Oper in der MartinskircheLocker statt verkrampft – wie vor 250 Jahren
Der Kulturclub Kirschgarten zeigte Mozarts «Le Nozze di Figaro». Nicht alles war perfekt, aber das muss auch nicht immer sein – denn das Gesamtpaket war mehr als stimmig.

Wolfgang Amadeus Mozart selbst war es, der das Publikum am Samstag zu seiner Oper «Le Nozze di Figaro» begrüsste. In knappen Worten erklärte er – der Veranstalter in Verkleidung – die Handlung dieses verzwickten Intrigenspiels um Susanna, Figaro, Graf und Gräfin Almaviva, Marcellina, Cherubino und Bartolo.
Überhaupt fühlte man sich am Samstag oft um 250 Jahre zurückversetzt. Die historischen Kostüme, die kleine Orchesterbesetzung, der lockere Umgang mit dem Publikum – es gab keine Ticketkontrolle und Einlass wurde auch Spätankömmlingen gewährt: So ähnlich lief das wahrscheinlich früher ab, bevor die hochgradige Perfektionierung und Professionalisierung des Opernbusiness einsetzte und aus der lockeren eine vielmals eher verkrampfte Atmosphäre machte.
Natürlich hat eine solch traditionelle Aufführung, zudem noch in einer Kirche, auch Nachteile: Die fehlende Einblendung des Librettos machte es dem Publikum beinahe unmöglich, der Handlung im Detail zu folgen. Die Bühnensicht war – je nach Grösse der vor einem sitzenden Person – alles andere als ideal. Und das Orchester und die Sängerinnen und Sänger waren nicht immer ganz synchron.
Spielfreude und Publikumsnähe
Das alles fiel aber an diesem Abend nicht so sehr ins Gewicht, denn es wurde durch die unüberseh- und unüberhörbare Spielfreude, Leidenschaft und Publikumsnähe mehr als kompensiert. Besonders überzeugen konnten mit ihrer Bühnenpräsenz Vitalie Maciunschi als Figaro und Luzie Franke als Susanna – beide fielen nicht nur durch ihre klaren und nuancierten Stimmen, sondern auch durch ihre schauspielerischen Qualitäten auf. Die Gesangsrollen waren zu einem grossen Teil mit jungen ukrainischen Sängerinnen und Sängern besetzt.
Das 15-köpfige Kammerorchester «Lemberg’s Virtuosen» leitete Nazar Yakobenchuk. Für die Inszenierung war Eveline Heim verantwortlich. Anna Herbst, die das ganze Projekt lancierte und leitete, sang – quasi nebenbei – auch noch die Rolle der Marcellina. Eine grosse Leistung!
Der «Figaro» am Samstag war (vermutlich) die erste grosse szenische Oper in der Martinskirche überhaupt. Ein mutiges Unterfangen, das sich auszahlte. Und das Tüpfelchen auf dem i: Endlich konnte die Vermählung von Figaro und Susanna einmal mit einem richtigen kirchlichen Hochzeitsmarsch gefeiert werden.
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