Lesestoff für alle
Birsfelden baut eine Telefonkabine der Swisscom zu einem Bücherschrank um.

Öffentliche Telefonkabinen sind zu einer Seltenheit geworden. Weil heute praktisch jeder ein Mobiltelefon besitzt, besteht kaum mehr Bedarf danach. Von ehemals 60 000 Kabinen sind heute nur noch etwa 1000 übrig, und auch diese sollen gemäss ihrer Betreiberin Swisscom demnächst verschwinden.
Drei solche Kabinen, die es nicht mehr braucht, stehen in Birsfelden. Eine von ihnen will die Gemeinde jetzt übernehmen und zu einem sogenannten Bücherschrank umfunktionieren. Es ist diejenige Kabine hinter dem Birsfelder Museum, an der Ecke Schulstrasse/Kirchstrasse. «Die Bevölkerung soll Zugriff haben auf Literatur, die die vorherigen Nutzer nicht mehr brauchen und darum abgegeben haben», sagt Jürgen Mischke, der bei der Gemeinde die Abteilung «Leben in Birsfelden» leitet.
Die Idee ist, dass Regale in der Kabine angebracht werden, auf denen Interessierte Bücher hinstellen und abholen können. «Wir sind der Meinung, dass dies eine Bereicherung für die Bevölkerung ist», sagt Mischke. Der Bücherschrank biete einen niederschwelligen Zugang zu Lesestoff und stehe im Zeichen eines nachhaltigen Umgangs mit einem Konsumgut. Dabei stehe das Weitergeben im Vordergrund, nicht die Entsorgung. «Gefragt sind zum Beispiel Bücher, die man gut fand, aber dennoch nicht ein zweites Mal lesen möchte», ergänzt Jürgen Mischke. Geplant ist, dass die Gemeinde für den Umbau der Kabine zuständig ist und diese nachher vom Verein Familien und Begegnungszentrum für Jung und Alt (Fabezja) beaufsichtigt wird.
Eine Einladung für Vandalen?
Die Gemeinde hat die Umnutzung geprüft, nachdem Swisscom bekannt gegeben hatte, dass sie die Kabine nicht mehr braucht. Laut Mischke sei zuerst eine Verschiebung der Kabine zum Begegnungszentrum von Fabezja in Betracht gezogen worden. Dort würde der künftige Bücherschrank aber an einem etwas abgelegenen Ort stehen. Es habe sich gezeigt, dass es eine sehr kostengünstige Lösung ist, wenn man die Kabine am Ort belässt und von Swisscom nur elektronisch rückbauen lässt. Fabezja ist ein Verein mit einer Leistungsvereinbarung mit der Gemeinde, in deren Rahmen er einen Unterstützungsbeitrag aus der öffentlichen Kasse erhält.
Eine ehemalige Telefonkabine, die voll mit Büchern ist: Das könnte Vandalen einladen, ihre Zerstörungswut auszuleben. Die Gemeinde sei sich der Gefahr bewusst, sagt Jürgen Mischke. Sie habe aber Vertrauen in die Bevölkerung, dass der Bücherschrank unter sozialer Kontrolle stehe. Die Kabine sei gut einsehbar, zudem habe es am Standort regelmässigen Verkehr, der Vandalismus vorbeugen könne. «Wir wollen nicht gleich von Anfang an zu zögerlich vorgehen», so Mischke.
Möglich ist auch, dass zu viele Bücher hineinkommen oder solche in der Kabine hinterlassen werden, die keinen Mehrwert für Nutzer bieten. Insbesondere besteht die Gefahr, dass Altpapier entsorgt wird. «Ganze Enzyklopädien zum Beispiel sind nicht gefragt», betont Mischke. Falls sich das Angebot nicht von selber reguliere, müsse Fabezja korrigierend eingreifen.
Einrichtungen auch in Basel
Erfunden hat Birsfelden den Bücherschrank nicht. Solche Schränke gibt es auch an anderen Orten, so etwa in der Stadt Basel. Einer steht am Wettsteinplatz und wurde vor einem halben Jahr vom Verein wettstein21 eingerichtet. Anfang Februar hat der Verein überarbeitete Regeln für die Benutzung der Einrichtung publiziert. Wie daraus hervorgeht, wird viel Nutzloses deponiert, denn die Betreiber müssen jede Woche 20 bis 40 Kilogramm unbrauchbares Material entsorgen. «Deponieren Sie nur Bücher in gutem Zustand. Bitte keine vergilbten, schmutzigen, zerrissenen oder schlecht riechenden Bücher», steht im neuen Reglement. Unerwünscht seien zum Beispiel veraltete Reiseführer, Wörterbücher, «schäbige Bildbände» und Zeitungen.
Der Bücherschrank am Wettsteinplatz wurde von der Christoph Merian Stiftung (CMS) gefördert, ebenso wie diejenigen am Voltaplatz und im Neubad. Die CMS habe mit den Bücherschränken sehr gute Erfahrungen gemacht, teilt die Stiftung auf Anfrage mit. Projektgruppen würden sich um diese kümmern. Diese Projektgruppen «sortieren Literatur aus, die nicht nachgefragt wird, sorgen für Ordnung und tauschen sich mit den Nutzerinnen und Nutzern aus», so die CMS.
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