London verhindert Einigung für EU-Banken
In einer Marathonsitzung diskutierten die EU-Finanzminister über eine schärfere Eigenkapitalregel für Banken. Zum Durchbruch kam es nicht, weil sich die Briten querstellen. Schäuble nennt das Scheitern «desaströs».
16 Stunden Verhandlungen haben nicht gereicht: Die EU-Finanzminister müssen sich in zwei Wochen nochmals mit der Umsetzung schärferer Eigenkapitalvorschriften befassen. Grossbritannien stellte sich in der Nacht gegen einen Kompromiss.
Grossbritannien und Schweden hatten das Lager der Länder angeführt, die mehr Handlungsfreiheit für ihre nationalen Aufsichtsbehörden forderten. Sie wollen von den Banken im Fall einer systemweiten Krise verlangen, mehr Kapital zum Schutz vor Verlusten beiseite zu legen als nach Basel III vorgeschrieben. Die Steuerzahler sollen so vor neuen Rettungsaktionen für die Banken bewahrt werden.
Deutschland, Frankreich und andere Staaten wollten das nur zulassen, wenn die Extra-Kapitalpuffer von der EU-Kommission genehmigt werden. Damit soll verhindert werden, dass die schärferen Standards in einem Land zu Problemen in anderen EU-Staaten führen.
Höhere Quoten in einem der Haupt-Bankenländer könnte die dort ansässigen Grossbanken dazu veranlassen, sich aus anderen EU-Ländern zurückzuziehen. Darunter würden nach Ansicht von Experten vor allem osteuropäische Staaten leiden, in denen ein Grossteil der Branche von ausländischen Banken dominiert wird.
Fortschritte – aber kein Entscheid
Um die sogenannten Basel-III-Regeln wird im Grundsatz nicht mehr gestritten. Diese schreiben vor, dass Banken bis 2019 ihr hartes Kernkapital von 2 auf 7 Prozent anheben. Damit soll die Lehre aus der Finanzkrise von 2008 gezogen werden, als die Pleite der Lehman- Bank die Branche weltweit zum Beben brachte und milliardenschwere Rettungspakete notwendig machte.
«Wir haben einen riesigen Fortschritt gemacht», sagte die dänische Ressortchefin und amtierende EU-Ratspräsidentin Margrethe Vestager am frühen Donnerstagmorgen. Bei der Marathonsitzung über den 600-seitigen Text seien immerhin «20 Probleme» geklärt worden. Nach Angaben des deutschen Finanzministers Wolfgang Schäuble bleiben «ein paar ganz kleine Restpunkte, über die noch verhandelt wird».
Theoretisch hätten die anderen Minister die Briten überstimmen können, da für die Einigung nur eine qualifizierte Mehrheit notwendig war. Doch die dänische EU-Ratspräsidentschaft und wohl auch die meisten anderen Staaten wollten Grossbritannien bei der wichtigsten Neuregelung für den Bankensektor nach der Finanzkrise nicht vor den Kopf stossen.
Kompromissvorschlag
Der letzte Kompromissvorschlag der Dänen sieht eine Stufenlösung vor, wie Vestager erklärte: Die EU-Länder können ihren Banken zusätzliche Kapitalpolster von bis zu 3 Prozent für alle (auch grenzüberschreitenden) Geschäfte vorschreiben.
Bis zu 5 Prozent sollten erlaubt sein, wenn nur inländische Geschäfte betroffen sind. Wollen Grossbritannien oder Schweden aber Puffer über 3 Prozent hinaus verlangen, die auch für Filialen oder Aktivitäten in anderen EU-Ländern gelten, dann müsste dies bei Vorbehalten eines anderen Staates in einem Schiedsverfahren beschlossen werden.
Zeitlich befristete Polster, etwa zur Absicherung von Immobilienblasen, könnten von der EU-Kommission oder europäischen Bankenaufsehern beanstandet und daraufhin vom Finanzministerrat gestoppt werden.
Die Grundsatz-Einigung soll nun beim nächsten Ministertreffen am 15. Mai erreicht werden. Danach werden die Verhandlungen mit dem EU- Parlament aufgenommen, das bei der Gesetzgebung mitentscheidet. Am Donnerstag äusserten sich EU-Parlamentsabgeordnete unterschiedlicher Parteien kritisch zum «Flickenteppich an Sonderregeln», den sie so nicht akzeptieren würden.
Umsetzung in der Schweiz
In der Schweiz ist Basel III ein Aspekt des Massnahmenpakets «too big to fail» für systemrelevante Banken. Auf den 1. März hat der Bundesrat die entsprechenden Änderungen im Bankengesetz in Kraft gesetzt.
Unter dem Regime von Basel-III und zusätzlichen Schweizer Auflagen müssen die beiden Grossbanken Credit Suisse und UBS bis Ende 2018 eine Eigenkapitalquote von 19 Prozent erreichen. So sollen sie in Zukunft auch bei schweren Markteinbrüchen ohne staatliche Unterstützung über die Runden kommen.
dapd/mrs
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