Patzer in der WM-QualifikationLiebe Schweizer, das war furchtbar
Der vermeintliche Favorit enttäuscht in Nordirland auf der ganzen Linie und verliert beim 0:0 wertvolle Punkte – Tiefpunkt des Spiels ist die Art, wie Seferovic einen Penalty verschiesst.

Als der Match zu Ende ist, sind die Schweizer wenigstens einmal schnell unterwegs. Innert Sekunden verdrücken sie sich vom Platz im Belfaster Windsor Park. Es gibt wirklich keinen Grund, sich länger in der Öffentlichkeit zu zeigen. Das 0:0 gegen Nordirland ist ein erster Offenbarungseid der jungen Ära von Murat Yakin.
Sie sind als Favoriten ins Spiel gegangen, angestachelt vom 0:0 am Sonntag gegen Italien. Und jetzt haben sie bereits gesehen, dass die unaufgeregte Art des Coaches nicht gleich Punkte beschert. Den kleinen Vorteil gegenüber Italien haben sie so schon wieder verspielt. Italien fertigt gleichzeitig Litauen 5:0 ab. Wer die Schweizer an diesem Abend begreifen will, braucht viel Fantasie. Was sie bieten, ist nicht einfach nur dürftig, es ist kraftlos, ideenlos, leidenschaftslos, kurz: furchtbar. Wahrscheinlich zieht es Yakin darum vor, sich irgendwann von der Seitenlinie auf die Bank zurückziehen.
Yakin hat die Mannschaft im Vergleich zum Spiel gegen Italien auf vier Positionen umbesetzt, im Zentrum kommen Freuler für Aebischer und Zakaria für Sow, auf den Seiten erhalten Vargas und Fassnacht den Vorzug vor Zuber und Steffen.
Und was bringt es? Schnell ist zu sehen: nichts. Vargas links und Fassnacht rechts schaffen es nicht einmal, sich in einem wichtigen Zweikampf durchzusetzen, sie laufen sich immer fest ab und machen dann kehrt. Zakaria ist halt wieder der Zakaria wie so oft, fahrig, ohne Esprit. Und was Rückkehrer Freuler betrifft, muss schon früh eine Vermisstmeldung aufgeben werden.
Der frühe Warnschuss
Die Nordiren haben sich hervorragend auf ihren Gast eingestellt. Hinten stellen sie die Räume perfekt zu, und wenn sie den Ball haben, setzen sie entschlossen zum Konter. In der 9. Minute schon gibt es eine solche Szene, die für ihren Plan steht. Akanji unterschätzt einen weiten Ball, Lavery läuft Elvedi davon und gefährlich auf Sommer zu. Im letzten Moment fehlen ihm aber die Kraft und Präzision, sein Schuss fliegt neben das Tor.
Es könnte ein Warnschuss für die Schweizer sein, das ist es aber nicht. Sie spielen fast reihenweise Fehlpässe, Akanji passt den Ball so nachlässig, dass sich Frei dabei eine Verwarnung einhandelt und damit im Rückspiel gegen die Nordiren im Oktober gesperrt ist. Frei schlägt den Ball ins Niemandsland, Vargas steht einmal frei, aber Zakaria verschleppt lieber das Tempo, Rodriguez verliert den Ball, oder dann flankt Zakaria unbedrängt hinters Tor.

Doch was in der Sekunde danach passiert, erstaunt alle: Der Schiedsrichter wertet ein Stossen von Smith gegen Vargas als Foul und gibt Elfmeter. Smith Aktion war unnötig, die Nordiren wittern dennoch eine Benachteiligung wie damals im Barragespiel 2017, als die Schweiz nur dank eines geschenkten Elfmeters 1:0 gewann.
Anders als zuletzt Rodriguez, der gleich dreimal verschoss, läuft diesmal Seferovic an. Er macht es nicht besser, viel schlechter und unplatzierter als er kann man einen Penalty gar nicht treten. Peacock-Farrell vom Drittligisten Sheffield Wednesday hat absolut keine Mühe, den Ball abzuwehren. Die knapp 16’000 Zuschauer haben ihr nächstes Hoch, die Stimmung im Windsor Park ist überragend.
Dass sie Geduld brauchen würden, hat Yakin am Vortag gesagt, und dazu hat er mehr Durchschlagskraft und mehr Präsenz im gegnerischen Strafraum gefordert. Eine Viertelstunde gibt er sich nach der Pause Zeit, bis er endlich eingreift und erste Wechsel anordnet. Zuber und Steffen ersetzen Frei und Fassnacht.
Die Schweizer mögen mehr am Ball sein, es fällt ihnen trotzdem so wenig ein wie vorher. Sie müssen erkennen, wie schwer die Absenzen von Granit Xhaka, Xherdan Shaqiri und Breel Embolo ins Gewicht fallen. Und wie schwer es ist, einen derart herzhaft kämpfenden Gegner spielerisch dominieren zu wollen. Es ist eben nicht mehr wie am Sonntag gegen Italien, als sie der Aussenseiter waren und schon fürs Verteidigen gelobt wurden.
Das passende Ende
Die Zeit läuft und läuft, und die Schweizer erschweren sich die Arbeit gleich selbst Mal für Mal, weil sie entweder zu unpräzis im Aufbauspiel sind oder jegliche Kraft in den entscheidenden Zweikämpfen fehlt.
Rodriguez kann wenigstens einmal zu einem Freistoss anlaufen, sein Schuss fällt so harmlos aus, dass er eigentlich gar nicht erwähnenswert ist. Dass er hier dennoch Aufnahme findet, dient einzig der Illustration, welche Gefahr von diesen Schweizern ausgeht.
Nach 77 Minuten wird Seferovic erlöst und durch Zeqiri ersetzt. An einem Abend zum Vergessen hat er gefühlt einen Ball in den Füssen gehabt – und mit dem hat er den Sieg vergeben. In der Nachspielzeit setzt Zuber noch zum Schuss an. Der Ball fliegt um viele Meter hoch übers Tor. Es ist das passende Ende.
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