StadtjägerKindersoldaten in Siegesfreude
Am Rathaus zeigt ein Wandgemälde, wie sich die Erwachsenenwelt scherzhaft ins Kindliche verdrehen lässt.

Sie stehen für Sieg, Freiheit und Unabhängigkeit der Eidgenossenschaft: die in Goldgelb getauchten Soldaten. Und sie passen irgendwie ausgezeichnet zum Rathaus. Denn das rote Gebäude am Marktplatz nimmt in seiner Bildersprache in vielfältiger Weise Bezug zum Beitritt Basels zur Eidgenossenschaft.
Doch halt! Das ist kein gewöhnlicher Soldatenumzug. Die Soldaten sind keine erwachsenen Männer. Nein, Kinder sind es, die hier als Krieger in halb römischen, halb söldnerischen Uniformen spielerisch einen Sieg feiern. Wir stehen also vor einem Kindertriumphzug, den der unbekannte Maler zwischen 1824 und 1828 an der Vorderfassade des Rathauses angebracht hat.
Kinderumzüge finden sich in der Geschichte und in der Kunst schon früh. Als Amoretten und Begleiter von Eros und Aphrodite kommen sie in der klassisch-griechischen Kunst vor. Von einem Kinderkreuzzug im 13. Jahrhundert ist ebenso die Rede wie von Kindern, die dem sagenumwobenen Rattenfänger von Hameln gefolgt sein sollen.
Später liess die Renaissance Kinderzüge wieder aufleben. So entwarf Hans Holbein (1497–1543) im Jahr 1517 einen Buchumschlag, auf dem triumphierende Kinder nackt wie Putten zu sehen sind. Und Hans Sebald Beham (1500–1550) zeichnete einen schon fast bacchantischen Zug mit unbekleideten bekränzten Kleinkindern, die ihre Führergestalt auf einem Wagen mitziehen.
In Anlehnung an diese augenzwinkernden Bilder ist auch der Kindertriumphzug am Rathaus entstanden. Er ist als beinahe heilig-eidgenössischer Umzug zu verstehen. Voraus ziehen Musikanten: Tambourinspieler, Trommler und engelhaft dargestellte Trompeter. Dann folgen Schwert- und Fahnenträger mit Federbüschen auf ihren Helmen. Den Hauptharst bilden Söldner mit Schwertern, Schilden, Lanzen, Hellebarden und Morgensternen. Sie tragen auf einer Sänfte den Feldherrn, der – mit Bezug zu Wilhelm Tell – eine Armbrust hält.
Es ist nicht das einzige Motiv der scherzhaft ins Kindliche übertragenen Erwachsenenwelt, das in Basel an einer Fassade Gestalt angenommen hat. Am Claragraben 43, dem Gemeindehaus von St. Theodor, findet sich ein weiterer Fries mit jugendfestlichem Charakter: 14 Kinder, als Handwerker in altmodischen Kleidern dargestellt, ziehen in einer Reihe von links über die Hausfassade und treffen auf einen bunten Zug von Musikantenkindern, tanzende Buben und Mädchen mit Blumen im Haar.
Das 1898 entstandene Gemälde stammt von Wilhelm Balmer und Franz Baur – zwei Künstlern, die wenige Jahre später die Fassadenmalerei am Rathaus restaurieren sollten, darunter auch den goldgelben Kindertriumphzug.

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