Maurers heikle China-Mission
Beim Peking-Besuch des Bundespräsidenten gehts um viel: China ist der drittwichtigste Handelspartner der Schweiz – und wohl auch der umstrittenste.

Seit Ostermontag weilt Bundespräsident Ueli Maurer schon in China, im Schlepptau eine Schweizer Wirtschaftsdelegation. Es ist eine der wichtigsten Reisen seines Präsidialjahres, wie das hochkarätige Programm zeigt: Von Dienstag bis Donnerstag traf sich Maurer in Shanghai und Peking mit chinesischen Behörden- und Finanzbranchenvertretern, am Freitag und Samstag nimmt er am internationalen Seidenstrassen-Forum teil, am Sonntag und Montag ist er auf Staatsbesuch bei Präsident Xi Jinping eingeladen.
Geplant ist, dass die Schweiz und China eine Absichtserklärung über die «neue Seidenstrasse» unterzeichnen. Damit ist das Jahrhundertprojekt der chinesischen Staatsführung gemeint, mit dem neue Wirtschaftskorridore zwischen Asien und Europa entstehen sollen. Dank der gemeinsamen Erklärung würden Schweizer Unternehmen die Möglichkeit erhalten, bei Projekten in den Ländern entlang der Handelswege mitzuwirken.
Zur historischen Seidenstrasse über den Landweg kommt neu auch eine Handelsroute über die Meere hinzu. Insgesamt will China bis zu 1 Billion US-Dollar (1'000'000'000'000) für seine sogenannte Belt-and-Road-Initiative lockermachen und damit neue Strassen, Schienentrassees und Häfen bauen. Peking wirbt damit, dass durch chinesische Kredite Jobs und Wachstum angekurbelt würden.
Kritiker mahnen, dass die Projekte zu einer Schuldenfalle für beteiligte Staaten werden könnten, die so abhängiger von China würden. Viele westliche Politiker sehen in dem gigantischen Infrastrukturprojekt einen Versuch Chinas, zur führenden globalen Macht zu werden.
«China sieht die Schweiz als Einfallstor.»
Auch Maurers Reise ist umstritten. SP-Nationalrat Fabian Molina etwa findet es angesichts der Menschenrechtslage im Land falsch, dass die chinesische Expansion unterstützt wird: «China sieht die Schweiz als Einfallstor», sagte er kürzlich gegenüber der Tamedia-Redaktion. Auch andere Politiker wie die grüne Nationalrätin Sibel Arslan fürchten eine Instrumentalisierung der Schweiz. Der Bund hingegen sieht die verstärkte Zusammenarbeit als Chance, um der Wirtschaft neue Türen zu öffnen.
Schon jetzt sind die beiden Länder ökonomisch stark verbandelt. China ist hinter der EU und den USA der drittwichtigste und zugleich der am schnellsten wachsende Handelspartner der Schweiz. Allein in den letzten sieben Jahren hat sich das Exportvolumen mehr als verdreifacht. Und auch die Importe aus China nahmen in diesem Zeitraum um fast 40 Prozent zu.
2017 exportierte die Schweiz Güter im Wert von 24 Milliarden Franken ins Reich der Mitte. 2018 dürften es gemäss provisorischen Angaben des Bundes schon fast 30 Milliarden sein und damit knapp 10 Prozent der gesamten Exporte. Nur Deutschland und die USA sind noch grössere Abnehmer von hiesigen Produkten.
Besonders gefragt ist bei den Chinesen Gold, das als Inflations- und Kreditausfallschutz betrachtet wird. Das Edelmetall machte letztes Jahr mehr als die Hälfte aller Schweizer Exporte nach China aus. Wegen der Volatilität des Goldmarktes und -preises kommt es deshalb in der Exportstatistik zu grossen Schwankungen von Jahr zu Jahr.
Neben Gold exportiert die Schweizer Wirtschaft vor allem Pharmaprodukte, Maschinen und Uhren nach China. Im Gegenzug werden Mobiltelefone, Computer sowie Textilien und Bekleidung importiert. 2017 beliefen sich die Importe auf über 13 Milliarden Franken. China ist damit zu einem der wichtigsten Zulieferer aufgestiegen.
Dass die Beziehung zwischen der Schweiz und China so stark an Bedeutung gewonnen hat, ist auch dem Freihandelsabkommen zwischen den beiden Staaten geschuldet, das 2014 in Kraft trat und tiefere Hürden und Zölle für Unternehmen vorsieht. Die Schweiz ist das erste und bisher einzige Land in Kontinentaleuropa, das mit China ein solches Abkommen abgeschlossen hat.
Seither hat sich der bilaterale Handel ausserordentlich rasant und dynamisch entwickelt. Viele Unternehmen, vor allem aus der Pharma- und der Uhrenbranche, begrüssen das. «Die Schweiz profitiert bereits heute stark vom Freihandelsabkommen mit China», sagt der Wirtschaftsverband Economiesuisse. Es gibt aber auch kritische Stimmen, die sagen, dass die Schweiz gegenüber der Weltmacht am kürzeren Hebel sei und von China als Aushängeschild benutzt werde.
Ueli Maurer befindet sich also auf einem politisch heiklen Besuch. Die kommenden Tage werden zeigen, wie gut der Bundespräsident den Balanceakt zwischen konstruktiven Dialogen und der Ansprache von heiklen Themen wie Menschenrechten meistert.
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch