«Machen wir so weiter, haben wir in zehn Jahren kein Vermögen mehr»
Zum zweiten Mal in Folge haben die Regensdorfer einer Steuererhöhung eine Abfuhr erteilt. Der Gemeinderat rätselt, was das Volk damit ausdrücken will.
Mit Marc Hunziker sprach Dominique Marty Die Gemeindeversammlung hat das Budget 2011 abgelehnt. Schon letztes Jahr scheiterte die Behörde mit ihrem Antrag auf Steuererhöhung. Waren die 4 Prozent mehr dieses Mal einfach überrissen? Nein, aus meiner Sicht nicht. Im Jahr 2001 sank der Gesamtsteuerfuss von 114 auf 109 Prozent, heute beträgt er 110 Prozent. Seither haben wir unser Vermögen kontinuierlich abgebaut, das Eigenkapital ist von 88 Millionen auf heute 55 Millionen Franken gesunken. Dieser Rückgang hat sich in den letzten fünf Jahren beschleunigt, auch weil Erträge weggefallen sind, zum Beispiel die Handänderungssteuer, die abgeschafft wurde. Regensdorf deckt derzeit seine laufenden Kosten aus dem Finanzvermögen, indem wir Land verkaufen oder einfach das Eigenkapital herunterfahren. Das hat Regensdorf doch schon in den letzten Jahren gemacht. Das stimmt, doch war das eine Strategie des Gemeinderats. Ein Eigenkapital von rund 50 Millionen Franken ist für Regensdorf sinnvoll. Dieser Betrag lässt sich aus dem Gesamtsteuerertrag errechnen. Jetzt erreichen wir diese Grenze – und darum sollten wir das Ruder wieder herumreissen. Für das Jahr 2010 rechnen wir mit einem Minus von 4,2 Millionen Franken, auch für 2011 haben wir einen Verlust veranschlagt. Machen wir immer so weiter, werden wir in zehn Jahren kein Vermögen mehr haben. Und dann drohen happige Steuererhöhungen. Genau das wollen wir verhindern und darum den Steuerfuss jetzt etwas anheben. Unser Steuerfuss liegt unter dem kantonalen Mittel, unsere Steuerkraft ebenfalls – auf die Dauer kann das nicht gut gehen. Steigende Kosten, Erträge, die wegfallen, millionenschwere Verluste – das klingt, als stecke Regensdorf in der Krise. Regensdorf hat grundsätzlich eine gute Vermögenslage und eine gesunde Bilanz. Wir haben nicht über die Verhältnisse gelebt oder uns Luxusinvestitionen geleistet, die wir nicht tragen können. Diese gute Ausgangslage wollen wir beibehalten, zumal die Kosten im Gesundheits- und Sozialwesen weiter steigen werden. Allein für 2011 beträgt die Kostensteigerung hier 5 Prozent. Regensdorf darf ohne gültiges Budget nur gesetzlich vorgeschriebene Ausgaben tätigen. Auf der Investitionsliste von 2011 steht auch eine letzte Tranche für das neue Gemeindehaus. Bedeutet das jetzt einen Baustopp? Nein, der Kredit für den Neubau des Gemeindehauses wurde an der Urne genehmigt. Das nötige Geld – für 2011 sind hier 2 Millionen Franken budgetiert – können wir somit ausgeben. Auch Lohnkosten oder die Sozialhilfe zahlen wir weiter aus. Diese fallen unter die zirka 90 Prozent der Ausgaben, die gebunden sind. Den Rest aber, Investitionen in Strassen, kleinere Sanierungen oder auch individuelle Lohnerhöhungen beim Personal müssen wir zurückstellen. Ende März befinden die Regensdorfer erneut über den Voranschlag 2011. Werden Sie wieder eine Steuererhöhung beantragen? Dazu kann ich noch nichts sagen, das müssen wir erst im Gemeinderat besprechen. Mir ist im Moment völlig unklar, was das Stimmvolk will. In der Versammlung vom Montag fand nur eine kurze Diskussion statt. Die Debatte wurde durch einen Ordnungsantrag abgewürgt. Viele, die aufgestreckt hatten, kamen nicht zu Wort, niemand konnte einen Antrag stellen. Ich kann daher nicht sagen, ob das Stimmvolk nun das Gemeindevermögen zugunsten eines tiefen Steuerfusses hinunterfahren will oder es eine stärkere oder schwächere Erhöhung wünscht – das hätten wir aus einer Diskussion herauslesen können. 2011 investiert Regensdorf weitere 2 Millionen Franken in das neue Gemeindehaus – auch ohne bewilligtes Budget.Foto: Dominique Marty
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