Männer als Opfer des Patriarchats
Warum wollen die Männer einfach nicht verstehen, dass sie von der Emanzipation genauso profitieren wie die Frauen?
Sie sind auch in der Juristerei auf dem Vormarsch, die Frauen, und natürlich ist bereits da und dort von einer angeblich feministischen Unterwanderung der Justiz die Rede. Jetzt denkt aber ganz und gar verkehrt, wer meint, dies habe Folgen zulasten der Männer. Es verhält sich gerade umgekehrt: Wenn die Verweiblichung der Justiz überhaupt Folgen hat, dann die, dass Männer davon profitieren. Es ist nämlich davon auszugehen, dass gerade Richterinnen moderner denken und entscheiden als Richter. Zum Beispiel bei Scheidungsprozessen. Da sollten sich Männer unbedingt eine Richterin wünschen, denn diese wird die herrschende Bundesgerichtspraxis, wonach einer geschiedenen Mutter erst dann eine Teilzeitarbeit zugemutet werden kann, wenn das jüngste Kind 10-jährig ist, einigermassen reaktionär finden. Erst recht, wenn sie selbst berufstätige Mutter ist.
Die Richterin wird also nicht automatisch die Meinung vertreten, der Mann habe für seine Frau zu bezahlen, sondern die Frage aufwerfen, weshalb eine geschiedene Mutter von zwei Primarschülern nicht in der Lage sein soll, zumindest teilweise etwas zum eigenen Unterhalt beizutragen. Sie denkt diesbezüglich modern, weil sie selbst ein modernes Leben führt. Sie wird entsprechend urteilen, moderner jedenfalls als der Richter, der die traditionelle Rollenverteilung lebt und für richtig hält.
Die feministische Unterwanderung
Was konkret heisst: Die Justiz wird durch die zunehmende Anzahl Frauen modernisiert, zeitgemässer. Davon profitieren die Männer, die bis jetzt, gerade in Scheidungsprozessen, nicht selten gewissermassen Opfer des Patriarchats wurden: Das von Männern dominierte Bundesgericht zementiert die Geschlechterrollen, wonach die Frau für das Kindeswohl zuständig ist und der Mann für die Finanzierung der Familie. Diese Einstellung erweist sich indes im Scheidungsfall als Bumerang: Dieselben Männer, die Tagesschulen des Teufels finden und postulieren, Kinder gehörten von der Mutter betreut, empören sich, wenn just dieses Weltbild sie zu Zahlvätern degradiert – tatsächlich handelt es sich ganz einfach um die Kehrseite des von ihnen propagierten Gesellschaftsmodells. Einer feministischen Unterwanderung der Justiz daran die Schuld zu geben, ist nicht nur inkonsequent, sondern vor allem falsch.
Die Feministinnen sagten immer schon, dass von der Emanzipation die Männer genauso profitieren würden wie die Frauen. Wenn die Männer es doch bloss erkennen würden.
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