Britisches KönigshausKeine Versöhnung zur Krönung?
Prinz Harry teilt erneut Hiebe aus: Vater Charles soll einen Geheimpakt mit dem Murdoch-Verlag geschlossen haben. Und Bruder William kassierte angeblich eine Million Pfund für eine fallengelassene Klage.

Wenige Tage vor den Krönungsfeierlichkeiten für seinen Vater hat Prinz Harry die Kluft noch geweitet, die ihn vom Rest der königlichen Familie trennt. In Gerichtsdokumenten, die diese Woche in London geprüft werden, hat Harry unter anderem erklärt, Charles habe zu verhindern versucht, dass er eine Klage gegen das Medien-Empire Rupert Murdochs anstrenge im Zusammenhang mit mutmasslichen Abhöraktionen und anderer Datenerschleichung durch Murdochs Boulevardblatt «The Sun».
Seine Klage zu stoppen gesucht hätten sein Vater und dessen engste Berater, weil Charles als Thronfolger an einem guten Verhältnis zur Murdoch-Presse gelegen habe und er sich für seine Thronfolge und für den Aufstieg seiner Frau Camilla zur Königin eine positive Berichterstattung erhofft habe. Charles habe bewusst «eine Langzeitstrategie verfolgt» in dieser Frage, «um die Medien auf seiner Seite zu wissen», formulierte Harry es.
Zu diesem Zweck habe das Königshaus schon vor längerem einen Pakt mit Murdochs Zeitungen geschlossen, erklärte der Prinz weiter. Erstmals habe er im Jahr 2012 davon gehört. Dabei ging es darum, dass die Royals auf Klagen gegen die entsprechenden Zeitungen verzichten würden, schon um sich selbst peinliche Auftritte im Zeugenstand zu ersparen. Der Verlag versprach im Gegenzug offizielle Entschuldigungen zu einem späteren Zeitpunkt, nach Abschluss einer Reihe noch laufender Verfahren in diesem Bereich.
«Forderung meines Vaters»
Beweise für einen solchen «Geheimdeal» zwischen Murdoch und der Monarchie konnte Harry zwar bisher nicht vorlegen. Und der Verlag selbst bestreitet, dass es etwas Derartiges gibt. Laut Prinz Harry hatte aber seine Grossmutter, die inzwischen verstorbene Königin Elizabeth II., ihren Enkel darin bestärkt, sich ungeachtet irgendwelcher Absprachen gerichtlich zur Wehr zu setzen und nicht einfach stillzuhalten. Auch sein Bruder William habe diese Ansicht 2017 noch geteilt.
Als Harry jedoch zwei Jahre später erste Schritte einleitete, habe sein Vater ihn regelrecht vorgeladen, um ihn zu stoppen: «Ich wurde in den Buckingham-Palast beordert, und es wurde mir klipp und klar gesagt, ich solle die Klage fallen lassen, weil sie ‹Auswirkungen auf die ganze Familie› habe.» Dies sei «ein direkter Wunsch – genauer gesagt eine Forderung – meines Vaters» gewesen damals.
Auch dass sich Prinz William letztlich nicht an die Übereinkunft mit Harry von 2017 hielt, legen die von Harry publizierten Gerichtsdokumente nahe. William habe vom Murdoch-Verlag im Jahr 2020 «eine sehr grosse Geldsumme» erhalten, damit er auf eine eigene Klage gegen Murdoch verzichte, berichtete Harry. Londons «Daily Telegraph» schätzt die Vergleichssumme auf eine Million Pfund.
Von den Royals ist Prinz Harry, der ja inzwischen in den USA lebt, mithin der Einzige, der wegen übler Hacking-Praktiken noch zu Gericht zieht an der Themse. Ausser dem Murdoch-Verlag wirft Harry auch den Verlagen der «Daily Mail» und des «Daily Mirror» Telefonabhöraktionen, Hacking privater Botschaften und andere illegale Schnüffeleien vor.
Das Ganze leitet sich her von der Hacking-Affäre des Murdoch-Blattes «News of the World», das nach Aufdeckung dieser Affäre 2011 eingestellt wurde. Seither hat Murdoch viele Hundert Millionen Pfund allein an Gerichtskosten aufbringen müssen, um mindestens ebenso kostspielige Vergleiche mit Klägern zu erzielen.
Immer neue Hiebe gegen «den Clan»
Harry, der zusammen mit seiner Frau Meghan bis heute erbarmungslos und oft täglich attackiert wird von manchen Boulevardblättern, will sich jedenfalls von seinem «Feldzug für die Wahrheit» nicht abbringen lassen. Kürzlich flog er sogar für ein paar Tage in London ein, um persönlich im High Court zu sein.
Der Prinz wirft dem «teuflischen» Teil der Presse vor, für den Tod seiner Mutter Diana Verantwortung zu tragen. Auch Meghan hätten die betreffenden Verlage an den Rand der Verzweiflung getrieben – ohne dass die königliche Familie, die sich mit den Medien nicht anzulegen wage, ihr zu Hilfe gekommen sei.
Mit wachsender Nervosität verfolgt man bei Hofe die immer neuen Hiebe Harrys gegen «den Clan». Die Einladung zur Krönung von Charles am 6. Mai hat dessen zweiter Sohn zwar angenommen. Aber in jüngster Zeit hat er Charles und Camilla, seiner Stiefmutter, mehrfach schwer zugesetzt.
Seinem Vater hielt er unter anderem vor, ihn im Stich gelassen zu haben und seine Anrufe nicht mehr zu beantworten. Und Camilla hat er bescheinigt, dass sie «gefährlich» und «eine Schurkin» sei. Manche Mitglieder der Familie steckten «mit der Presse unter einer Decke, nur um das eigene Image aufzupolieren», findet er.
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