
Die eidgenössischen Räte haben im vergangenen Dezember eine Gesetzesvorlage verabschiedet, welche die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare ermöglicht und lesbischen Paaren den Zugang zur Fortpflanzungsmedizin erlaubt. Kürzlich ist gegen diese neuen Gesetzesbestimmungen das Referendum zustande gekommen. Wir werden darüber also nächstens an der Abstimmungsurne entscheiden.
Indirekt betroffen von diesen Neuerungen ist unsere ganze Gesellschaft, direkt sind es gleichgeschlechtliche Paare. Bis heute können sie ihre Verbindung in Form der «eingetragenen Partnerschaft» (welch holpriger Begriff!) rechtlich klären. Gleiche Rechte und Pflichten wie die Ehe bietet die eingetragene Partnerschaft aber nicht. Mit der «Ehe für alle» beseitigen wir eine Diskriminierung. Wir kommen einem nicht vernachlässigbaren Teil unserer Gesellschaft entgegen. Wir tun dies nicht gönnerhaft, sondern als Schritt auf dem Weg zu einem Selbstverständnis.
Als Liberaler ist mir die Möglichkeit der persönlichen Freiheit und Entfaltung jedes Menschen sehr wichtig.
Es ist erfreulich, dass die Akzeptanz für gleichgeschlechtliche Paare in unserer Gesellschaft heute deutlich höher ist als in früheren Zeiten. Doch noch sind wir leider nicht so weit, wie wir sein müssten. Als Liberaler ist mir die Möglichkeit der persönlichen Freiheit und Entfaltung jedes Menschen sehr wichtig. Dazu gehören auch die sexuelle Orientierung und die Lebensform. Jegliche Form der Diskriminierung von Schwulen und Lesben, jegliche Stigmatisierung von gleichgeschlechtlichen Paaren muss unterbleiben.
Dieses Ziel erreichen wir nicht allein mit dem vorliegenden oder mit anderen Gesetzen. Gefordert sind Kopf und Herz von uns allen. Es muss uns allen klar werden, dass eine Frau, die eine Frau liebt, oder ein Mann, der seine Liebe zu einem Mann lebt, dies mit derselben Berechtigung tut wie eine Frau, die einen Mann liebt.
Menschen, die sich zu jemandem des gleichen Geschlechts hingezogen fühlen, müssen dies angstfrei leben können. Weder Eltern noch das übrige Umfeld oder die Gesellschaft sollten sich negativ zu dieser Lebensform äussern oder verhalten. Mit dem Entscheid, die Ehe für alle zu ermöglichen, endet eine lange Entwicklungs- und Leidensgeschichte. Wir müssen feststellen, dass in Sachen Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare in den letzten Jahrzehnten eher Bricolage betrieben wurde als Anstrengungen für ein umfassendes Konzept.
Vor 22 Jahren habe ich im Namen der Liberalen Fraktion des Nationalrats (damals gab es sie noch) den Bundesrat gebeten, eine Überprüfung der Situation gleichgeschlechtlicher Paare vorzunehmen. Der Bundesrat hat das gutgeheissen; es sei sinnvoll, die nächsten Entwicklungen nicht schrittweise, sondern umfassend einzuleiten. Erfolgt ist es dann aber doch schrittweise.
Rechte anderer Menschen nicht beeinträchtigt
Wir können jetzt mit der Ehe für alle wirkliche Gleichstellung bewerkstelligen. Es geht darum, dass keine Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Paare mehr bleibt und dass zwei Frauen, die miteinander verheiratet sind, auch Zugang zur Samenspende haben sollen und sich dazu nicht – wie bisher – ins Ausland begeben müssen. Einer mit einer Frau verheirateten Frau den Zugang zur Samenspende in der Schweiz zu ermöglichen, ist kein grosszügiges Entgegenkommen, sondern die Beseitigung einer Ungerechtigkeit – auch durch die Vereinfachung des Verfahrens. Wir dürfen eine seit langer Zeit bestehende Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Paare nicht perpetuieren. Durch diesen wichtigen Fortschritt in der Anpassung des Eherechts an Realitäten kommt niemand zu Schaden. Es werden keine zusätzlichen Rechte gewährt, welche Rechte anderer Menschen beeinträchtigen.
Ich bin davon überzeugt, dass der gesellschaftliche Wandel, den wir in den letzten Jahrzehnten feststellen, dazu führt, dass die Akzeptanz für die Ehe für alle gegeben ist. Resultat der Volksabstimmung wird eine starke, befürwortende Haltung sein. Es ist höchste Zeit für diesen nächsten Schritt in Richtung Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare!
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Kolumne von Christoph Eymann – Ja zur Ehe für alle – ein längst fälliger Entscheid!
Durch die Anpassung des Eherechts wird eine grosse Hürde in Richtung Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare genommen. Die Diskriminierung muss ein Ende haben.