Nahrung als vegane Gewissensbisse
Der Anfang und das Ende des veganen Empfindens und des damit verbundenen Lifestyles ist ein narzisstischer Nahrungsegoismus.

Im Ernst jetzt, Hardcore-Veganer? Ihr wollt euch selber retten, die Tiere und die Welt auch, bringt es aber nicht übers Herz, Insekten wie Wanderheuschrecken, Mehlwürmer und Grillen zu essen, weil sie über ein Empfindungsvermögen verfügten und vielleicht sogar eine kleine Seele?
Das tut weh und lässt den Schluss zu, dass der Anfang und das Ende des veganen Empfindens und des damit verbundenen Lifestyles ein narzisstischer Nahrungsegoismus ist, übergossen mit einer «Wir-retten-die-Welt-Gutmenschen»-Sauce. Dass Milliarden von empfindsamen Insekten einen qualvollen Gifttod im Insektenvernichtungsnebel sterben, damit das Soja danach dem veganen Gewissen und Gedärm wohl bekommt, da heiligt Ideologie und religiöser Nahrungseifer natürlich die Mittel.
Das ist nur ein Grund, warum ich mehr für einen ehrlichen Fleischesser denn für einen verlogenen Veganer empfinden kann. Der Fleischesser weiss, was er tut; Tiere töten, um satt zu werden, egal wie viele. Der Veganer, zwar kein Säugetier-, aber eben doch ein Insektenmörder, verdrängt das, um sich besser zu fühlen und vor allem moralisch überlegen.
«Dürfen Veganer Quallen essen?»
Wie sehr sich die vegane Community vom Urkreislauf des Seins – der «fressen und/oder gefressen werden» schon immer war, der ist und stets sein wird – entfernt hat und sich im purpurnen Land der glücklichen Tiere und sich schlaraffenlandös anbietenden Pflanzen als bessere Menschen fühlt, kann man auch daran ermessen, mit welchen essenziellen Fragen die Szene gerade auf der Suche nach dem Richtigen und Wahren ist: «Dürfen Veganer Quallen essen?» Damit keine Missverständnisse aufkommen: Ich erfinde das hier nicht, auch wenn es so klingen mag. Das hier ist Realität. Die einfache Antwort auf das vegane Quallen-Dilemma ist: Im Grunde schon, da Quallen über kein Gehirn verfügen und also und höchstwahrscheinlich ihren eigenen Tod nicht und schon gar nicht qualvoll empfinden würden.
Wenn sich ein Veganer also mal was gönnen möchte, könnte er Qualle essen, als Salat, als knackigen, getrockneten Snack etwa essen. Aber nein. Es gibt nichts Leichtes im Komplizierten des Veganen. Weil die Qualle zwar vom Typ her eher eine schwimmende Pflanze ist, aber ihre Proteine nicht wirklich pflanzlich sind, oder zumindest nicht sein können, reagieren die meisten Veganer diesbezüglich mit nahrungstechnischer und ideologischer Bisshemmung.
Vielleicht, so hört man da und dort, liegen die veganen Schwierigkeiten im Umgang mit der Qualle auch daran, dass sie sich insgeheim über Quallen freuen und sie als Verbündete im Kampf gegen diese Karnivoren ins Herz schliessen, weil die Quallen ja immer wieder mal das Fleisch von mehrheitlich fleischessenden Touristen an diversen Stränden dieser Welt attackieren, also bestrafen. Ich persönlich kenne allerdings keinen Veganer, der so weit gehen und dies für einen universellen Akt der Gerechtigkeit halten würde, und ich glaube auch nicht, dass Gott den Veganern die Qualle als Waffe zugedacht hat. Was aber alles natürlich nichts heisst in Zeiten, die immer schwerer geniess- und verdaubar werden.
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