Jeden Tag starben 31 Zivilisten
Im Irak-Krieg sind mehr Zivilisten gestorben als Soldaten. Eines der zahlreichen Dokumente auf der Internetplattform Wikileaks zeigt exemplarisch, wie überfordert die US-Armee war.
Die jüngsten Enthüllungen von Wikileaks zeichnen ein Bild orientierungsloser US-Militärs im Irak-Krieg. Zuweilen würden sich die kühlen, nüchternen Feldberichte der US-Soldaten so lesen, als hätten die Autoren den Überblick verloren, mit welchem Gegner sie es gerade zu tun hätten, schreibt das deutsche Nachrichtenmagazin «Spiegel», das die Dokumente von Wikileaks gesichtet hat.
An US-Checkpoints im Irak sei es regelmässig zu Katastrophen gekommen. US-Soldaten hätten ständig einen Angriff befürchtet und lieber zu früh als zu spät geschossen. Die Erklärung ihrer Taten erinnern das Medium an Ausreden: «Der Mann hielt etwas hinter dem Rücken versteckt», habe es etwa als Rechtfertigung geheissen. Oder: «Bei der Durchsuchung des Toten stellte sich heraus, dass die Waffe aus Plastik war.»
66'000 tote Zivilisten
Gemäss den Feldberichten der US-Soldaten starben zwischen 2004 und 2009 rund 104'000 Menschen. 66'000 davon sollen Zivilisten gewesen sein. Diesen Zahlen zufolge wären dem Krieg täglich 31 irakische Bürger zum Opfer gefallen. Angeblich haben es die USA dabei mehrmals unterlassen, der Zivilbevölkerung zu Hilfe zu eilen.
Als Beispiel nennt der «Spiegel» einen Vorfall, der sich am 24. November 2006 abgespielt haben soll. Damals habe die US-Armee Hinweise auf geplante Massaker erhalten. Gemäss einem Dokument griffen um 15.30 Uhr schiitische Milizen und Truppen der irakischen Armee ein Viertel in Bagdad an. Ein Oberleutnant überwache «persönlich das Niederbrennen der Nida-Allah-Moschee», heisst es im US-Protokoll, welches das deutsche Magazin auf seiner Website zeigt. Vier Moscheen und 18 Wohnhäuser gingen in Flammen auf. Im Bericht gibt es keine Hinweise dafür, dass die US-Armee eingegriffen hat.
Mindestens 300 solche Vorfälle
Der Feldbericht ist in sachlicher, trockener Sprache abgehalten. In anderen Dokumenten sind offenbar ähnliche Fälle aufgeführt, in denen US-Soldaten Hinweise über Misshandlungen, Folterungen und Morde gemeldet und dann zu den Akten gelegt haben. Unter den von Wikileaks veröffentlichten Berichten finden sich gemäss der Nachrichtenagentur DAPD mindestens 300 derartige Vorfälle.
Das Pentagon hat unterdessen die Veröffentlichung der Militärdokumente im Internet verurteilt. Sie könne die Sicherheit der USA gefährden und vor allem den US-Streitkräften im Irak schaden, sagte Pentagon-Sprecher Geoff Morrell. Das US-Verteidigungsministerium hat zudem mehrmals darauf hingewiesen, dass es sich bei den von Wikileaks publizierten Dokumenten um bruchstückhafte Informationen handle, die kein Gesamtbild erlauben würden.
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch