Kundenweihnacht abgesagtKein Weihnachtsessen für Armutsbetroffene
Dieses Jahr erhalten die Gäste des beliebten Anlasses lediglich ein Geschenkpaket – coronabedingt.

Am Weihnachtsabend bildet sich normalerweise ab 16 Uhr eine Warteschlange vor dem Union in der Klybeckstrasse. Viele kommen bereits eine halbe Stunde vor Einlass, um ihren Stammplatz im Saal zu ergattern. Das zeigt: Die Kundenweihnacht ist überaus beliebt und gehört bei vielen Einsamen und Armutsbetroffenen in Basel zu den fixen Terminen in ihrer Agenda. Nicht aber dieses Jahr. Der Weihnachtsabend, der jeweils im Saal des Union mit gegen 300 Gästen durchgeführt wird, muss aufgrund der Covid-19-Pandemie abgesagt werden.
Kein festliches Essen also, keinen Kartoffelsalat mit Schinkli, kein Dessert. Vor allem aber keine Geselligkeit, keine warmen Stunden, keine Musik und keine Andacht. Das ist bitter, jedoch unumgänglich.
Geschenkpaket ohne Socken
«Der Entscheid, die Kundenweihnacht abzusagen, wurde bereits vor den Herbstferien gefällt», sagt Stefan Plattner vom Vorstand Kundenweihnacht. Die Situation habe damals gerade wieder begonnen, schwierig zu werden. Und so, wie sich die Infektionszahlen derzeit präsentierten, sei eine Durchführung ohnehin undenkbar. Dies allein schon aufgrund der 50er-Personengrenze. Kommt hinzu, dass von den Gästen viele zur Risikogruppe gehören und gefährdet sind.
Auch wenn der gesellige Anlass an der kommenden Weihnacht wegfällt, werden die «Kunden» das Geschenk, das ihnen normalerweise jeweils nach der Feier abgegeben wird, auch dieses Jahr erhalten. Die Gaben werden dieses Jahr per Post verschickt, und zwar eher an etwas mehr, nämlich an 380 Leute. Im Paket finden sich Honig, Salami, Schokolade und Läckerli, aber auch Desinfektionsmittel sowie eine Karte mit der Weihnachtsbotschaft.
Im Weihnachtspaket nicht dabei sind die beliebten handgestrickten Socken, die Frauen aus dem regionalen Umfeld der Veranstalter jährlich produzieren. «Wir kennen die Fussgrössen unserer Kunden nicht», so Plattner. «Die Strümpfe werden an der Veranstaltung jeweils in einer Fassstrasse von den Gästen in der richtigen Grösse ausgewählt.» Da dies jetzt nicht möglich ist, können die beliebten Socken erst im kommenden Jahr wieder verteilt werden.
Durch Spenden finanziert
Das Budget der Kundenweihnacht beträgt normalerweise um die 20’000 Franken. Dieses Jahr dürfte dieses nur zur Hälfte aufgebraucht werden. Ein grösserer Teil davon wird für die Versandkosten benötigt.
Der Anlass wird von Mitgliedern des CVJM Kleinbasel durchgeführt, zusammen mit anderen Freiwilligen. Am Abend selbst kümmern sich jeweils rund fünfzig ehrenamtliche Mitarbeitende um das Wohl der Gäste.
Finanziert wird der Anlass durch Spenden, die hauptsächlich von BaZ-Leserinnen und -Lesern geleistet werden. «Jährlich sind das regelmässig gegen 12’000 Franken, die wir so erhalten», sagt Plattner. Die Lieferanten seien mit ihren Preisen grosszügig, da es sich um keinen kommerziellen Anlass handle.
Die Gäste, die teilweise seit vielen Jahren an die Kundenweihnacht kommen – eigentliche «Stammgäste», so Plattner – werden eingeladen. Ausserdem wird auf den Anlass bei sozialen Einrichtungen hingewiesen. Auch wenn es sich um eine christliche Feier handelt, heisst das nicht, dass nicht auch Angehörige anderer Religionen willkommen sind.
Es ist nicht das erste Mal, dass die Kundenweihnacht, die dieses Jahr ihr 125-Jahr-Jubiläum feiert, abgesagt werden muss: Vor exakt hundert Jahren, 1920, konnte der Anlass ebenfalls nicht durchgeführt werden. Der Grund war ebenfalls eine ansteckende Krankheit: die spanische Grippe.
Spenden für die Geschenkpakete/Kundenweihnacht können nur auf das Postcheck-Konto der BaZ 40-2393-9 mit dem Vermerk «Kundenweihnacht» überwiesen werden. Es sind sowohl kleine als auch grosse Beiträge willkommen.
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