Luxemburgs Botschafter in Basel«Luxemburg hat die Strukturen der EU mitgestaltet»
Jean-Claude Meyer erzählt auf Einladung der Universität Basel, wie wertvoll die Mitgliedschaft in der EU für einen Kleinstaat ist.

«Der Ukraine-Krieg wirft ein neues Licht auf die europäischen Strukturen», führte Botschafter Jean-Claude Meyer in der Aula der Universität Basel vor den geladenen Gästen aus Politik und Wissenschaft aus. Diese hätten sich bewährt, sagt Meyer, um im Verlauf seines Referats auch sichtlich mit Stolz auszuführen, dass Luxemburg während seiner Präsidentschaft 1997 massgeblichen Anteil an der Reform der EU-Institutionen hatte. Damals gelang mit dem Vertrag von Amsterdam die Konsolidierung der EU mit den seither praktizierten transparenten Entscheidungsprozessen. «Wir sitzen als Kleinstaat mit am Tisch und haben Einfluss auf die Entscheide.»
«Für uns gibt es keine Alternative zur Mitgliedschaft in der EU.»
Luxemburg habe seit der Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft seinen Wohlstand massgeblich der europäischen Einigung zu verdanken – bis heute. «Für uns gibt es keine Alternative zur Mitgliedschaft in der EU», sagte Meyer in der Aula der Universität Basel, die nach dem Verhandlungs-Aus der Schweiz in Schwierigkeiten steckt. Für sein kleines Land sei es von grosser Bedeutung, dass es in der EU mitreden könne. Im Verbund mit den Benelux-Partnern, Belgien und Holland, sei es auch gelungen, die EU in hohem Masse zu prägen. Bis heute müssten wichtige Entscheide einstimmig gefällt werden, was jedem Mitglied die gleichen Rechte garantiere.
Sein Land lege Wert darauf, in allen Bereichen der EU mitzuarbeiten, auch wenn dies für ein kleines Land oft grösster Anstrengungen bedarf. Der Turnus der alle sechs Monate wechselnden Präsidentschaft beschere Luxemburg auch regelmässig, die EU zu vertreten und an vorderster Front mitzugestalten. Luxemburgs Neutralität sei seit 1867, der Loslösung von den Niederlanden, garantiert. Die Gemeinschaft der neutralen Staaten innerhalb der EU sei nicht zu unterschätzen – auch wenn diese jetzt wegen des Ukraine-Kriegs möglicherweise kleiner werde.

Die EU garantiere mit ihren Entscheidungsprozessen, dass kein Land überrumpelt werden könne – auch nicht ein Kleinstaat. Zwar werde oft über den «bürokratischen Wasserkopf» geklagt, doch dieser ermögliche gute Entscheidungen auch in den Bereichen, in denen keine Einstimmigkeit erforderlich sei. Meyer verwies als Beispiel darauf, dass es Österreich und den kleinen neutralen Ländern gelungen sei, die diskriminierende Maut, die Deutschland geplant habe, zu verhindern. Innenpolitisch seien die Positionen Luxemburgs oft eine schwierige Angelegenheit, brauche es doch jeweils auch die Stimmen der Opposition. Demokratische Entscheidungsprozesse respektierten die Mitgliedsländer in jedem Fall.
Rechte und Pflichten
Mit Blick auf die gegenwärtigen Hürden für die Schweizer Wirtschaft sagte Meyer, eine wirtschaftliche Zusammenarbeit mit den Nachbarschaftsländern habe für Luxemburg eine lange Tradition und reiche weit über die politische Einigung zurück – sei im Rahmen der EU unumstritten. Heute würde in Luxemburg die Wirtschaft zusammenbrechen, wenn die Personenfreizügigkeit wegfiele. Mit offenen Grenzen hätten Belgien, die Niederlande und Luxemburg den Weg zum Schengen-Vertrag von 1990 entscheidend bereitet.
Meyer sagte, er mische sich als Botschafter nicht in die Entscheidungsprozesse der Schweiz ein. Doch auch sein Land bestehe darauf, dass der Binnenmarkt von den Beteiligten nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten einfordere; das sei für alle nicht immer einfach. Anders als in der Schweiz oft kritisiert sei der Europäische Gerichtshof in Luxemburg kein verlängerter Arm der Kommission in Brüssel. Auch Luxemburg dringe dort oft durch. Vielleicht habe Luxemburg mit dem Gerichtshof auch weniger Mühe, als die Schweiz befürchtet, weil sein Land auch auf nationaler Ebene die Verfassungsgerichtsbarkeit kenne. Der Schweiz empfahl Meyer vor allem eines: «Machen Sie das Funktionieren der europäischen Institutionen in der Schweiz bekannter!»
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Thomas Dähler ist Redaktor und Mitglied des BaZ-Politik-Teams. Schwerpunkte seiner journalistischen Arbeit sind Finanzpolitik, Verkehrspolitik und Ökologie.
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