Frauenstreik in Basel Marsch gegen das Patriarchat – und einen Schoggi-König
Der Streik ist lautstark, deutlich und friedlich – bis man sich dazu entscheidet, den Läderach beim Claraplatz zu beschmieren.

Der Streik beginnt mit einem lautstarken Plädoyer zu «Awareness» auf dem Theaterplatz. Man wolle eine friedliche Demonstration, man wolle Rücksicht aufeinander nehmen, und dass sich an diesem Frauenstreik jede und jeder willkommen fühle. Und verglichen mit früheren feministischen Streiks konnte man dieses Vorhaben auch umsetzen.
4500 Personen wurden an diesem Dienstag von der Polizei erwartet. Man ging von einer ruhigen und gesitteten Demonstration aus, dementsprechend gelassen waren die Gesichtsausdrücke der Polizistinnen und Polizisten. Weniger gelassen waren die BVB: So ziemlich alle Linien der Verkehrsbetriebe waren am Dienstagabend von Verspätungen und Unterbrüchen betroffen.
Vom Theaterplatz aus gingen die Demonstrierenden via Bankverein, wo vorsichtshalber eine besonders hohe Polizeipräsenz angekündigt wurde, über die Wettsteinbrücke ins Kleinbasel. Zuvorderst ein Banner mit der Aufschrift «Revolutionärer Finta-Block. Antikapitalistisch, antirassistisch, antipatriarchal». Finta, das steht für Frauen, Intersexuelle, nicht binäre, Transgender und Agender-Personen. Und dieses Banner fasst in etwa zusammen, was an diesem feministischen Streik gefordert wurde.
Für die Abschaffung der «Geschlechterbinärität»
Die Demonstrierenden sprachen sich unter anderem gegen eine patriarchale Wirtschaft aus, da diese lediglich dadurch funktionieren würde, dass weiblich sozialisierte Menschen schlecht und unbezahlte Betreuungsarbeit leisten würden. Weiter wird die Vision eines Basels ohne sexualisierter Gewalt vertreten. Und schliesslich sprach man sich für die Abschaffung der «Geschlechterbinärität» aus. Denn gerade Personen, die sich weder mit dem Geschlecht der Frau noch mit demjenigen des Mannes identifizieren können, würden aufgrund dessen noch immer diskriminiert.

Trotz dieser Forderungen, welche lautstark, mit Nachdruck und deutlich propagiert wurden, war dieser Streik überwiegend friedvoll. Auf der Wettsteinbrücke wurde bei wolkenlosem Himmel getanzt. Immer wieder erklangen Sprechchöre: «Wir sind alle Antisexistinnen», schrien die Streikenden. «Nicht spazieren, solidarisieren», forderten sie, wenn am Strassenrand Neugierige dem Geschehen beiwohnten.
Läderach verschmiert
Doch die friedliche Stimmung wurde getrübt, als die Gruppe beim Claraplatz haltmachte. Einige Minuten blieb sie stehen, geplant war hier eine Ansprache. Doch zu dieser sollte es vorerst nicht kommen, denn einige Demonstrierende entschieden sich dazu, die Scheibe des Läderach-Ladens zu verschmieren: «My body my Choice» schrieben sie – zu Deutsch «Mein Körper, meine Entscheidung». Damit soll auf sexuelle Übergriffe aufmerksam gemacht werden und auf die angestrebte Veränderung des Sexualstrafrechts, die dem Grundsatz «Nur Ja heisst Ja» folgt.

Dies erinnert an die Vorkommnisse vom 1. Mai. Auch dort wurde die Scheibe des Chocolatiers verunstaltet. Dass es zweimal Läderach ist, der von Vandalismus bei linken Demonstrationen betroffen ist, ist kein Zufall. Denn gegen den Schweizer Traditionsbetrieb wurden in der Vergangenheit Vorwürfe wegen Frauenfeindlichkeit erhoben. Patron Jürg Läderach, der Schoggi-König der Schweiz, ist ein pointierter Abtreibungsgegner aus der klerikalen Ecke.
Wer sich jedoch erhoffte, im Zuge des Streiks auf die Aktivistinnen des russischen Kollektivs Pussy Riot zu treffen, wurde enttäuscht. Die Gruppe, welche für spontane öffentliche Auftritte bekannt ist, trat am Abend in der Kaserne auf. Jedoch reichte es nicht für einen Besuch am Streik, da sie erst kurz vor dem Auftritt in Basel eintraf.
Die Demonstration war beim Redaktionsschluss dieser Zeitung noch in Gange.
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