Keine Konkordanz in der Konkordanz
Vor den Bundesratswahlen Geburtsstunde der Konkordanz, TA vom 12. 12. / Ein knallhartes Machtspiel, TA vom 10. 12. / (und weitere Berichte) Mit allen Mitteln zur Macht. Es wird in letzter Zeit kaum mehr über politische Sachthemen diskutiert oder gestritten, sondern vermehrt auf politisch engagierte Personen geschossen, die bei gewissen Hitzköpfen aus etwelchen Gründen in Ungnade gefallen sind. Auch wenn es uns in der Schweiz im Vergleich zur grossen übrigen Welt noch verhältnismässig gut geht, sollten die politischen Kräfte für die Lösung anstehender Sachfragen eingesetzt werden und nicht zu zielloser Brandmarkung von Personen. Vielen politischen Leitfiguren geht es nicht mehr darum, durch seriöse Sachpolitik Lösungen im Gesamtinteresse zu erarbeiten, sondern lediglich darum, mit allen möglichen und unmöglichen Ränkespielen zu Macht zu gelangen – schlicht und einfach vermessen. Ebenso ist es unverständlich, betreffs Bundesratswahlen auf einem «Machtverteilschlüssel» zu beharren, der vor 52 Jahren erstmals in dieser Form angewandt wurde. Wir schreiben das Jahr 2011 und sollten nun die politischen Verhältnisse anhand der eidgenössischen Wahlen vom 23. Oktober 2011 berücksichtigen. Die Stimmbürgerschaft hat sich ganz klar geäussert. Die «Konkordanz 2011» heisst anhand der aktuellen Volksmeinung, dass zwei Bundesratsmandate an die politische Mitte gehen (derzeit 1× CVP, 1× BDP), zwei Bundesratsratsmandate an die Linke (2× SP) und drei Bundesräte an die politische Rechte (FDP, SVP). Da die SVP von der politischen Rechten die stärkere der beiden Kräfte ist, würden ihr zwei Sitze, der FDP ein Sitz zufallen. Das setzt allerdings voraus, dass auch die SVP eine konsensfähige Nomination erbringt, was man ja von allen Parteien erwarten darf. Die erwähnte Sitzverteilung wird dem geäusserten Wählerwillen am gerechtesten. Wahlbehörde ist die Vereinigte Bundesversammlung, welche nach diesem Verteilschlüssel die Wahlen vornehmen sollte – nicht drohende Parteipräsidenten oder Partei-Polterer. Schliesslich sind die Bundesräte primär der ganzen Stimmbürgerschaft und nicht ihren Parteien verpflichtet. Stefan Treier, Effingen (N)eidgenössische Konkordanz. Das Wort Konkordanz kommt vom lateinischen concordare (=übereinstimmen). Man könnte also auch von Übereinstimmung sprechen. Aber Konkordanz wirkt irgendwie eleganter, insbesondere im Bezug auf Bundesratswahlen. Es fragt sich nun, womit hier Übereinstimmung erzielt werden soll. Unsere Politikerinnen und Politiker haben noch keine Konkordanz (Übereinstimmung) erreicht: Divergenz (Abweichung) ist angesagt. Beispiele: Konkordanz ist gegeben, wenn a) die Sitzverteilung mit der Stärke der Parteien übereinstimmt; b) niemand abgewählt wird; c) es für das linke Parteienspektrum stimmt. Das nennt sich dann inhaltliche Konkordanz. Warum macht es so viel Mühe, Konkordanz in der Konkordanz herbeizuführen? Bis in die 90er-Jahre war das kein Problem. Drei etwa gleich starke Parteien und eine etwas kleinere teilten den «Kuchen» unter sich auf, und alle waren zufrieden. Seither aber ist die vormals kleinere Partei zur grössten geworden. Die vormals grössten akzeptieren das nicht und haben sich gegen den Emporkömmling verschworen. Auch wenn Teile davon durchaus mit der neuen Grossen einverstanden sind und alle profitieren (ohne sie wären wir längst in der EU auf- und vielleicht untergegangen), es wird dagegengehalten auf Teufel komm raus. Erklären lässt sich das vielleicht mit einer sehr menschlichen Regung, dem Neid der Besitzlosen. Ist die Eidgenossenschaft zur Neidgenossenschaft geworden? Walter John, Kirchdorf Die Besten und die Stärksten. Was soll das dauernde Gerede um Angriffe? Geht es nicht um Wahlen und darum, dass die besten und von mir aus auch Kandidaten aus den stärksten Parteien gewählt werden? So scheint es in Bundesbern schlicht undenkbar, dass zum Beispiel beide FDP-Bundesräte abgewählt und durch SVP-Bundesräte ersetzt werden. Warum denn? Ueli Benz, Zürich Inhalt, Stil und Integrität. Bei rein arithmetischer Betrachtungsweise der Stärken in der Vereinigten Bundesversammlung hätte das rechte Lager (SVP inklusive Berücksichtigung der beiden Lega-Nationalräte und des MCG-NR sowie des Ständeratssitzes von Thomas Minder) theoretisch knapp Anrecht auf zwei Bundesratssitze. Die SVP hat sich selber in ihre heute missliche Ausgangslage begeben. Es hat unter anderem mit der Abwahl von Ruth Metzler im Jahre 2003 und dem Rauswurf von Eveline Widmer-Schlumpf 2007 aus der SVP zu tun. Dass sich die SVP nun auch mit ihrer unglücklichen Nomination von Bruno Zuppiger in die Nesseln gesetzt hat, lässt die Ernsthaftigkeit ihrer Forderung nach einem zweiten Sitz bezweifeln. Die Exekutivwahlen zeigen nun auch auf Bundesebene zu Recht auf, dass für die Wahl der durch die Parteien vorgeschlagenen Personen deren Integrität, aber auch der Politinhalt sowie der Politstil der nominierenden Parteien eine eminente Rolle für erfolgreiche Wahlen spielen. Beat Murer, Luzern Pensionierter Leiter Wahlen und Abstimmungen der Stadt Luzern Gesetzestreu müssen sie sein. Ob jetzt der SVP-Mann Hansjörg Walter Bundesrat wird oder ein anderer SVP-Kandidat, ist nicht so wichtig. Wichtig ist, dass sich ein neuer Bundesrat, ob links oder rechts, sich wie wir Bürger an die Vorschriften und Gesetze hält. Wird der neue Bundesrat oder die Bundesrätin sich endlich an die Kriegsmaterialverordnung und das Kriegsmaterialgesetz halten? Waffenexporte an Krieg führende Staaten sind auch mit der Neutralität der humanitären Schweiz nicht vereinbar. Vom Januar bis September dieses Jahres verkaufte die Schweiz jedoch mit dem Segen des Bundesrats vielen Staaten, die in Afghanistan und dann auch in Libyen Kriege führten, immer noch Rüstungsgüter. Heinrich Frei, Zürich Internationalität ist Voraussetzung. Ich reibe mir die Augen, wenn ich lese, dass die SVP-Bundesratskandidaten mit Attributen wie leutselig und umgänglich angepriesen werden. Sollte ein Bundesratsanwärter in der heutigen Zeit nicht besser über sehr gute Sprachkenntnisse in Englisch und Französisch verfügen, um auf dem internationalen Politparkett bestehen zu können? Ex-Bundesratskandidat Zuppiger sagte, er müsste noch Intensivkurse in Französisch und Englisch belegen. Kandidat Hansjörg Walter habe ich im Radio Französisch sprechen gehört. Mir wurde angst und bange. Elisabeth Schlatter, Zürich Widmer-Schlumpf soll verzichten. Die Bundesratswahlen wären ohne Geplänkel möglich, wenn sich alle an die Konkordanz halten würden: SVP 2 Sitze, SP 2 Sitze, FDP 2 Sitze und CVP 1 Sitz. Das heisst, um nicht eine Konkordanzbrecherin genannt zu werden, verzichtet Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf im Interesse aller Bundesratsparteien freiwillig auf ihren Sitz. Wenn das nicht der Fall ist, dann müsste/würde die Konkordanz entweder von SP oder FDP gebrochen. Guido Noth, Volketswil Höchstens einen SVP-Bundesrat. Das Wort Konkordanz bleibt mir im Hals stecken. Allein um die Konkordanz zu berücksichtigen, könnten sogar absolut ungeeignete Personen in den Bundesrat gewählt werden. Da wurde in neuster Zeit sogar ein Bundesrat abgewählt, weil «als nicht geeignet» befunden. Der wurde vom Volk mehrmals als Ständerat nicht gewählt, obwohl sich die Partei immer wieder brüstet: «Wir haben einen Vertrag mit dem Volk.» Und was hat die SVP für die kommenden Bundesratswahlen getan? Einen absolut ungeeigneten Nationalrat vorgeschlagen – den sie zuvor nicht genaustens geprüft hat. Das wird dazu führen, dass morgen Mittwoch keine zwei SVP-Vertreter in den Bundesrat gewählt werden. Hans Scholl, Zürich Walter würde sich blamieren. Die Genfer Tageszeitung «Le Temps» weist am 10. Dezember 2011 in Bezug auf Konkordanz auf einen Aspekt hin, der in der deutschsprachigen Schweiz kaum erwähnt wird: die schlechten Französischkenntnisse vieler deutschsprachiger Parlamentarier und Magistraten in Bern. «Spitzenreiter» sind dies-bezüglich die SVP-Repräsentanten. Der neu gewählte Nationalratspräsident Hansjörg Walter sei nach seiner Wahl unfähig gewesen, auch nur einen einzigen französischen Satz korrekt vorzutragen. Wenn die wählerstärkste Partei unseres Landes unermüdlich auf die Einhaltung der Konkordanz pocht, ist das aus der Sicht unseres Systems absolut verständlich. Aber in der mehrsprachigen Schweiz darf sich Konkordanz nicht in Arithmetik er-schöpfen. Für den nationalen Zusammenhang unseres Volkes müssen Magistraten und Parteipräsidenten eine zweite Landessprache beherrschen. Daraus erwächst Konkordanz. Hansjörg Walter finde ich – obwohl ich nicht in seinem Parteispektrum beheimatet bin – umgänglich, konsensfähig und sympathisch. Wenn ich ihm böse wollte, würde ich ihm wünschen, als Bundesrat gewählt zu werden. Dann würde er sich nämlich jenseits der Saane bald blamieren. Wenn die SVP darauf pocht, dass die Konkordanz wiederhergestellt wird, dann bitte mit Kandidaten, die des Französischen mächtig sind! Fredy Hägi, Sursee Wahl durch das Volk. Man kann ja als politisch interessierter Mensch nicht einfach abschalten, obwohl dies aufgrund der täglichen degoutanten Berichte im Hinblick auf die Wahlen am Mittwoch mehr als nur nötig wäre. Auch wenn dies – für Schweizer Verhältnisse – ein völlig ketzerischer Gedanke ist: Hat noch niemand gemerkt, dass die Zeit für ein präsidiales System fällig ist? Abgesehen von den obigen Ausführungen zur kommenden Bundesratswahl, die Grund genug für einen Systemwechsel wären: Limousine mit Privatchauffeur, Generalsekretär und Privatsekretär, Pressesprecher, PR-Büros en masse etc. – und das alles mal sieben. Dazu ein Heer von Sicherheitsbeamten für die sieben Magistraten. Egal welche Partei: Sind sich diese Damen und Herren Politiker überhaupt bewusst, was für ein Affentheater sie mir als Bürger zumuten? Auf jeden Fall muss jetzt zumindest die Wahl des Bundesrats durch das Volk angenommen werden. Alles andere wäre fahrlässig. Oscar Rufer, Zürich «Unsere Politiker haben noch keine Konkordanz erreicht; Divergenz ist angesagt.» «Für den nationalen Zusammenhalt unseres Volkes müssen Magistraten und die Präsidenten der Parteien eine zweite Landessprache beherrschen.» Bildlegende. Foto: Vorname Name (Agentur)
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