Macron lässt Putin alt aussehen
Russische Politiker stören sich an der Rhetorik des französischen Präsidenten.

Beim diesjährigen Petersburger Wirtschaftsforum tauchte mit Emmanuel Macron zum ersten Mal seit Beginn der Krimkrise ein westeuropäischer Staatschef auf. Aber obwohl der Franzose Putin sehr viel Nettes sagte, behagte seine Rhetorik den Russen nicht wirklich. Das Forum endete mit einem Podium, auf dem unter anderem Japans Premier Shinzo Abe, IWF-Chefin Christine Lagarde und der französische Präsident Macron sassen. Und mit einem «Njet» von Wladimir Putin: «Nein, natürlich nicht», antwortete der russische Präsident auf die Frage, ob die Buk-Rakete, mit der 2014 die malaysischen Boeing über dem Donbass abgeschossen worden war, wirklich nicht aus Russland stamme. Die einzig wirklich heikle Frage. Niemand auf dem Podium hakte nach, obwohl die Niederlande und Australien Russland gerade für den Abschuss der Passagiermaschine und 298 Todesopfer verantwortlich gemacht hatten.
Premier Abe scherzte über ein WM-Finale Russland-Japan, Macron philosophierte über Selbstvertrauen als Voraussetzung für Vertrauen. Und aus dem Plenum frohlockte der russische Senator Alexei Puschkow per Twitter: «Russland ist nicht zu isolieren.» Dass sich mit Macron zum ersten Mal seit Beginn der Krimkrise 2014 ein westeuropäischer Staatschef auf dem alljährlichen Treffen blicken liess, hatten russische Medien im Voraus als neuen diplomatischen Triumph Putins gefeiert.
Ungelenker Auftritt
Macron kam mit über 50 bilateralen Vereinbarungen im Gepäck, darunter den Einstieg des französischen Rohstoffkonzerns Total in ein neues russisches Flüssiggasprojekt mit 2,55 Milliarden Dollar. Und er verzichtete im Gegensatz zu seinem ersten Treffen mit Putin vor einem Jahr auf frontale Kritik. Als wolle er die russischen Erwartungen bestätigen, das schwache Europa suche angesichts der Verwerfungen mit Donald Trumps USA neue Nähe oder gar Anlehnung bei Russland.
Frankreich sei wie Russland für den Fortbestand des Atomvertrags mit Iran, den Trump gekündigt hat, so Macron. Und er wolle mit Russland einen neuen Mechanismus zur Koordinierung der Verhandlungsplattformen von Astana und der sogenannten Kleinen Gruppe interessierter Mächte entwickeln, um den Syrienkonflikt zu lösen. Frankreich akzeptiere auch die neue Führungsrolle, die Russland sich in eigener Nachbarschaft, aber auch im Nahen Osten aufgebaut habe. Aber es erwarte, dass Russland die Interessen Europas und seiner Partner akzeptiere. Macron redete von gemeinsamen europäischen Wurzeln, von Peter dem Grossen, de Gaulle, Puschkin und von Jules Vernes «Kurier des Zaren».
Macron führt sich altklug auf
Je länger Macron plauderte, umso tiefer sanken Putins Mundwinkel. Das mag an den vierstündigen Verhandlungen vorher gelegen haben, beide Staatschef hatten sie als «sehr offen» bezeichnet – eine diplomatische Umschreibung für Streit. Macrons Phrasen behagte auch anderen Russen im Saal nicht. Hardliner mögen sich angesichts solcher rhetorischer Umarmungen nach Abschottung gegenüber dem «dekadenten» Europa zurückgesehnt haben.
Puten redete auf der Pressekonferenz 18, Macron 36 Minuten. Er duzte Putin, erklärte ihm altklug, Petersburg sei ja seine Stadt, Putin hier aufgewachsen. Aussenminister Sergei Lawrow blickte stirnrunzelnd auf die Uhr, Verteidigungsminister Sergei Schoigu pumpte die Backen auf. In Russland ist man nicht gewöhnt, dass ein öffentliches Gegenüber die Verbaldominanz Putins streitig macht. Putin selbst stolperte über Fakten, bezeichnete den Regisseur Oleg Senzow als Journalisten. Und auf eine Frage nach Cyberattacken, derer man Russland oft verdächtigt, begegnete er: «Es heisst doch, dass Aktionen Gegenreaktionen hervorrufen …»
Das klinge etwas zweideutig, fast wie ein Eingeständnis, kommentierte die Wirtschaftszeitung Kommersant. «Aber viel eher wohl hat Herr Putin die Frage nicht richtig verstanden.» Auch Russland bemerkte bei diesem Staatsbesuch, dass Putin 65 Jahre alt ist, 25 Jahre älter als Macron.
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