Kolumne zu Walliser Busunglück war rechtens
Nach dem Unglück des belgischen Busses im März nannte die Politologin Regula Stämpfli die Strukturen im Herkunftsland als mögliche Ursache. Der Presserat hat Beschwerden gegen die Kolumne zurückgewiesen.

Der Presserat hat mehrere Beschwerden gegen eine Kolumne der Politologin Regula Stämpfli abgewiesen. Der provozierende Text zum Car-Unglück von Siders VS diskriminiere weder das belgische Volk noch würden Tatsachen entstellt, teilte das Ethik-Gremium heute Mittwoch mit.
Regula Stämpfli hatte kurz nach dem Car-Unglück in Siders vom 13. März auf dem Internetportal News.ch eine Kolumne unter dem Titel «Belgisation: Weshalb Unglücke auch politisch sind» veröffentlicht. Darin stellte sie die These auf, es sei kein Zufall, dass es sich beim Unfallwagen um einen belgischen Car handle. Bei dem Unglück starben 28 Personen, darunter viele belgische Schulkinder.
Stämpfli, die selber in der belgischen Hauptstadt Brüssel lebt, begründete ihre Belgien-These mit mehreren Beispielen. Unter anderem schrieb sie, Verkehrsunfälle seien auch strukturell bedingt: «Die Ausbildung, die Kontrolle, die Fahrtechniken, die Ausstattung der Reisebusse sind in Belgien auf dem Niveau eines Drittweltlandes.»
Stämpfli schlug weiter vor, für die europäische Verkehrsinfrastruktur den Begriff «Belgisation» einzuführen. Dies, um «festzuhalten, dass aus einem Land, in welchem alles möglich ist und nie auch nur ein einziger Verantwortlicher seine Strafe absitzen muss (...) nichts wirklich Gutes kommen kann ausser der Schokolade, Moules et Frites sowie ein gewisser surrealer Humor».
Welle der Empörung
Deshalb erlaube sie sich, Folgendes zu rufen: «Typisch. Ein belgischer Reisebusfahrer.» Die Politologin betonte aber auch, dass sie damit auf die Verantwortung der Politik und der Politiker ziele und nicht die einzelnen Menschen prügeln wolle. Stämpflis Kolumne wurde von verschiedenen Medien aufgegriffen und generierte Schlagzeilen wie «Regula Stämpfli beleidigt die Belgier». In den Kommentarspalten der Onlinemedien meldeten sich Hunderte verärgerte Leser zu Wort und warfen Stämpfli Arroganz oder Pietätlosigkeit vor.
Die Empörung gipfelte in einer Anti-Regula-Stämpfli-Gruppe auf Facebook, einer Onlinepetition, die Stämpfli die Akkreditierung als Journalistin entziehen wollte und mehreren Beschwerden an den Presserat.
Unter anderen wandte sich auch eine Belgierin an das Ethik-Gremium. Sie attestierte Stämpfli zwar einige sinnvolle Überlegungen zu den politischen Hintergründen von Unfallen, kritisierte aber die «populistischen Argumentationstechniken» und den «rassistischen Unterton» der Kolumne.
Kritik zielt nicht auf alle Belgier
Der Presserat wies nun alle Beschwerden ab. Die Kritik Stämpflis richte sich nicht gegen die Belgierinnen und Belgier im Allgemeinen, sondern an den Staat, die Verantwortungsträger in Verwaltung und Justiz sowie die Politiker. Und Kolumnistinnen dürften sich durchaus auch polemisch und übertrieben äussern. Denn bereits die Form des Textes der Kolumne bereite die Leser darauf vor, dass sie eine subjektive Bewertung von Ereignissen zu erwarten hätten.
Eine Verletzung der Wahrheitspflicht liegt nach Ansicht des Presserates zudem erst dann vor, wenn die Gefahr bestehe, dass die Leserschaft durch übertriebene Behauptungen und Metaphern getäuscht werde. Dies sei bei Stämpflis Kolumne nicht der Fall.
Der Presserat räumte ein, «dass es nicht von besonderem Fingerspitzengefühl zeugt», die Frage nach den politischen Verantwortlichen zu stellen, noch bevor der erste Schock und die Trauer verarbeitet seien. Die vertretbare Kritik am Zeitpunkt der Veröffentlichung stehe aber in keinem Verhältnis zu den teilweise «unhaltbaren Reaktionen und Repressalien», mit denen Stämpfli eingedeckt worden sei.
SDA/wid
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