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«Kritik am Islam sollte keine Grenzen kennen»

«Wenn freie Rede nicht auch für politische oder religiöse Fanatiker gilt, ist sie keine freie Rede», sagt Kenan Malik. Im Bild: Islamisten demonstrieren in London für die Einführung der Scharia (Dezember 2013).

BaZ: Herr Malik, in Ihrer Kritik des Multikulturalismus gehen Sie weit zurück – bis zu Johann Gottfried Herder, dem deutschen Philosophen des späten 18. Jahrhunderts. Was bedeutete Kultur für Herder, und warum ist das für uns heute noch relevant?

Und die Anhänger des Multikulturalismus folgen den Romantikern und betrachten Kulturen ebenfalls als etwas Statisches, das sich nicht ändert?

Multikulturalisten glauben also, Kulturen würden weniger authentisch, wenn sie sich wandeln?

Sie legen sehr viel Wert darauf, zwischen ethnischer und kultureller Vielfalt einerseits und dem Multikulturalismus andererseits zu differenzieren. Warum ist das so wichtig?

Auch der Multikulturalismus ist gemäss Ihnen von oben oktroyiert. Wurde er auch aufgrund intellektueller Trägheit derartig dominant? Für die politischen Eliten stellte er doch eine relativ einfache ­Möglichkeit dar, eine unübersichtliche Gesellschaft scheinbar zu ordnen.

Und was machte das mit den Leuten?

Von rechten Kritikern des Multikulturalismus grenzen Sie sich ausdrücklich ab. Wo liegen die Unterschiede?

«Die Rechte macht Minderheiten für all unsere Probleme verantwortlich.»

Wo würden Sie der Redefreiheit Grenzen setzen?

Wo aber verläuft die Grenze zwischen Beleidigungen und hate speech?

Sehen Sie sich heute noch als Linker, oder sind Kategorien wie «links» und «rechts» ohnehin überholt?

Labour befindet sich heute weitgehend im Griff der Identitätspolitik. Gibt es überhaupt noch eine Partei, die Sie guten Gewissens wählen können?

Sie haben sehr viel über das Todesurteil geschrieben, das der iranische Ayatollah Ruhollah Chomeini 1989 über den britischen Schriftsteller Salman Rushdie verhängte. Spielte die Fatwa für den durchschnittlichen britischen Muslim eine grosse Rolle?

Ethnie und Identität, so schreiben Sie, seien heute wichtiger als Klassenzugehörigkeit und politische Einstellung. Leben wir also in postpolitischen Zeiten?

Wie war das in Ihrer Jugend? Sie wuchsen in den Siebzigerjahren in Manchester auf…

Ist der politische Islamismus ein Kind des Multikulturalismus?

Und Ihre Generation?

Kann es so etwas wie eine britische, französische oder deutsche Identität geben, ein Minimum von Werten und Ideen, auf die sich alle einigen können?

Im deutschsprachigen Raum redet man gern von «Parallelgesellschaften» und stellt diese als Problem dar. Sind sie das – solange alle sich an die Gesetze halten und keiner den anderen stört?

«Die Redefreiheit zu verteidigen, gilt jetzt als rechts, dabei ist es eine linke Position.»

Haben die Probleme, über die wir in diesem Zusammenhang reden, nicht vor allem mit dem Islam zu tun? Niemand hier in England beklagt sich über die mangelnde Integrationsfähigkeit von Hindus oder Sikhs, in Deutschland redet keiner über Vietnamesen und in der Schweiz niemand mehr über die Tamilen.

Dass sich diese Sorgen als unberechtigt herausgestellt haben, muss ja noch nicht heissen, dass es die heutigen Sorgen in Bezug auf den Islam auch sein müssen. Immerhin haben wir es mit islamistischem Terrorismus zu tun.

Wer den Islamismus oder auch den Islam an sich kritisiert, muss sich nicht selten den Vorwurf der Islamophobie gefallen lassen.

In Ihrem Buch nehmen Sie eine scharfsinnige Analyse vor, doch Lösungsvorschläge machen Sie keine. Auch wenn das als Intellektueller nicht unbedingt Ihre Aufgabe ist: Was würden Sie tun?