Saisonbilanz Theater BaselJetzt reissen die Energiekosten Löcher in die Kasse
Kaum hat man die Pandemie einigermassen glimpflich überstanden, sieht sich das Theater mit der nächsten Herausforderung konfrontiert. Dabei will man ja am liebsten einfach nur spielen.

Das Theater Basel ist ein grosses Haus. Denkt man das Schauspielhaus noch mit, wird alles noch grösser, noch voluminöser. Im Schauspielhaus und im Theater sitzen erwartungsfrohe Zuschauerinnen und Zuschauer. Denen würde der Spass schnell vergehen, müssten sie einen Abend lang erbärmlich frieren. Da kann man zwar beim Warmwasser der Lavabos in den Toiletten zu sparen versuchen, wie das Anja Dirks, die künstlerische Leiterin des Schauspiels, im Rahmen der Bilanzmedienkonferenz als Beispiel erwähnt, doch die Energiekosten galoppieren trotzdem davon. Benedikt von Peter, der Intendant des Theaters, rechnet mit rund 400’000 Franken zusätzlichen Kosten. Ganz schön happig.
Und fürs Theater ein nächster Wermutstropfen. Jetzt, da man die Pandemie einigermassen glimpflich überstanden hat – 148’155 zahlende Besucher, was einem Minus im zehnjährigen Vergleich von 15 Prozent entspricht –, ist die nächste Herausforderung schon Tatsache. Dank Rückstellungen weist man in der Gesamtbilanz der Spielzeit 21/22 eine perfekte, lupenreine Null aus, aber wie soll es weitergehen, wenn es jetzt schon wieder kriselt?
Benedikt von Peter wirkt an der Medienkonferenz jedenfalls nicht übermässig geknickt. Im Gegenteil. Er nutzt die Gelegenheit, auch auf die schönen Seiten der letzten Saison hinzuweisen. Zum Beispiel darauf, dass die sehr experimentelle und unkonventionelle Oper «Einstein on the Beach» von Philip Glass zum Erfolg wurde. Oder dass «Heidi», Richard Wherlocks letztes Ballett für Basel, ein Renner war.
Geld in die Kasse
Auch im Schauspiel hatte das Theater Basel mit «Die Physiker», «Dämonen» und mit «Der letzte Pfiff» von Marthaler durchaus Stücke zu bieten, die nicht nur auf Anklang stiessen, sondern sich auch gut verkaufen liessen.
«Es gab mal Prognosen von einem Publikumsschwund wegen Corona von 30 bis 40 Prozent», sagt von Peter. Da stehe man mit den 15 Prozent minus doch ganz gut da. Einen Umbruch aber habe es auf jeden Fall gegeben, betont Susanne Benedek, verantwortlich für Kommunikation und Verkauf: «Wenn sich ein Theaterfan vor Corona noch acht bis zwölf Stücke pro Saison anschaute, sind es jetzt noch vier bis sechs.»
Und ja, auch davon können andere im Kulturbereich ein Lied singen: Beim Theater Basel entscheidet man sich ganz offensichtlich jetzt viel spontaner, ob man hingehen will. Das beweisen die Zahlen an der Abendkasse. Benedek sagt es so: «Wir müssen den Radius an interessierten Besucherinnen und Besuchern erheblich ausweiten.» Ganz in diesem Sinne funktioniert die Öffnung des Hauses mit dem Foyer Public. Es wurde in der letzten Spielzeit von rund 18’000 Menschen besucht. Tendenziell eher jungen Menschen.
Neues Publikum in Griffnähe
«Wenn davon rund 20 Prozent sagen, sie seien noch nie in einer Vorführung gewesen, haben wir doch das neue Publikum in Griffnähe», sagte Benedikt von Peter. Nicht umsonst setzt man auf den neu eingeführten «Tarif 20.–/10.–» – ein Lockvogelangebot. Für eine Generation, die den Kulturgenuss zum Nulltarif gewohnt ist, vielleicht immer noch zu viel? «Immerhin haben wir aktuell pro Monat rund 3000 Menschen im Foyer Public», betont von Peter. «Das ist schon mal eine schöne Steigerung.»
Der Intendant, so viel verrät er, stellt jedenfalls eine Saison immer so zusammen, dass es ein paar eindeutige Publikumsmagnete darunter hat. «Einstein on the Beach» war nicht als solcher eingeplant worden – und wurde dann einer. «Wenn wir den Erfolg immer planen könnten, wäre es sehr viel einfacher», bemerkt Anja Dirks trocken dazu.
Benedikt von Peter lobt das Basler Publikum. Er sei ihm sehr dankbar, dass es trotz Pandemie und erschwerten Bedingungen dem Theater zu grossen Teilen die Treue gehalten habe. Und dass einer der Sponsoren – die BLKB – sogar aufstockte, statt zu schmürzeln, half auch. Energiekrise? Nicht was den inneren Antrieb der Basler Theatermacher angeht.
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