Kindsmörder erhält Schmerzensgeld
Magnus Gäfgen entführte und ermordete einen Bankierssohn. Nun erhält er vom deutschen Bundesland Hessen 3000 Euro – weil seine Menschenwürde verletzt worden sei.

Die Empörung ist gross: Ein Kindsmörder bekommt 3000 Euro Entschädigung plus Zinsen. Das Urteil des Frankfurter Landgerichts ist für viele eine Zumutung, doch eine Überraschung ist es nicht. Die Kammer hat nur erneut bestätigt, was schon alle Instanzen bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg festgestellt haben: Die Folterdrohung im Polizeiverhör war rechtswidrig und hat Magnus Gäfgens Menschenwürde verletzt. Seit fast neun Jahren sitzt der Mörder im Gefängnis, hat in Haft sein Jurastudium abgeschlossen – und schöpft seither alle rechtlichen Möglichkeiten aus.
Das aktuelle Verfahren ist dabei nur ein Mosaikstein. Zwar hat sein Anwalt Michael Heuchemer noch nicht entschieden, ob er gegen das Urteil Berufung eingelegt. Doch fest steht: Gäfgen wird sicher keine Ruhe geben – er hat nichts zu verlieren. Seit das Frankfurter Landgericht ihn damals nicht nur zu lebenslanger Haft verurteilte, sondern auch eine besondere Schwere der Schuld feststellte, sitzt er in der Justizvollzugsanstalt Schwalmstadt auf unbestimmte Zeit fest. Trotz seines Geständnisses während der Hauptverhandlung strebt Gäfgen an, dass sein Verfahren wieder aufgerollt wird, ein entsprechender Antrag liegt schon beim Darmstädter Landgericht.
Nicht nur Recht bekommen
Von dem aktuellen Verfahren hatte sich Gäfgen Rückenwind für eine Wiederaufnahme erhofft. Zu hohe Kosten musste er nicht scheuen, da er vorher bereits – in höchstrichterlicher Instanz vor dem Bundesverfassungsgericht – erfolgreich Prozesskostenhilfe eingeklagt hatte. Ob das Urteil vom Donnerstag nun Auswirkungen auf eine Wiederaufnahme des Verfahrens hat, will der Anwalt nicht bewerten. Fest stehe nur, sagte Heuchemer, dass sich das Landgericht seiner Bewertung angeschlossen habe. «Wir haben einen langen Kampf geführt, über viele Jahre und durch viele Instanzen», sagte der Anwalt, «aber wir haben uns letztlich durchgesetzt.»
Tatsächlich hat Gäfgen vor dem Frankfurter Landgericht aber nicht nur Recht bekommen, sondern auch eine kleine Schlappe einstecken müssen. Schliesslich hatte er das Land Hessen auf 10'000 Euro Schmerzensgeld plus Schadensersatz verklagt. Der Vorsitzende Richter Christoph Hefter wies die Klage auf Schmerzensgeld jedoch ab, Gäfgen muss vier Fünftel der Kosten des Verfahrens tragen. Während für eine Entschädigung seinen Angaben zufolge eine gesundheitliche Beeinträchtigung des Klägers keine zwingende Voraussetzung ist, setzt ein Anspruch auf Schmerzensgeld eine Verletzung des Körpers oder der Gesundheit voraus.
Keine Beweise für Traumatisierung
Nach Ansicht des Gerichts konnte Gäfgen nicht beweisen, dass ihn der Beamte während der Vernehmung geschubst und geschlagen habe. Auch konnte der Kindsmörder die Richter nicht davon überzeugen, dass er durch die Gewaltandrohung eine Traumatisierung erlitten hat. Vielmehr seien die Gutachter zu dem Ergebnis gekommen, dass die psychischen Schäden bereits durch das Erleben der Tötung des Jungen und das Einstürzen seines auf Luftschlössern basierenden Selbstbildes zurückzuführen sind, sagte Hefter.
Der Kindsmörder selbst war bei der Urteilsverkündung nicht anwesend. Viele werfen ihm vor, eiskalt zu sein, ohne Emotionen. Doch das wird ihn nicht davon abhalten, weiterhin auf sein Recht zu pochen.
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