Premiere am Theater BaselLustig ist das Leben hinter der Theaterbühne
«Ciao Ciao» ist eine Mischung aus Zirkus und Variété. Gelsomina und ihre Gefährten fegen für eine Stunde Sorgen und Probleme aus unserem Leben.

Aus den Lautsprechern hört man Geräusche aus den Zuschauerrängen, während sich auf der Bühne, dominiert von einem silbernen Vorhang, ein Clown auf seinen Auftritt vorbereitet. Dann klettert er über die Stuhlreihen und begrüsst mit «ciao, ciao!» lachend und händeschüttelnd die Anwesenden, bis er vor der Bühne strauchelt und sich den schmerzenden Rücken hält.
Das Publikum bemerkt es rasch: Es befindet sich hinter der Bühne, das Stück wird in Kürze beginnen. Noch ist unklar, was gespielt werden wird, doch Gelsomina und ihre Begleiter schenken uns klaren Wein ein. Sie, die Akrobatin, wird begleitet von fünf skurrilen Figuren: einer weissen Hexe, die an eine Heuschrecke erinnert, einem zahnlosen Alten, einer zwergenhaften Nonne, einer gealterten Primaballerina und einer schlaksigen Clownin, alles Tänzerinnen und Tänzer des Basler Ballettensembles.
Sie machen den Abend zum Erlebnis und zeigen dem Publikum, dass die Bühne viel mehr ist als ein schwarzes Loch mit Vorhängen: eine geniale magische Kiste mit unendlich vielen Möglichkeiten für waghalsige Akrobatik, wandelbaren Figuren und Situationen und starken, mitunter auch unheimlichen Charakteren. Im Mittelpunkt steht eine Stange, an der zwei Scheinwerfer mit Wackelkontakt montiert sind. Gelsomina klettert hoch, versucht, den Wackler zu beheben, bis es plötzlich knallt und Funken regnet und dann ganz dunkel wird. Doch das ist erst der Anfang.
Verspielte Bühnenarchitektur
Martin Zimmermann, der Choreograf des Stücks, ist bekannt für seine akrobatisch-absurden Inszenierungen und für seine verspielte Bühnenarchitektur. Zusammen mit seinem Partner Dimitri de Perrot bildet er als Zimmermann & de Perrot ein weit über die Schweiz hinaus bekanntes Duo.
Auch in «Ciao Ciao» trifft man sie wieder, die komplexe Bühnenarchitektur mit zahlreichen Kisten, Schränken, Löchern, Nischen, Falltüren und Verstecken und laufend wird die Bühne mit diesen zahlreichen Requisiten umgebaut, ist mal Tribüne, dann Wohn- und Schlafzimmer und just wieder Zirkusarena.
Und das Publikum fragt sich fortwährend, ob es sich nun vor oder hinter der Bühne befindet, wobei man bald konstatiert, dass es hinter der Bühne viel spannender ist. Hier jagt eine Szene die andere, bis schliesslich Gelsomina, von einer quicklebendigen Eline Guélat gespielt, ermüdet vom ganzen Trubel in einen tiefen Schlaf fällt, aus dem sie die Heuschrecken-Hexe unsanft aufweckt, indem sie ihr das bekannte Schlaflied «Guten Abend, gut Nacht» keck ins Ohr flüstert. Wieder wach, vollführt sie schlafwandelnd mit ihrem Kissen eine Tanzpantomime, die in ihrem Einfallsreichtum und ihrer Poesie zu den Höhepunkten des Abends gehört.
Man denkt an Fellini
Wer bei alledem an die Filme von Federico Fellini denkt, liegt ziemlich richtig. Gelsomina ist auch der Name der Protagonistin in Fellinis Film «La strada», die dem grobschlächtigen Zampanò, der auf den Jahrmärkten immer dieselbe Nummer zeigt, als Assistentin dient. Gemeinsam ist den beiden Gelsominas die Verträumtheit.
In Zimmermanns «Ciao Ciao» steht sie zudem für Sorglosigkeit, «Carpe diem», Dolcefarniente, «Freut euch des Lebens» und Hokuspokus-Simsalabim. Und ihre Gefährten begleiten sie mal verrückt, mal dämonisch, aber immer extravagant, wie in einem Bild von Hieronymus Bosch oder dann elfengleich wie in Shakespeares «Sommernachtstraum». Und das Publikum sitzt verzaubert hinter der Bühne und staunt, wie wild und tollkühn es da zu- und hergeht, und will partout nicht mehr nach Hause.
«Ciao Ciao» in der Inszenierung von Martin Zimmermann, ist ein kleines Welttheater vom Feinsten. Eline Guélat und Aimé Morales sowie die fünf Tänzerinnen und Tänzer zeigen uns eine Welt, die es neben dem tristen Winteralltag, neben Mangellage und Krieg auch noch gibt, die wir aber viel zu oft verdrängen und vergessen. Also hingehen, abschalten und geniessen!
«Ciao Ciao», Theater Basel, Schauspielhaus. Ab 6 Jahren geeignet. Weitere Spieldaten am 4., 5., 11., 18., 19. und 20. Dezember, zusätzliche Termine im Januar. www.theater-basel.ch
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