Ehemaliges Rohner-Areal in PrattelnLohndumping: Baselland will den «gravierenden» Vorwürfen nachgehen
Der holländische Subunternehmer muss bis nächsten Montag beweisen, dass er anständige Löhne zahlt und dass die maximal zulässige Arbeitszeiten nicht überschritten werden. Sonst droht die Baustellenschliessung.

Die Vorwürfe der Baselbieter Arbeitsmarktkontrolle (AMKB) wiegen schwer: Auf dem ehemaligen Rohner-Areal in Pratteln sollen 140 osteuropäische Bauarbeiter unterbezahlt sein und mehr als die zulässigen 50 Stunden pro Woche arbeiten. Der BaZ liegen die Protokolle vor, die zeigen, dass auf dem heutigen Entwicklungsareal systematisch ausgebeutet wird. In einer am Mittwoch verschickten Medienmitteilung bestätigte das Kantonale Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit Baselland (Kiga), dass ein Antrag der AMKB zur Baustellenschliessung eingegangen sei.
Es bestätigte, dass das Gesetz dem Kanton einen solch radikalen Schritt ermöglicht. Allerdings stellte das Kiga klar, dass es dem beschuldigten Unternehmen zuerst die Möglichkeit geben werde, die Unschuld zu beweisen. Als Voraussetzung für die Schliessung der Grossbaustelle nennt der Kanton eine Verletzung der Mitwirkungspflicht oder die Verweigerung des Arbeitgebers, festgestellte schwerwiegende Verstösse gegen die Arbeitszeitbestimmungen zu beseitigen.
Schliessen, bevor die Schuldigen weg sind
Wie ernst es dem Kanton ist, zeigt die kurze Frist, welche dem zuständigen Bauunternehmen, der holländischen Gerritsen Group, gegeben wird. Dieses muss bereits bis nächsten Montag, den 17. Mai, belegen, dass die Arbeitsgesetze eingehalten und die Mindestlöhne der Metallbauarbeiter, welche im Gesamtarbeitsvertrag definiert sind, ausbezahlt werden. Der Vorwurf, der im Raum steht, ist, dass die betroffenen Polen, Litauer und Letten lediglich zehn bis zwölf Euro statt der im GAV verankerten 20 Franken und 40 Rappen pro Stunde bekommen. Auch zeigen Befragungen der Bauarbeiter, dass die Wochenarbeitszeit statt der zulässigen 50 Stunden 55 bis 57 Stunden beträgt. Die Arbeitsmarktkontrolle will die Baustelle schliessen, weil sie fürchtet, die Verantwortlichen könnten sonst nicht zur Rechenschaft gezogen werden.
Die Gewerkschaften monieren, dass solche Subunternehmerkonstrukte Verstösse generell begünstigten. Felix Ulrich von der Unia Aargau/Nordwestschweiz sagt: «Je mehr kontrolliert wird, desto systematischer wird betrogen. Wo die herkömmlichen Methoden greifen, werden die Tricks der Unternehmer immer gerissener.» So bereiteten sich die fehlbaren Firmen gezielt auf geläufige Kontrollschwerpunkte vor, damit beispielsweise gefälschte Arbeitszeitrapporte einer oberflächlichen Begutachtung standhielten. Oft würden die ausländischen Firmen in der Schweiz auch Scheindomizile errichten, um die Entsendekontrollen zu umgehen.
Der Plan der Gerritsen Group ist ein anderer. Bis Ende Mai will das holländische Bauunternehmen den Rückbau der Chemieanlagen abgeschlossen haben. Danach werden die Bauarbeiter wieder in ihre Heimatländer zurückreisen. Die Angestellten der drei von Gerritsen beauftragten Subunternehmen sind in Litauen, Polen und Lettland zuhause. Den Vorwurf des Lohndumpings und der Arbeitsgesetzverletzungen dementierte ein Gerritsen-Vorstandsmitglied gegenüber der BaZ vehement. Niemand arbeite länger als 45 Stunden, die Mindestlöhne würden nicht nur eingehalten, sondern sogar überschritten. Fünf Tage bleiben ihm, diese Aussagen zu belegen.
Leif Simonsen ist seit Mai 2021 Redaktor im Regionalressort und Mitglied des Teams Politik.
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