Zwei Abende am Offbeat Jazz Festival «Lachen, weinen, tanzen und singen»
Was hat Tango mit Jazz zu tun? Worin besteht der Unterschied zwischen einem Akkordeon und einem Bandoneon? Und wie gelingt eine Reise von Italien über Buenos Aires bis nach Kuba innerhalb von 26 Stunden?

Ein Akkordeon, das die grosse Filmmusik Ennio Morricones aufleben lässt, danach ein Saxofon, das gemeinsam mit einem Bandoneon auf den Spuren des Begründers des Tango Nuevo Astor Piazzolla spielt. Im Rahmen des Offbeat Festival 2021 konnte man am Dienstagabend im Guggenheim in Liestal in die Welt von jazzigem Tango eintauchen und sich ehrfürchtig von den schillernden Kompositionen Morricones berühren lassen.
«Ennio e io»
Der preisgekrönte Akkordeonist Luciano Biondini aus Spoleto bezauberte am Dienstagabend mit wohlharmonierenden Akkorden. Der sich darbietende Balg des schönen Victoria-Instruments eröffnete einen Ausblick auf die Landschaften, in denen die Musik Ennio Morricones spielt. Biondini präsentierte neben Stücken von seinem eigenen aktuellen Album «Senza fine» ausgewählte Kompositionen des Oscar-prämierten italienischen Komponisten Morricone, der 2020 92-jährig starb.

Nach einer kurzen Pause wechselte die bisher romantisch-verträumte Atmosphäre im Guggenheim unmittelbar. Der Komponist und Bandoneonist Marcelo Nisinman stellte mit der Saxofonistin Maja Lisac Barroso das gemeinsame Album «Luft» vor.
Piazzolla Protégé in Basel
«Luft» handelt von der historischen Entwicklung des Tangos. Es präsentiert verschiedene klassische und neuere Tangostücke, eigene Kompositionen sowie ein Werk der Alten Musik: «Danket dem Herrn, denn er ist sehr freundlich» des Organisten und Komponisten Dietrich Buxtehude. Was hat diese barocke Musik mit dem sich im 19. Jahrhundert aus verschiedenen Einflüssen entwickelnden argentinischen Tango zu tun?

Ursprünglich komme das Bandoneon aus Deutschland, wurde im 19. Jahrhundert als Orgelersatz konzipiert, bevor das Instrument die Hauptrolle in den Tango-Orchestern einzunehmen begann, sagt Nisinman während des Konzerts. «Übrigens war Nisinman ein Schüler Piazzollas», sagt die renommierte Schweizer Saxofonistin Barroso beiläufig.
Tango habe etwas Melancholisches, sagt der gebürtige «Porteño» und in Basel lebende Bandoneonist weiter. Die Interpretationen des Duos Nisinman/Barroso lassen an diesem Abend im Guggenheim aber mehrheitlich eine heitere Stimmung aufkommen – unglaublich das Zusammenspiel der beiden.
Von Buenos Aires nach Kuba
Am Dienstagabend im Guggenheim von Italien über Hollywood nach Buenos Aires gereist, am Mittwochabend am Offbeat Jazz Festival in Kuba angelangt: «Ich hoffe, dass ihr heute Abend lachen, weinen und vielleicht sogar tanzen werdet…», sagt Roberto Fonseca zu Beginn seines Konzerts im Volkshaus. Fonseca, der zu den weltweit erfolgreichsten kubanischen Musikern gehört, wurde 2019 mit dem Ordre des Arts et des Lettres – dem höchsten französischen Preis für Kulturschaffende – ausgezeichnet.

Mit Damian Nueva am Bass und Lukmil Perez Herrera am Schlagzeug brachte er das Publikum im Volkshaus mit den Stücken seines neusten Albums «Yesun» auch zum Lachen, auf den Sitzen zum Tanzen, vielleicht im Herzen zum Weinen, aber vor allem zum Singen: «Niña, yo sé que te gusta, Maaambo…», läuft es einem noch weit in die Nacht hinein nach.
Clint Eastwoods Sohn in Basel
Das Offbeat Jazz Festival dauert noch bis im August. Zu den sechs verbleibenden Konzerten gehört der Auftritt von Clint Eastwoods Sohn, des Komponisten und Jazz-Bassisten Kyle Eastwood, am 5. Juli 2021 im Atlantis. Am 9. Juli 2021 tritt das renommierte Astor Piazzolla Quintet im Stadtcasino auf. Dort findet auch das Festivalfinale am 16. August 2021 statt mit der malinesischen Frauenrechtlerin und Musikerin Fatoumata Diawara und ihrer Band.
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