oder mangels unanständig grossen Einkommens nicht von allein in der schönen neuen Welt mitprotzen können.
Ich denke, dass wir ein bedingungsloses Grundeinkommen noch erleben werden. Wenn wir Banken retten können, sollte dessen Finanzierung doch locker möglich sein, oder?»

Alles bloss ein Sturm im Wasserglas
Oliver S., Mitarbeiter im Sportausrüstungsbusiness, mittleres Alter
«Ich bin CS-Kunde und habe keine Angst oder gar Panik. Das wird sich wieder beruhigen und normalisieren. Die mediale Ausschlachtung der Situation um die CS hat einen grossen Teil zur jetzigen Situation beigetragen.»
Die CS ist das Problem
René N.*, 46, Softwareentwickler
«Ich wurde vor einigen Jahren Credit-Suisse-Kunde, als die Neue Aargauer Bank zur CS wurde. So gesehen, liegt all mein Geld seit Kindheitstagen bei der CS. Als sich Anfang 2023 die negativen Berichte über die CS zu häufen begannen, war klar, dass ich mein Geld zwecks Diversifizierung auf andere Banken verteilen muss. Die Staatsgarantie von 100’000 Franken deckt nur einen Bruchteil meiner Ersparnisse ab.
Grössere Beträge können bei der CS jedoch nur mit dreimonatiger Vorlaufzeit transferiert werden. Kurzfristige Transaktionen sind mit unverschämt hohen, prozentualen Gebühren verbunden. Zum Zeitpunkt des Kurssturzes am 15. März wartete ich also noch darauf, dass ich mein Geld transferieren kann. Ich war sehr beunruhigt, weil mir klar war, dass der Kurssturz zusammen mit der schlechten Reputation der CS zu einem Bank-Run führen kann und dies auch einer einigermassen robusten Bank das Genick brechen kann.

Für die Intervention der SNB bin ich deshalb dankbar. Aus meiner Sicht sind die Probleme der CS hausgemacht bzw. der Unternehmenskultur geschuldet. Ich hoffe, dass die Intervention mit strengen Auflagen verknüpft ist und die CS durch diesen Druck die langjährigen Missstände endlich angeht und nachhaltig beseitigt. Ich werde zwar weiterhin CS-Kunde bleiben, aber mein Vertrauen in das Unternehmen ist nur noch klein; in Zukunft verteile ich meine Ersparnisse gleichmässig auf mehrere Banken.»
Michael L.*, 59, Betriebswirt
«Die Verunsicherung ist in den letzten Monaten kontinuierlich gestiegen, darum habe ich begonnen, den Vermögensteil, der bei der CS liegt sukzessive auf unter 100’000 Franken zu reduzieren. Ich glaube aber weder kurz- noch mittelfristig an eine nachhaltige Verbesserung bei der CS, falls das jetzige Management auch das zukünftige sein wird.»
Anna M.*, 63, kaufmännische Angestellte, nicht mehr berufstätig
«Ich habe mein Konto bei der CS bereits im November 2022 saldiert, glücklicherweise. Gründe waren die Arroganz und Selbstüberschätzung der Berater. Aber: Ich halte noch einen ordentlichen Betrag in CHF Step Up Notes bis 2025 mit Credit Suisse London als Schuldner und ein strukturiertes Produkt, herausgegeben von der CS. Die letzten Monate konnte ich mich immer noch beruhigen, dass es gut kommt. Gestern allerdings habe ich meine Lektion in Bezug auf das Emittentenrisiko gelernt! Ein Risiko, auf das leider zu wenig hingewiesen wird.»
Dagmar K.*, ETH-Architektin im Rentenalter
«Gewinne einsacken und Verluste abwälzen ist ungerecht. Wenn ich als Architektin baue und mein Haus Fehler aufweist, werde ich rechtlich belangt und finanziell zur Verantwortung gezogen. Bei den Banken hingegen werden Riesenboni verteilt, selbst wenn sich die Bank schon in Schieflage befindet. Diese Boni stehen in keinem Verhältnis zu effektiven Leistungen. Das ist gesellschaftlich schwer erklärbar.
Wir haben eine Bankenaristokratie herangezogen: arrogant, überbezahlt und nie verantwortlich für Fehler. Ich habe auch schon bei der CS gearbeitet und sah dort gravierende Fehler mit grossen Konsequenzen. Ich war zum Beispiel schockiert, wie Mitarbeitergespräche durchgeführt wurden – von komplett unfähigen Personen. Die Aussage Oswald Grübels, dass die letzten 10 Jahre nur unfähige CEOs tätig waren, halte ich für glaubwürdig.»
Jürg D., Inhaber Gartengestaltungsfirma, mittleres Alter
«Meine Bank ist hauptsächlich die Alternative Bank Schweiz. Sicherheit wird dort sehr hoch bewertet. Auf Kosten der Gewinnmaximierung wirtschaftet das Geldinstitut sozialverträglich und ökologisch nachhaltig. Das widerspiegelt eine grundsätzliche und konsequente Lebenshaltung. Es hat für mich auch etwas mit Anstand und Respekt zu tun.»
Der Bitcoin ist die Rettung
Reto P.*, 43, Architekt
«Das heutige Geldsystem basiert auf Vertrauen. Ich muss darauf vertrauen, dass die Bank mein verwahrtes Geld tatsächlich hält und nicht spekulativ weiterverleiht (was beim heutigen ‹Teilreservesystem› nicht der Fall ist); dass sie die Regeln der Verwahrung nicht über Nacht ändert (dass ich auch dann Zugriff habe, wenn ich z.B. plötzlich politisch unerwünscht bin); dass sie meine Daten sicher verwahrt und niemandem rausgibt (was aufgrund zahlreicher Datenleaks und der allmächtigen regulatorischen Aufsichtsbehörden nicht gegeben ist).
Ein faires Geld ist ein Geld, welches die Regeln einmal festlegt und nie mehr ändert; das nicht aus dem Nichts erschaffen werden kann, um damit ‹systemrelevante› Freunde zu retten; das sich in der Gesellschaft fairer verteilt, weil für alle die gleichen Regeln gelten. Ein faires Geld ist seit 2008 erhältlich in Form von Bitcoin.
Ich halte nur noch das Minimum an CHF auf einer Bank (es sind sowieso alles Teilreservebanken) – den Rest halte ich auf meiner eigenen Bank, die zu Hause steht.»

Kaspar W.*, 34, Marketing Manager
«Unser Geldsystem ist seit Aufhebung des Gold-Standards defekt. Es ist durch nichts gedeckt ausser den Glauben daran. Hart arbeitende Menschen können nicht mehr sparen. Inflation und Gebühren lösen den Ertrag sofort auf. Man wird zum Spekulieren gezwungen.
2009 wurde als Antwort auf die letzte Finanzkrise ein transparentes, unabhängiges und dezentrales Geldsystem geboren. Keine Bank, kein CEO oder Autokrat kann damit betrügen. Es braucht keine Drittpartei, lediglich ein digitales Wallet. Es ist der Bitcoin. Persönlich habe ich einen Bitcoin-Sparplan als Vorsorge.»
* Name geändert.
Fehler gefunden?Jetzt melden.