Libanon: Attentat überschattet Auftakt zu historischem Prozess
Wenige Minuten vor Beginn des Prozesses gegen die mutmasslichen Mörder des früheren libanesischen Premiers explodierte ein Sprengsatz.

Eine Autobombe tötete im Nordosten des Libanons nach Angaben von Ärzten und Helfern mindestens 2 Menschen. 15 weitere seien verletzt worden. Der Sprengsatz detonierte in einer Hochburg der pro-iranischen Schiiten-Bewegung Hizbollah - wenige Minuten vor Beginn des Prozesses gegen die mutmasslichen Mörder des früheren libanesischen Regierungschefs Rafik Hariri. Die Angeklagten im Verfahren sind Mitglieder der Hizbollah.
In den vergangenen Wochen gab es im Libanon fünf Anschläge auf Hochburgen der Hizbollah. Am 19. November letzten Jahres waren bei einem schweren Selbstmordanschlag vor der iranischen Botschaft im Süden der Hauptstadt Beirut 25 Menschen getötet und 150 weitere verletzt worden. Zum Angriff bekannte sich eine der al-Qaida nahe Gruppe.
Erstmals ein Tribunal zu einem Terroranschlag
Fast neun Jahre nach dem Terroranschlag auf den früheren libanesischen Premierminister Rafik Hariri hat heute in Den Haag vor dem Sondertribunal zum Libanon der Prozess gegen vier der mutmasslichen Attentäter begonnen. Der Prozess gegen einen fünften Mann wird noch vorbereitet. Alle Beschuldigten sind flüchtig.
Am 14. Februar 2005 waren in Beirut Hariri und 22 weitere Menschen ums Leben gekommen, darunter einer der Attentäter. Es ist der erste Prozess eines internationalen Tribunals zu einem Terroranschlag und der erste in Abwesenheit der Angeklagten. Chefankläger Norman Farrell betonte jedoch, das libanesische Volk habe ein «Recht auf diesen Prozess, die Beweise zu hören und die Wahrheit zu finden».
Hariri hat die libanesische Politik nach dem Bürgerkrieg geprägt
Ex-Premier Rafik Hariri hat die libanesische Politik nach dem Bürgerkrieg (1975-90) geprägt wie kein zweiter. Der Wiederaufbau der zerstörten Innenstadt von Beirut geht vor allem auf sein Konto. Weil Rafik Hariri zumindest ansatzweise die tiefen Gräben zwischen den religiösen und politischen Stämmen in seiner Heimat zu überwinden vermochte, nannten ihn Bewunderer und Journalisten «Mr. Libanon».
Der 1944 geborene Sohn einer sunnitischen Bauernfamilie hatte es in den 70er Jahren mit einer eigenen Baufirma in Saudiarabien zu grossem Reichtum gebracht. Später baute er ein Firmenimperium auf, zu dem auch Rundfunkstationen, Hotels und Banken gehörten. Als er 1992 zum ersten Mal Regierungschef wurde, genoss er wegen seiner Vermittlung bei der Beendigung des Bürgerkrieges und wegen seiner wohltätigen Stiftungen bereits hohes Ansehen.
Im Oktober 2004 trat er als Ministerpräsident zurück, als sich die Balance im libanesischen Machtgefüge zugunsten der pro-syrischen Kräfte verschob. Offenbar erwog er, bei den im Mai 2005 geplanten Wahlen durch ein Volksvotum an die Macht zurückzukehren. Möglicherweise wurde ihm das zum Verhängnis. Am 14. Februar 2005 wurde Hariri bei einem Autobombenanschlag mitten in Beirut getötet.
sda/AFP/ldc
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