Kampf um die letzten alten Riesen
Grossrat Thomas Grossenbacher (Grüne) kritisiert die Regierung, sie tue zu wenig für wertvolle Bäume.

Alte, wertvolle Bäume sollen keinen besonderen Schutz erhalten. In einem Antwortschreiben auf eine Interpellation von Thomas Grossenbacher (Grüne) schreibt der Regierungsrat, dass das bestehende Baumschutzgesetz ausreichend sei. Doch diese Haltung teilen Baumschützer nicht. Das Gesetz werde zu lasch interpretiert, so der Vorwurf. Tatsache ist: In den vergangenen zwanzig Jahren verschwanden auf dem Stadtgebiet viele alte oder ältere Bäume, meist wenn es um Bauprojekte oder Strassensanierungen ging. Heute kennt Basel höchstens noch zehn Bäume, die über 200 Jahre alt sind. Doch auch deren Erhalt ist bedroht.
Gegen dieses Verschwinden der alten Riesen aus der Stadt würde nur ein verstärkter oder speziell für alte Bäume geltender Schutz helfen, sagt Grossenbacher. Andere Kantone kennen zum Beispiel den Status eines Naturdenkmals. Die Regierung aber sieht das anders. «Neben der Pflege der rund 26 000 Stadtbäume werden grosse Anstrengungen unternommen, alte, historisch, gestalterisch und ökologisch wertvolle Baumbestände in Parkanlagen zu erhalten.» Das trifft auf Bäume wie die alte Blutbuche im Schützenmattpark zu. Was aber mit den alten, wertvollen Bäumen entlang den Strassen passiert – zum Beispiel mit dem einzigartigen Nussbaum an der Burgfelderstrasse –, darauf geht der Regierungsrat nicht ein.
Sicherheit als Killerargument
Der Kanton ist der Ansicht, dass er auch auf Privatarealen genug für den Baumerhalt tut. «Für Private gibt es die Möglichkeit, Subventionen für die fachgerechte Pflege von Altbäumen zu beantragen», schreibt Regierungsrätin Elisabeth Ackermann (Grüne). Die Stadtgärtnerei lege grossen Wert darauf, Baumeigentümer hinsichtlich des Themas frühzeitig zu sensibilisieren und zu beraten. «An Begehungen und in Gesprächen kann immer wieder erreicht werden, dass Baumeigentümer zum Schluss kommen, Bäume nicht zu fällen, sondern langfristig zu pflegen», so Ackermann.
Dennoch ist es Tatsache: Jedes Jahr werden Bäume, auch ältere, gefällt. Fast immer wird mangelnde Sicherheit als Grund angegeben. In Alleen wie beispielsweise beim Eglisee-Gartenbad sind bereits Rosskastanien entfernt worden.
2018 kam es zu 59 Fällgesuchen, wie die Regierung sagt, über die Bewilligungen jedoch könne aus administrativen Gründen keine Auskunft gegeben werden. «Es ist aber davon auszugehen, dass die effektive Zahl der jährlich gefällten Bäume angesichts der Zahl von rund 50 000 Stadtbäumen vergleichsweise äussert gering ausfällt.»
Alte Bäume wichtig für die Stadt
Grossenbacher sagt, er sei enttäuscht von der Haltung der Regierung. «Sie machen es sich einfach. Sie schreiben überall, das Baumschutzgesetz sei ausreichend. Der Eindruck vieler hingegen ist, dass noch stabile und gesunde Bäume gefällt werden. Ab wann ein Baum wirklich als krank gelten soll und damit eine tatsächliche Gefahr von ihm ausgeht, ist unter Fachleuten umstritten. Es gibt bei den Behörden eine sehr widersprüchliche Haltung, was die Gesundheit der Bäume anbelangt.»
Mit einer neuen Motion will er das Thema «Mehr Schutz für alte Bäume in Basel» nochmals aufnehmen. «Alte Bäume sind für das Stadtklima wie auch als Individuen um einiges wertvoller als junge Bäume», so Grossenbacher. «Um eine hundertjährige Eiche mit ihrem ökologischen Gesamtwert ersetzen zu können, müssen hundert zehnjährige Eichen gesetzt werden. Eine Buche mit 800 000 Blättern verarbeitet beispielsweise 2400 Gramm Kohlendioxid pro Stunde.»
Mit der fortschreitenden baulichen Verdichtung innerhalb des Siedlungsgebietes werden die Bäume eine noch viel wichtigere Rolle spielen, ist Grossenbacher überzeugt. In den Parks werden sich noch mehr Menschen aufhalten, noch mehr Leute werden in den Strassen unterwegs sein. Junge Bäume, auch wenn sie in grosser Zahl gepflanzt werden, können alte und ihre Wirkung nicht annähernd ersetzen. «Auch was den Schatten anbelangt, sind ältere Bäume sehr wertvoll», sagt Grossenbacher. «Wenn die Stadt sich künftig aufgrund des Klimawandels weiter aufheizt, bedeutet die kühlende Wirkung durch alte Bäume also auch in diesem Bereich mehr Lebensqualität.»
Es fehlen Waldschutzreservate
Zwar sind die Spitzahorne rund um den Tellplatz noch nicht so alt, doch Grossenbacher kritisiert erneut das Sanierungsprojekt des Bau- und Verkehrsdepartements, welches alle Bäume am Platz fällen will. Die Regierung hingegen hält in der Interpellationsbeantwortung an ihren Plänen fest: «Die Belagsanierungsarbeiten bieten die Gelegenheit, die Baumstandorte grundlegend zu verbessern sowie einen Baumartenwechsel vorzunehmen und so für einen langfristig gesunden und widerstandsfähigen Baumbestand auf dem Platz zu sorgen», schreibt Regierungsrätin Elisabeth Ackermann (Grüne) in ihrer Antwort. Pro Natura hat gegen die Baumfällungen Einspruch erhoben.
Weiterer Widerstand gegen die regierungsrätliche Naturschutzstrategie kommt vom WWF. Dieser lehnt die «Vernehmlassung Waldentwicklung» ab, ein Dokument, um das am Verhandlungstisch schon jahrelang gerungen wird, weil Naturschutz und Behörden sich nicht einigen können (BaZ berichtete).
Dossiers überarbeiten
«Grundsätzlich begrüssen wir es, dass die wirtschaftlich unbedeutende Holznutzung im Kanton Basel-Stadt keine Vorrangfunktion mehr besitzen soll», sagt Jost Müller vom WWF Region Basel. Der geltende Waldentwicklungsplan aus dem Jahr 2003 habe vorgesehen, zehn Prozent der Waldfläche als Waldreservat auszuscheiden, wofür offenbar auch Bundesgelder geflossen seien. «Es wurde in den vergangenen fünfzehn Jahren jedoch kein einziges Waldreservat planungsrechtlich gesichert. Darum lehnen wir diesen Plan ab», so Müller.
Für die Behörden bedeutet dies, dass sie das Dossier nochmals überarbeiten müssen, das schon seit über fünfzehn Jahren auf die Umsetzung wartet. Und auch der Schutz für alte Bäume kommt wieder auf den Tisch.
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch