Johnson trifft EU-Chefdiplomatin
Die neue britische Regierung gibt sich aktiv. Handelsminister Fox forciert Verhandlungen mit Partnerländern, Aussenminister Boris Johnson führt erstmals Gespräche mit Federica Mogherini.

Der neue britische Aussenminister Boris Johnson und EU-Chefdiplomatin Federica Mogherini kommen am Tag vor dem Rat der EU-Aussenminister in Brüssel zusammen, an dem Johnson nach seiner Ernennung am vergangenen Mittwoch zum ersten Mal teilnimmt.
Der frühere Londoner Bürgermeister war eine der Galionsfiguren der Brexit-Bewegung. Ein ursprünglich für Sonntagabend geplantes Abendessen der 28 EU-Aussenminister zu den Folgen des britischen Austritts für die Aussen- und Sicherheitspolitik wurde am Freitag abgesagt.
Diplomaten zufolge waren mehrere EU-Länder gegen ein solches Treffen, weil es als Aufnahme «informeller Verhandlungen» mit Grossbritannien verstanden werden könnte. EU-Linie ist es, erst nach der offiziellen Austrittserklärung Londons über die Modalitäten des Ausstiegs aus der Union zu sprechen.
Gespräche über Handelspakte
Generell dringt die neue britische Regierung auf eine rasche Klärung wichtiger Handelsbeziehungen nach dem Brexit-Votum. Handelsminister Liam Fox kündigte in der Zeitung «Sunday Times» Neuverhandlungen mit Partnerländern an. Dazu werde er bald in die USA reisen.
Mit Kanada habe er bereits am Freitag «sehr erfolgreiche» Handelsgespräche geführt. Fox strebt nach eigenen Worten rund ein Dutzend Vereinbarungen mit Ländern ausserhalb der EU an. Sie sollen stehen, wenn Grossbritannien die EU verlässt.
Am «Ende der Warteschlange»
Zu den Partnern sollen Staaten gehören, die selbst an einem schnellen Abschluss interessiert seien, sowie einige der weltweit grössten Volkswirtschaften. «Wir können Grossbritannien zu einem Leuchtturm des offenen Handels machen», betonte Fox. Nach Angaben des Büros der neuen Premierministerin Theresa May hat ihr australischer Amtskollege Malcolm Turnbull bereits deutlich gemacht, dass er so schnell wie möglich einen Freihandelspakt vereinbaren wolle.
Besonders wichtig ist den Briten ein Abkommen mit den USA. Deren Präsident Barack Obama hatte allerdings für den Fall eines Brexits gewarnt, dann würde sich Grossbritannien am «Ende der Warteschlange» wiederfinden. Die USA würden zunächst ein Abkommen mit «dem grössten Handelspartner – dem europäischen Markt» anstreben, sagte Obama, der allerdings im Januar 2017 aus dem Amt scheidet, im April.
Keine Zusage für Bleiberecht
Der britische Brexit-Minister David Davis will EU-Bürgern, die sich bis zum Austritt aus der Europäischen Union in Grossbritannien niederlassen, keine Bleibegarantie geben. Davis sagte der Zeitung «Mail on Sunday», er werde sich bei den Austrittsverhandlungen mit der EU für eine «grosszügige Regelung» für die bereits in Grossbritannien lebenden EU-Bürger und die in den EU-Staaten lebenden Briten einsetzen. Neuankömmlingen wollte er eine solche Zusage aber nicht geben.
In Grossbritannien wird damit gerechnet, dass bis zum Brexit noch zahlreiche EU-Bürger ins Land kommen. Es gebe eine «Vielzahl von Möglichkeiten», um mit der erwarteten Einwanderungswelle umzugehen, sagte Davis in dem Interview. Eine Möglichkeit sei, eine Bleibegarantie nur «bis zu einem bestimmten Datum» auszusprechen. Solche Entscheidungen müssten aber aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten und nicht aufgrund von «Spekulationen» getroffen werden.
Knackpunkt Freizügigkeit
Der Ex-Europaminister Davis war am Mittwoch von der neuen Premierminister Theresa May zum Staatssekretär für den Austritt aus der EU ernannt worden. Damit ist er der britische Chefunterhändler in den Verhandlungen mit Brüssel. Davis hatte vor dem Brexit-Referendum für ein Ausscheiden Grossbritanniens aus der EU geworben.
Der Versuch, die Zuwanderung aus den EU-Staaten zu begrenzen, war immer das stärkste Motiv der Brexit-Befürworter gewesen. Die Freizügigkeit von EU-Bürgern dürfte nun auch einer der Knackpunkte in den Austrittsverhandlungen werden: Grossbritannien will weiter Zugang zum europäischen Binnenmarkt haben. Die EU hat aber bereits klargestellt, dass es dann auch weiter die Freizügigkeit von EU-Bürgern garantieren muss.
Austrittsantrag erst 2017?
Davis sprach sich in dem Interview dafür aus, den Antrag für den EU-Austritt erst Anfang des kommenden Jahres einzureichen. Mit der Austrittserklärung beginnt eine zweijährige Frist, in der beide Seiten die Entflechtung ihrer Beziehungen verhandeln. Grossbritannien würde die EU dann also spätestens Anfang 2019 verlassen.
sda/afp/foa
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