Kraft zeigt Stärke
Im deutschen Nordrhein-Westfalen wurde am Sonntag über die Zusammensetzung des Parlaments abgestimmt. Wahlsieger ist Rot-Grün, die Liberalen schnitten überraschend gut ab.
Kraft siegt, Röttgen geht: Bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen haben SPD und Grüne eine üppige Mehrheit eingefahren und können nun mit absoluter Mehrheit weiterregieren. Die CDU erlebte hingegen ein beispielloses Debakel und musste das schlechteste Ergebnis aller Zeiten im bevölkerungsreichsten Bundesland hinnehmen.
CDU-Spitzenkandidat Norbert Röttgen nahm alle Schuld auf seine Kappe und kündigte kurz nach den ersten Prognosen seinen Rücktritt als Landeschef an. Wahlsiegerin Kraft will nun fünf Jahre in Düsseldorf regieren und allen Lockrufen widerstehen, 2013 als Kanzlerkandidatin gegen CDU-Chefin Angela Merkel anzutreten.
Deutliche 39 Prozent
Die SPD mit Kraft an der Spitze wurde in NRW am Sonntag klar stärkste Partei, diesmal mit absoluter Mehrheit. Die Sozialdemokraten unter Ministerpräsidentin Hannelore Kraft legten deutlich zu und kamen auf 39,1 Prozent, wie die Landeswahlleiterin in der Nacht zum Montag in Düsseldorf mitteilte. Der erklärte Koalitionspartner, die Grünen, errang 11,3 Prozent. «Wir haben das Richtige getan: Wir haben den Menschen in den Mittelpunkt gestellt», sagte Kraft über den erfolgreichen Wahlkampf der Sozialdemokraten. Parteichef Sigmar Gabriel lobte «Kraft, Stärke und Geschlossenheit» der NRW-SPD.
Die CDU unter Bundesumweltminister Norbert Röttgen sank auf den historischen Landestiefstwert von 26,3 Prozent. Die FDP rettete sich mit 8,6 Prozent deutlich über die Fünf-Prozent-Hürde und zieht damit erneut in den Landtag ein. Ebenfalls im Parlament in Düsseldorf vertreten ist künftig die Piratenpartei mit 7,8 Prozent. Die Linke hingegen scheiterte mit 2,5 Prozent am Wiedereinzug. Seine Niederlage sei klar und eindeutig, sagte Bundesumweltminister Röttgen und räumte ein: «Sie tut richtig weh!» Der Wahlkampf sei ganz auf ihn ausgerichtet gewesen. Daraus ziehe er persönlich die Konsequenzen, sagte Röttgen, der offenbar auch in seinem Wahlkreis in Bonn unterlag. In Berlin zeigte sich Unionsfraktionsgeschäftsführer Peter Altmaier (CDU) zerknirscht, die schwere Schlappe gehe «bis ans Mark unserer Partei».
«Anfang vom Ende von Schwarz-Gelb»
Spitzenkandidatin der Grünen, Sylvia Löhrmann, betonte: «Wir haben uns nicht kirre machen lassen und keine Mätzchen gemacht». Parteichefin Claudia Roth sagte in Berlin: «Heute ist definitiv der Anfang vom Ende von Schwarz-Gelb». Die Abstimmung im grössten Bundesland sei ein «enorm wichtiges Signal» für den Bund.
Die FDP schaffte mit Spitzenkandidat Christian Lindner souverän den Wiedereinzug in den Düsseldorfer Landtag. Die Liberalen gewannen mit 8,5 Prozent (ZDF: 8,5) knapp zwei Punkte hinzu. «Das ist ein grosses Ergebnis für die FDP in Nordrhein-Westfalen, über das sich alle freuen können», sagte Lindner. Der FDP-Vorsitzende Philipp Rösler sagte in Berlin: «Die Menschen hören uns wieder zu, sie vertrauen uns.» Die FDP hatte zuletzt auch in Schleswig-Holstein den Wiedereinzug in den Landtag geschafft.
Freuen konnten sich auch die Piraten, die künftig im NRW-Landesparlament vertreten sind. Sie setzten ihre Erfolgsserie fort und ziehen mit 7,8 Prozent (ZDF: 7,9) nach Berlin, dem Saarland und Schleswig-Holstein in den vierten Landtag in Folge ein. Piraten-Spitzenkandidat Joachim Paul kündigte an, seine Partei wolle nunmehr «konstruktiv mitmachen».
Die Linke scheiterte nach Schleswig-Holstein dagegen mit 2,5 Prozent (ZDF: 2,5) auch in NRW deutlich an der Fünf-Prozent-Hürde. Linke-Vize Sahra Wagenknecht bedauerte die «herbe Niederlage». Alle, die jetzt das Totenglöckchen für die Linke läuteten, hätten sich aber «zu früh gefreut».
Richtungweisend für die Bundestagswahl
Die vorgezogene Wahl war nötig geworden, weil Kraft mit ihrer rot-grünen Minderheitsregierung im März keine Mehrheit für ihren Haushalt bekommen hatte. Deshalb löste sich das Düsseldorfer Parlament selbst auf und setzte eine Neuwahl an.
Im bevölkerungsreichsten Bundesland konnten diesmal rund 13,2 Millionen Bürger über die künftige Zusammensetzung des Parlaments entscheiden. Die Abstimmung im bevölkerungsreichsten Land gilt als richtungweisend für die Bundestagswahl im kommenden Jahr.
Der SPD-Vorsitzende Gabriel sieht in seiner Stellvertreterin Kraft nun auch eine «denkbare Kanzlerkandidatin» der Sozialdemokraten. Die Ministerpräsidentin lehnte einen Wechsel in die Bundespolitik allerdings ab. Sie habe sich im Wahlkampf festgelegt, dass sie ihre Arbeit im Land fortsetzen wolle, sagte die Wahlsiegerin. «Ich bleibe dabei», versicherte Kraft. «Mein Wort gilt.»
AFP/dapd/kle
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