Lage auf La Palma spitzt sich wieder zu Vulkan schlägt erneut Hunderte Menschen in die Flucht
Ein weiterer Lavastrom richtet Zerstörungen auf der Kanareninsel an. Experten befürchten, dass der Vulkan gerade wieder stärkere Aktivität entwickelt.

Die Situation auf der Vulkaninsel La Palma hat sich am Dienstag wieder verschärft Zwischen 700 und 800 Menschen wurden aufgefordert, wegen näher rückender Lava ihre Häuser mit Haustieren und ihren Habseligkeiten zu verlassen und sich auf einem Sammelplatz einzufinden.
Dies berichtete der staatliche TV-Sender RTVE unter Berufung auf das Notfall-Komitee Pevolca. Sie hätten bis 19.00 Uhr Ortszeit (20.00 Uhr MESZ) dafür Zeit. Soweit es die Entwicklung zulasse, dürften Betroffene eventuell auch in den folgenden Tagen begleitet von Sicherheitspersonal zurückkehren, um weiteres Hab und Gut zu retten, schrieb Pevolca auf Twitter.
Seit dem Ausbruch des Vulkans in der Cumbre Vieja vor gut drei Wochen mussten schon rund 6000 Menschen ihre Häuser verlassen. Sie kamen bei Angehörigen in anderen Teilen der Insel oder in Hotels unter.
Nur Stunden vor der Anordnung der Evakuierung war eine Ausgehbeschränkung in derselben Region, die in der Nähe des Gewerbegebiets Callejón de la Gata liegt, aufgehoben worden. Diese war am Vortag vorsorglich wegen eventuell giftiger Dämpfe verhängt worden, weil die bis zu 1200 Grad heisse Lava mehrere Betriebe, darunter auch ein Zementwerk, in Brand gesetzt hatte. Am Dienstag seien jedoch keine Giftstoffe in der Luft gemessen worden, teilte Pevolca mit.
Die jüngsten, stärkeren Erdstösse könnten derweil darauf hindeuten, dass sich neues Magma unter dem Vulkan im Gebirgszug Cumbre Vieja im Süden La Palmas staue, sagte die Geologin Nieves Sánchez der Zeitung «El País». «Es kann sein, dass der Vulkan gerade wieder stärkere Aktivität entwickelt», so die 52-Jährige, die dem wissenschaftlichen Beobachtungsteam angehört. Der Vulkan werde sicher noch länger aktiv bleiben. «Das geht weder morgen noch übermorgen und auch nicht in einer Woche zu Ende», meinte sie.
Neuer Lavastrom zerstört bisher verschonte Flächen
Am Samstag war die Nordflanke des Vulkankegels im Gebirgszug Cumbre Vieja eingestürzt. Die gut 1000 Grad heisse Masse trat aus und zog bisher verschonte Flächen in Mitleidenschaft. Da die betroffene Region schon zuvor evakuiert worden sei, habe niemand zusätzlich in Sicherheit gebracht werden müssen, berichtete der staatliche Fernsehsender RTVE unter Berufung auf die Behörden. Der Vulkan schleuderte eine Aschewolke bis in eine Höhe von 3,5 Kilometern. Es wird erwartet, dass der neue Lavastrom in wenigen Tagen das Meer erreicht.
Die Schäden durch den Vulkanausbruch auf der kleinen Insel werden unterdessen immer grösser. Seit der Vulkan am 19. September erstmals nach 50 Jahren wieder aktiv geworden war, hat die mehr als 1000 Grad heisse Lava bereits knapp 1300 Gebäude zerstört, wie die Behörden mitteilten. 525 Hektar waren am Montag von einer meterdicken Lava-Schicht bedeckt. Diese Fläche entspricht mehr als 700 Fussballfeldern. Rund 6000 Bewohner evakuierter Ortschaften waren weiter in Hotels oder bei Angehörigen untergebracht.
Über 60 Prozent der Oktober-Buchungen storniert
Schwer betroffen ist vor allem der für die Insel immens wichtige Bananenanbau, von dem etwa die Hälfte der Einwohner direkt oder indirekt lebt und der sich schon vor dem Vulkanausbruch in der Krise befand. Auch der Tourismussektor beklagt Verluste.

Zwischen 60 und 80 Prozent der Buchungen für Oktober seien storniert worden, sagte der spanische Abgeordnete des Europaparlaments, José Ramón Bauzá, der Nachrichtenagentur Europa Press. Der Tourismusbeauftragte von La Palma, Raúl Camacho, bemühte sich, Bedenken zu zerstreuen: «La Palma ist eine sichere Insel, auf der nur zehn Prozent der Fläche von dem Vulkan betroffen sind, und die Reiseverbindungen sind sicher.» Wegen der bis in 3,5 Kilometer Höhe reichenden Rauch- und Aschesäule mussten Fluggesellschaften vergangene Woche einige Flüge absagen. Dies kann jederzeit wieder notwendig sein. La Palma ist aber auch in einer vierstündigen Fährfahrt von Teneriffa aus zu erreichen.
Auch Reiseveranstalter reagieren auf die Situation. Der Veranstalter Studiosus hat beispielsweise eine Rundreise, die am 25. Oktober auch nach La Palma führen sollte, umgeplant, sodass die Gäste stattdessen drei Tage auf Teneriffa verbringen. Eine für Anfang November geplante Reise mit einwöchigem Aufenthalt auf der Insel könne man «aufgrund der Schäden an der Infrastruktur und der vielen Sperrzonen» nicht durchführen, schrieb der Veranstalter.
Eine Tierschutzorganisation erneuerte derweil ihren Hilfeaufruf für eine Katze, die offenbar in einem leeren, rundum von Lava umgebenen Wasserbassin eingeschlossen ist. Es sei auf Videoaufnahmen einer Drohne zu sehen, wie die Katze in dem Bassin herumrenne, hatte der Radiosender Cadena Ser am Freitag unter Berufung auf die Organisation Leales berichtet. Man warte weiter darauf, dass die Katze möglichst aus der Luft mit Hilfe einer Drohne mit Nahrung versorgt werde, bis sich der Vulkan wieder beruhigt habe, schrieb Leales auf Twitter. Ob das möglich sein würde, war zunächst unklar.
Fehler gefunden?Jetzt melden.