Keine Schulklasse sass ohne Lehrer da
Zum Schulbeginn zeichnet sich in der Schweiz eine leichte Entspannung punkto Lehrermangel ab. Viele Kantone konnten die freien Stellen dank Quereinsteigern besetzen. Grund zur Sorge gibt es aber noch immer.

Seit Jahren hat die Schweiz mit Lehrermangel zu kämpfen. Nun scheint sich die Situation langsam zu verbessern. Im Kanton Zürich sind eine Woche vor Schulbeginn nur noch einzelne Stellen offen, wie Martin Wendelspiess, Chef des Zürcher Volksschulamtes, der Nachrichtenagentur sda auf Anfrage erklärte. Im Juni noch waren im Kanton Zürich 146 Lehrerstellen für das Schuljahr 2012/13 unbesetzt.
«Die Situation ist auch dank der Quereinsteigerkurse deutlich besser als in den letzten zehn Jahren.» Entwarnen will Wendelspiess aber im Hinblick auf steigende Schülerzahlen nicht. Das Bundesamt für Statistik (BFS) geht in seinen «Szenarien für das Bildungssystem» nämlich davon aus, dass der Kanton bis 2020 rund 13 Prozent mehr Primarschülerinnen und -schüler zählen wird.
Verschnaufpause, aber keine Entwarnung
Aufatmen dürfte auch der Kanton Aargau. Im Mai verzeichnete er noch 276 offene Stellen für Lehrkräfte. Bis auf «ein paar wenige Kleinstpensen» seien alle Stellen besetzt, sagte Regierungsrat Alex Hürzeler am Montag vor den Medien in Baden AG.
Er führt die gestiegene Attraktivität des Lehrerberufs auf «lohnrelevante und arbeitsentlastende Massnahmen» zurück. Zugleich wurden im Kanton Aargau erneut mehr Lehrkräfte aus Deutschland und Österreich und auch Quereinsteiger eingestellt.
Beat W. Zemp, Zentralpräsident des Dachverbands Schweizer Lehrerinnen und Lehrer (LCH), warnt jedoch davor, aufzuatmen. Weder Studierende im Klassenzimmer noch Quereinsteigende könnten die rund 30'000 Lehrerinnen und Lehrer ersetzen, die in den kommenden zehn Jahren pensioniert würden. Es brauche mehr junge Menschen, welche die reguläre Lehrer-Ausbildung absolvierten.
Zwar beobachte er eine «Trendwende zum Guten», weil die Pädagogischen Hochschulen (PH) mehr Anmeldungen verzeichneten - «aber nicht genug, um nachhaltig den Lehrermangel zu lösen», sagte Zemp auf Anfrage.
Vor zwei Jahren hat der Kanton Aargau zusammen mit den beiden Basel und Solothurn Massnahmen ergriffen, um den Lehrerberuf attraktiver zu machen. Mit Erfolg: An der PH der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) haben sich 2012 rund 14 Prozent mehr Personen für ein Studium angemeldet als im Rekordjahr 2011.
Wenig Auswahl
Im Kanton Bern, wo sich am Montag rund 100'000 Kinder und Jugendliche hinter ihre Pulte geklemmt haben, konnten alle offenen Stellen mit Lehrerinnen und Lehrern mit der regulären Ausbildung besetzt werden, wie Martin Werder, Sprecher der Erziehungsdirektion, erklärte.
Einzig zwei Teilzeitstellen konnten bis Schulbeginn nicht besetzt werden. Problematisch sei jedoch die mangelnde Auswahl - und dieses Problem werde sich künftig noch verschärfen. Dem bernischen Erziehungsdirektor Bernhard Pulver machen zudem die guten Zürcher Lehrerlöhne zu schaffen, wie er vergangene Woche vor den Medien erklärte.
Und auch im Kanton Luzern sitzt keine Klasse ohne Lehrer da. Charles Vincent, Vorsteher der Dienststelle Volksschulbildung beim Kanton, beobachtete gar eine entschärfte Situation auf Sekundarstufe. Dort seien die Schülerzahlen rückgängig, sagte er auf Anfrage. Dafür sei es schwieriger gewesen, Primarlehrer zu finden.
Dramatische Situation bei Heilpädagogen
Wenn auch fast alle Stellen besetzt sind und keine Klasse ohne Lehrperson ist, so sind nicht alle Verantwortlichen von der Qualität ihrer neuen Lehrkräfte überzeugt. «Die Profile der Bewerberinnen und Bewerber entspricht in vielen Fällen nicht den Stellenanforderungen der Schule», erklärte Zemp.
Der Verband Schulleiterinnen und Schulleiter Schweiz (VSLCH) hatte im Juni mitgeteilt, dass gemäss einer Umfrage viele Schulleiter gezwungen seien, Stellen mit unzureichend qualifizierten Lehrpersonen zu besetzen.
Problematisch war gemäss der Umfrage die Suche nach Kindergärtnerinnen und Kindergärtnern und nach Lehrpersonen für die Sekundarstufe I. Als dramatisch wurde die Situation bei den schulischen Heilpädagoginnen und -pädagogen bezeichnet. Der VSLCH gab auf Anfrage diesbezüglich keine Entwarnung.
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