Joël Thüring und die Parteikasse
Der Basler SVP-Kassier Stefan Bissegger tritt unter Protest zurück und erhebt Vorwürfe gegen den Grossrat Joël Thüring.

Eklat bei der Basler SVP: Kassier Stefan Bissegger tritt unter Protest zurück und erhebt Vorwürfe gegen Parteisekretär und Grossrat Joël Thüring. Letzterer hat unter anderem 15'000 Franken aus der Parteikasse für sein Grossratspräsidentenfest vom Februar 2017 genommen – das Geld war weder budgetiert noch wusste Kassier Bissegger von der Geldentnahme. Parteipräsident Lorenz Nägelin wittert hingegen eine Art Verschwörung.
Nach einem Griff in die Parteikasse 2006 und nicht bezahlter Militärersatzabgaben 2015 steht Joël Thüring, der als Grossratspräsident 2017 eine gute Figur abgegeben hat, erneut wegen seines Umgangs mit Geld in der Kritik. Parteikassier und langjähriger Strafrichter Stefan Bissegger informierte am Gründonnerstag den Parteivorstand über kritische Revisorenberichte zur Rechnung 2017. Die Buchprüfer hätten festgehalten, «dass die Diskrepanz zwischen dem Budget und dem effektiven Resultat enorm ist». Statt eines budgetierten Gewinns von 24'000 Franken resultierte ein Verlust von 36'000 Franken – dies bei ordentlichen Einnahmen von 126'500 Franken.
«15'000 Franken sind ein Auto»
Schuld an dem Verlust sei Joël Thüring, der unter anderem Rechnungen für die Gross- und Regierungsratswahlen von 2016 erst ein halbes Jahr später 2017 zur Zahlung erfasst hat. Um das Loch zu füllen, wurde ein Legat angetastet, noch bevor die Parteimitglieder über dessen Verwendung befinden konnten. Im zweiseitigen, ausführlichen Rücktrittsschreiben kritisiert Bissegger aber auch Thürings 15'000 Franken teures Grossratspräsidentenfest als eine derart hohe, «aussergewöhnliche Ausgabe, welche durch die Mitglieder hätte sanktioniert werden müssen». Bissegger, der auf Anfrage sagt, dass er «zu viel Vertrauen gehabt» habe, schreibt in der Mail, dass er nicht gegen Thüring «opponiert habe, war ein grosser Fehler. Auch deshalb trete ich zurück.»
Die BaZ hat länger mit Thüring und Nägelin gesprochen. Der Parteipräsident stellt sich explizit vor seinen Sekretär. Der Vorwurf der vertrödelten Wahlkampfrechnungen sei nicht korrekt: «Zum einen war der zweite Regierungsratswahlgang erst Ende November 2016 und Rechnungen sind teilweise später gekommen, und zum anderen mussten wir die diversen Wahlkampfausgaben unter den Parteien und Komitees aufteilen. Das brauchte seine Zeit», sagt Nägelin.
Beim Fest für Thürings Grossratspräsidium geben die beiden zu, dass «dem damaligen Vorstand» ein Fehler unterlaufen sei. Damals war Sebastian Frehner noch Präsident, doch Thüring auch schon Parteisekretär. «In der Tat ging die Budgetierung für das Präsidenten-Fest unter. Es ist jedoch falsch, dass Joël Thüring eigenmächtig für sich Parteigelder verwendete», sagt Nägelin. Die Vorbereitungen hätten bereits im Herbst 2016 begonnen. Nägelin weiter: «Dass dies eine Partei etwas kostet, liegt auf der Hand. Von einer Bereicherungsabsicht, wie es die Mail suggerieren könnte, kann keine Rede sein.»
Dennoch gingen die Vorbereitungen offenbar am Kassier vorbei: «Ich bin nicht informiert worden, dass Geld für das Fest aus der Kasse genommen wurde. Erst als ich die Rechnungen erhielt, erfuhr ich davon», sagt Bissegger auf Anfrage. Und zum Umfang der Ausgaben für Thüring hält er fest: «15'000 Franken sind ein Auto. Das ist meiner Ansicht nach nicht adäquat für ein Fest.»
«Die Absicht, uns zu schaden»
Parteipräsident Lorenz Nägelin hingegen spricht dem Kassier aufrichtige Absichten ab: «Es handelt sich hier um eine Inszenierung von Einzelpersonen, welche ganz bewusst Parteiexponenten Schaden zufügen wollen.» Bissegger habe seine Ansichten bereits am 15. März dem Vorstand mündlich mitgeteilt und zwei Wochen später auch noch schriftlich. «Die Absicht dahinter, uns zu schaden, ist offensichtlich», so Nägelin. Er und Thüring glauben, dass Bissegger seine bereits geäusserten Gedanken noch verschriftlichte, damit dieses interne Mail anonym an die Medien gelangen konnte.
Diese Verschwörung scheint wenig plausibel: Der Kassier informierte die Parteileitung am 15. März mündlich über seine eigenen Erkenntnisse und seine Kritik am für ihn «fragwürdigen» Vorgehen Thürings. Die Reaktion des Vorstands gemäss Bissegger: Das könne ja mal passieren. Später, am 23. und am 27. März bestätigten offenbar zwei Revisoren Bisseggers Kritik, was der Kassier der SVP-Leitung zusammen mit seinem Rücktritt mitteilte.
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