Giftiger Mitbewohner
Schimmel in der Wohnung ist nicht nur unschön, sondern auch ungesund: Bei Menschen mit geschwächtem Immunsystem können seine Sporen zu schweren Infektionen führen.
Eine schöne Polstergarnitur, Bücherregale aus edlem Holz und Kunst an den Wänden, die von gutem Geschmack zeugt. Doch wer das stilvoll eingerichtete Wohnzimmer von Sabine und Walter Arnold* betritt, rümpft nach kurzer Zeit unwillkürlich die Nase. Es liegt ein seltsamer Geruch in der Luft: modrig, muffig, unangenehm. «Seit drei Wochen riecht es hier nach Schimmel. Doch wir haben keine Ahnung, wo er sein könnte. Wir haben schon alle möglichen Stellen abgesucht», meint die Hausbesitzerin ratlos. Steckt er in den Wänden, hinter den Einbauten oder gar irgendwo im Cheminée, das so gut wie nie benutzt wurde, weil der Abzug nicht richtig funktionierte? Das Rentnerehepaar ist ratlos und lebt erst einmal damit.
Schädliche Sporen
Doch das ist nicht sinnvoll, denn sobald Schimmelpilze grössere Flächen besiedeln, können sie auch der Gesundheit schaden. Oft treten in diesen Fällen Allergien durch eingeatmete Sporen auf. Im Extremfall könnte der Aufenthalt in einem derart befallenen Raum sogar zu einem Asthmaanfall führen. «Bei Menschen mit einem geschwächten Immunsystem, zum Beispiel bei Krebs- oder Aidskranken, können Schimmelpilze zu lebensbedrohlichen Infektionen führen», sagt Claudia Vassella von der Fachstelle Wohngifte beim Bundesamt für Gesundheit. Besonders gefürchtet ist der Aspergillus fumigatus, der auf der ganzen Welt anzutreffen und im Haushalt überall da verbreitet ist, wo er es feucht und warm hat: in der Blumenerde, in Meerschweinchenkäfigen oder in der Nähe von Warmwasserleitungen. So sollen in Deutschland jährlich rund 2500 Personen mit geschwächtem Immunsystem Infektionen zum Opfer fallen, die durch ihn ausgelöst wurden. «Gesunde brauchen allerdings keine Infektion zu befürchten», beruhigt die Biologin. Bald aktiv werdenWie stark der Schimmelbefall jedoch sein und wie lange man ihm ausgesetzt sein muss, damit die Gesundheit beeinträchtigt wird, lässt sich nach Meinung von Fachleuten nicht genau sagen. Vassella hält kleine Flecken auf der Fugendichtungsmasse von Badfliesen oder Fensterrahmen für unbedenklich. «Wenn es jedoch darüber hinausgeht, sollte man unbedingt etwas dagegen unternehmen», rät sie.Verbreitetes ProblemGegen Schimmelpilzbefall sind übrigens nur die wenigsten gefeit. Nach Schätzungen ist in der Schweiz jede vierte bis fünfte Wohnung von kleinsten bis hin zu massiven Schimmel- und Feuchtigkeitsproblemen betroffen. Die Pilze wachsen immer da, wo sich feuchte Luft an kalten Oberflächen niederschlägt. Egal ob Tapeten, Dämmstoffe, Gipskartonplatten, Silikon oder Leder – bei der Wahl ihres Wohnortes sind sie wenig wählerisch.Gerade in alten Häusern, in denen die Wände durch eine schlechte Dämmung kühl und feucht sind, führt das Einsetzen dichter Fenster erst recht zum Wachstum der verhassten Pilze. Kleine Wohnungen, in denen mehrere Leute wohnen, sind ebenfalls gerne von dem hässlichen, übel riechenden Problem betroffen, denn wer duscht, kocht oder auch nur atmet, produziert Feuchtigkeit. Deshalb rät Claudia Vassella, nach dem Kochen oder Duschen sofort die Fenster zu öffnen oder den Abzug zu betätigen, damit die Feuchtigkeit verschwindet. Ebenfalls wichtig: mindestens dreimal pro Tag stosslüften, das heisst, die Fenster ganz weit öffnen und auf Durchzug achten. Einen Fachmann holenWer den Schimmel sieht, kann Massnahmen ergreifen, aber was tun, wenn er wie im Fall des Ehepaars Arnold nicht zu orten ist? «Lassen Sie einen Fachmann für Bauphysik und Bauschäden kommen. Er könnte sogenannte Feuchtemessungen durchführen und weiss in der Regel, wo sich der Schimmel versteckt», sagt die Expertin. Vielleicht hinter Schränken oder unter Fussbodenbelägen: meist eben dort, wo keine Luft zirkuliert. Von Schimmelpilzmessungen hält Vassella dagegen wenig. «Sie sind sehr teuer und bringen einen oft nicht wirklich weiter.» Sie sollten nur bei ganz bestimmten Fragestellungen, zum Beispiel auf Anraten des Arztes oder durch die mit der Sanierung beauftragte Firma, in Auftrag gegeben werden.Überlegt vorgehenAber auch bei der Entfernung von Schimmel gilt es Vorsicht walten zu lassen. Die bereits erwähnten kleinen Verfärbungen kann man selbst mit Hilfe von Ethylalkohol entfernen. Aber bei allem, was über die Grösse einer Hand hinausgeht, sollte ein Profi helfen. Mieter müssen sich um grössere Schimmelstellen nicht selbst kümmern. «Informieren Sie Ihren Vermieter in einem Brief über den Schaden und schicken Sie diesen am besten per Einschreiben», sagt Vassella. Eigentümer dagegen müssen sich selbst Hilfe ins Haus holen. Zuallererst muss die Ursache für den Befall geklärt werden, damit er sich nicht mehr wiederholt. Und dann muss er fachmännisch entfernt werden. Vassella warnt davor, Schimmel bloss zu übermalen, denn «selbst wenn er abgetötet ist, kann er noch Allergien auslösen». Wird er nass entfernt, lösen sich weniger Sporen. Und erst danach soll die ehemals befallene Fläche getrocknet werden. Übrigens hat sich mittlerweile auch das Ehepaar Arnold überzeugen lassen, mit einem Experten über den Eindringling im Wohnzimmer zu sprechen.
*Namen von der Redaktion geändert.
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