Kosten des Schengeninformationssystems explodieren
Bittere Pille für die EU-Innenminister und die Schweiz: Das Schengeninformationssystem SIS II verschlingt über 140 Millionen Euro und soll frühestens 2013 umgesetzt werden.

Die Empörung beim Treffen der Innenminister in Luxemburg war am Donnerstag gross: «SIS II ist bei der Frage der öffentlichen Sicherheit von grosser Bedeutung», sagte der deutsche Innenminister Thomas de Maizière. Nun müssten sie feststellen, dass sich die Weiterentwicklung von SIS zu SIS II verzögere, dass sie teurer werde und «wir erhebliche Zweifel haben müssen, ob es je zu einem Erfolg führt», so de Maizière weiter.
Österreichs Innenministerin Maria Fekter sprach von einer «exorbitanten Verzögerung». Noch schlimmer sei, dass auch die Qualitätsstandards heruntergesetzt würden. «Es verdichten sich die Indizien auf ein Missmanagement der Kommission», sagte Fekter.
Für das ganze Prozedere habe sie nur «Kopfschütteln» übrig. Nebst den sehr kritischen Stimmen aus Deutschland, Österreich und Frankreich äusserten sich auch Slowenien und die Niederlande skeptisch. Positive Stimmen gab es gar keine. Aber: «Niemand zieht die Reissleine oder zwingt den Hersteller Fakten auf den Tisch zu legen.» Als Entwickler sind Hewlett Packard und Steria tätig.
Kostenexplosion auf 143 Millionen Euro
Auf den genauen Zeit- und Budgetplan der Kommission müssen die Minister noch bis Oktober warten, eigentlich hätte er am Donnerstag vorgestellt werden sollen. Im provisorischen Zeitplan rechnet die Kommission nun mit einer Inbetriebnahme von SIS II frühestens 2013, ursprünglich hätte es 2006 fertig gestellt sein sollen.
Noch «exorbitanter», so Ratskreise in Luxemburg, gestaltet sich das Bild bei den Kosten. Bisher hat die EU-Kommission mit der Systementwicklung 72 Millionen Euro verschlungen. Im neusten Haushaltsansatz der Kommission für das Gesamtprojekt sind nun Kosten von 143 Millionen Euro angefügt. 2001 waren Kosten von 15,5 Millionen Euro für die Entwicklung bis 2006 vorgesehen gewesen.
Ob ein Abbruch des Projekts und eine Entwicklung auf Basis von SIS Erfolg bringen würde, ist nicht sicher. «Ein Upgrading von SIS wäre auch kompliziert», sagte de Maizière. Es wäre nicht so einfach, so Fekter, ein System aus den 1990er Jahren aufzurüsten. Mit der Weiterentwicklung zu SIS II sollen neu auch biometrische Daten wie Fingerabdrücke gespeichert werden können.
Schweiz will Zeitplan
Die Schweiz hat zum Informationssystem als Schengenmitglied ebenfalls Zugang. Sie kann im gemischten Schengenausschuss zwar mit den übrigen Schengenstaaten über schengenrelevante Themen diskutieren, aber nicht abstimmen.
«Die Schweiz verfolgt das Dossier genau und wartet jetzt auf den Zeit- und Budgetplan im Oktober», sagte Botschafter Jacques de Watteville, der die Schweiz am Donnerstag im gemischten Schengenausschuss vertrat.
Wie Deutschland und Österreich pocht die Schweiz auf einen «genauen Zeitplan». Denn damit ergibt sich für das Bundesamt für Polizei (Fedpol) wenigstens eine gewisse Planungssicherheit. Das Fedpol werde vorerst gewisse Projektressourcen abbauen und könnte das Personal dann wieder aufstocken, wenn es mit SIS II weitergehe, hatte Fedpol-Vizedirektor Arnold Bolliger im April dazu erklärt.
SDA/mt
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