Legendärer FBI-Boss und sein Geheimwissen gegen Feinde
Der Comey-Schock wirft Wellen in Washington. Warum das J. Edgar Hoover nicht passiert wäre.

Das FBI, das Federal Bureau of Investigation, gehört zur amerikanischen DNA. Die Agenten der Bundespolizei stehen für Integrität und geniessen hohes Ansehen in den Vereinigten Staaten. Das gilt selbstredend auch für den Chef der Behörde. James Comey ist denn auch erst der zweite Direktor, der gefeuert worden ist. Das FBI sei heute die mächtigste US-Behörde, auch mächtiger als die CIA, sagt der US-Publizist Tim Weiner, Autor eines Standardwerks über die Bundespolizei. Und das ist das Verdienst von J. Edgar Hoover (1895–1972), des so legendären wie berüchtigten FBI-Direktors. Hoover stand 48 Jahre an der Spitze der US-Bundespolizei.
Generell gilt das FBI als Polizeitruppe, die Verbrecher verhaftet und dafür sorgt, dass Recht und Gesetze eingehalten werden. Bis heute gehört das zu den Aufgaben des FBI. Doch die vorrangige Aufgabe dieses amerikanischen Geheimdienstes sind Ermittlungen gegen Terroristen und Spione. Dazu zählen auch die von James Comey geleiteten Ermittlungen zu den Verstrickungen der Regierung Trump mit Russland.
Personendossiers als Machtinstrument
Dabei ist nun James Comey das widerfahren, was im Fall seines Vorgängers undenkbar gewesen wäre. Denn J. Edgar Hoover hatte sich eine absolut verlässliche Jobversicherung zugelegt: seine Aktensammlung mit dem unverfänglichen Namen «Official and Confidential». Er führte sie «offiziell und vertraulich», also unter Verschluss im eigenen Büro. Aber jeder amerikanische Politiker wusste davon, darunter sechs Präsidenten.
Als Hoover 1972 im Amt verstarb, tauchten über 1600 «offizielle und vertrauliche» Dossiers auf.
Hoover hatte das 1908 gegründete Bureau of Investigation (BOI) 1937 umbenannt in FBI und bis zu seinem Tod 1972 geführt. In all den Jahren sammelte er belastendes Material, am liebsten über aussereheliche Affären. Es ist nicht auszuschliessen, dass auch Donald Trump Eingang gefunden hätte in diese Aktensammlung. Als Hoover 77-jährig im Amt verstarb, tauchten über 1600 «offizielle und vertrauliche» Dossiers auf. Er hatte sein Herrschaftswissen genutzt, um Politiker zu animieren, seine Empfehlungen umzusetzen, etwa wenn es ums Geld für sein geliebtes FBI ging, oder um Ermittlungen, die forciert oder gebremst werden sollten, oder eben darum, den eigenen Job zu retten – so geschehen in den Kennedy-Jahren.
Bildstrecke - Donald Trump entlässt den FBI-Chef
Als der Präsident den FBI-Direktor entlassen wollte, wies Hoover dessen Bruder Robert Kennedy darauf hin, dass er über Material verfüge, das die Vorliebe John F. Kennedys für Damen zweifelhaften Rufs zweifelsfrei belege. Bemerkenswert: Bobby Kennedy war als Justizminister Hoovers direkter Vorgesetzter. Dennoch blieb der Erpresser im Amt, die beiden Kennedys wurden tragische Helden der Zeitgeschichte.
Kampagnen gegen Martin Luther King und Linke
Hoover griff in die amerikanische Politik ein, etwa als er versuchte, den Ruf des Bürgerrechtlers Martin Luther King zu ruinieren, indem er dessen Ehefrau von den Sexpartys des Pfarrers berichtete – in Hoovers Welt waren Schwarze Hausangestellte, Diener und Schuhputzer. Der Kommunismus war für den FBI-Boss keine Partei, sondern eine Krankheit, wobei er bereits Charlie Chaplins Filme als deren Symptom betrachtete. Er hasste alles, was links von ihm war, und da tummelten sich viele, so auch die Präsidenten Franklin D. Roosevelt und Harry Truman, der befürchtete, Hoover mache aus der Bundespolizei «Amerikas Gestapo».
Für FBI-Kenner Weiner war Hoover nicht nur ein Rassist und Ideologe, sondern auch ein genialer Bürokrat.
Der FBI-Boss förderte politische Freunde wie Joseph McCarthy und Richard Nixon. Für FBI-Kenner Weiner war Hoover nicht nur ein Rassist, Ideologe und voller Hass, sondern auch ein «genialer Bürokrat und einer der fünf einflussreichsten Amerikaner im 20. Jahrhundert».
Nach Hoovers Tod am 2. Mai 1972 nahm der Einfluss des FBI aufs Weisse Haus ab. Was sich im Fall von Richard Nixon nachteilig auswirkte für den Präsidenten: Als Nixon die Bundespolizei aufforderte, die Ermittlungen zum Einbruch ins Wahlkampfquartier der Demokraten im Washingtoner Bürogebäude Watergate einzustellen, weigerte sich das FBI.
FBI-Informant «Deep Throat»
Zur interimistischen Leitung gehörte damals Special Agent Mark Felt, besser bekannt als «Deep Throat». Unter diesem Decknamen berichtete Felt den Reportern Bob Woodward und Carl Bernstein von der «Washington Post» über die Hintergründe der Watergate-Affäre, die zum Rücktritt Nixons führte.
Wobei gemäss Weiner neben Mark Felt vier weitere Agenten insgeheim mit den Medien sprachen. Sie hatten sich entschieden, die Behinderung der Justiz nicht hinzunehmen, bilanziert Tim Weiner: «Im Einklang mit den Gesetzen vollbrachten die Agenten jenen Akt der kreativen Zerstörung, von dem die radikalen Linken nur träumen konnten. Sie brachten den US-Präsidenten zu Fall.»
Video – Entlassung des FBI-Chefs James Comey:
Comey spielte im Wahlkampf eine kontroverse Rolle und leitete nun die Ermittlungen wegen der mutmasslichen russischen Einflussnahme auf die Wahl. (Quelle: Tamedia/AFP, AP)
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