«Jailhouse Rock» auf Schädelbruch
Was Tante Olgas Röntgenbilder mit Elvis zu tun haben und warum die erste Flexi-Picture-Disc aus der Sowjetunion kam.
Über Hipster kann man vieles sagen, nur nicht, dass sie neu und trendy sind. Es gab sie schon in den Fünfzigerjahren, notabene in der Sowjetunion. Mit den tätowierten Bartträgern auf Fixie-Velos von heute hatten die Stilyagi (zu Deutsch: Stiljäger) freilich wenig gemein: Sie waren nämlich ausgesprochen mutig und kreativ. Und sie liebten das Verbotene. Westliche Musik zum Beispiel. Jazz, Boogie und Rock 'n' Roll. Doch die wenigen Chuck-Berry- und Duke-Ellington-Alben, die es durch den Eisernen Vorhang geschafft hatten, liessen sich ohne Kassettenrekorder nicht so einfach kopieren, und wer nicht in Grenznähe wohnte und ein Radiogerät besass, hatte kaum Chancen, diese neuen Klänge und harten Rhythmen zu hören. Doch die klugen Köpfe fanden für ihr Problem eine Lösung. Und die klingt wie die Räubergeschichte eines Altpunks: Da Vinyl zu selten und zu teuer war, verwendeten die Sowjet-Hipster Röntgenbilder aus Krankenhausabfällen als Tonträger. Die Ränder schnitten sie mit einer Nagelschere zurecht, und zum Schluss wurde mit einer Zigarette ein Loch in die Mitte gebrannt.