Vorfälle im Erzbistum MünchenKardinal Marx entschuldigt sich nach Missbrauchsgutachten
«Wir sehen ein Desaster», sagt der Erzbischof heute und verlangt eine Erneuerung der Kirche. Aber personelle Konsequenzen zieht er nicht.

Als Reaktion auf das erschütternde Missbrauchsgutachten im Erzbistum München und Freising hat Kardinal Reinhard Marx Betroffene wie Gläubige erneut um Entschuldigung gebeten und eine Erneuerung der Kirche gefordert.
«Wir sehen ein Desaster», sagte Marx am Donnerstag in München mit Blick auf das vor einer Woche vorgelegte Gutachten zum sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen im Erzbistum. «Wer jetzt noch systemische Ursachen leugnet und einer notwendigen Reform der Kirche in Haltungen und Strukturen entgegentritt, hat die Herausforderung nicht verstanden.»
Personelle Konsequenzen zog Marx dabei zunächst nicht. Jeder Verantwortliche solle selbst prüfen, wo er sich schuldig gemacht und welche Folgen er daraus zu ziehen habe, sagte er.
Die Gutachter werfen auch dem Erzbischof selbst zwei Fälle von Fehlverhalten beim Umgang mit Verdachtsfällen vor. Er werfe sich vor, dass er engagierter hätte handeln können und ein einem Fall nicht aktiv auf Betroffene zugegangen zu sein, sagte Marx. Es sei für ihn persönlich unverzeihlich, die Betroffenen übersehen zu haben. «Ich war und bin nicht gleichgültig.» Marx bot dem Papst allerdings nicht, wie von manchen erwartet, ein zweites Mal seinen Rücktritt an, betonte jedoch: «Ich klebe nicht an meinem Amt.»
Reformen sind nötig
Allerdings seien Reformen für ihn unabdingbar, betonte Marx: «Es gibt keine Zukunft des Christentums in unserem Land ohne eine erneuerte Kirche!» Nach der Lektüre des Gutachtens sei er erneut erschüttert und erschrocken, vor allem über das Leid der Betroffenen, aber auch über Täter und Beschuldigte und über das Verhalten von Verantwortlichen. «Für mich ist die Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs Teil einer umfassenden Erneuerung und Reform, wie das der Synodale Weg aufgegriffen hat.»
In Deutschland gehören noch knapp 27 Prozent der Bevölkerung der katholischen Kirche und gut 24 Prozent den evangelischen Landeskirchen der EKD an. Jahr für Jahr verlieren die grossen Kirchen hunderttausende Mitglieder. Mehr als 40 Prozent der Bevölkerung sind laut Forschungsgruppe Weltanschauungen in Deutschland (fowid) ohne Religionszugehörigkeit.
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