IV-Betrüger mit GPS-Trackern überführen
Die IV-Stellen-Konferenz fordert, dass Ermittler zusätzliche technische Hilfsmittel einsetzen können, um mutmassliche IV-Betrüger zu observieren.

Es ist ein kleines handliches Gerät, das sich unauffällig an einem Auto oder an einem Motorrad anbringen lässt und das zuverlässig den Standort des Fahrzeugs übermittelt – der GPS-Tracker. Die IV-Stellen-Konferenz möchte, dass Ermittler künftig mutmassliche IV-Betrüger mithilfe dieser Geräte observieren dürfen, wie die «Luzerner Zeitung» schreibt. Der Bundesrat hingegen will lediglich Kameras zulassen. Welche technischen Hilfsmittel letztlich erlaubt sein werden, entscheidet das Parlament bei der Revision des allgemeinen Teils des Sozialversicherungsgesetzes.
«Das geht gar nicht», sagt Ursula Schaffner, stellvertretende Zentralsekretärin von Agile, Dachverband der Behinderten-Selbsthilfeorganisationen. Dass mutmassliche IV-Betrüger mit einem GPS-Tracker überwacht werden könnten, ginge deutlich weiter als die bisherige Praxis und wäre ein Schritt hin zu einer totalitären Überwachung.
Nach Meinung der IV-Stellen-Konferenz hingegen braucht es zusätzliche technische Hilfsmittel, um IV-Betrüger überführen zu können. Wie ihre Kommunikationsverantwortliche Ursula Gasser sagt, will sie neben den GPS-Trackern auch Tonaufnahmegeräte einsetzen dürfen: «Wenn Versicherte behaupten, an extremer Lärmempfindlichkeit zu leiden, muss es möglich sein, Tonaufnahmen an lauten Strassen, an Baustellen oder von lauter Musik zu machen.»
Strenger überwacht als Raubtäter
Was Ursula Schaffner von Agile aber besonders stört: Dass der revidierte Teil des Sozialversicherungsgesetzes zulassen könnte, dass mutmassliche IV-Betrüger stärker überwacht werden als Personen, die zum Beispiel Raubüberfälle verübt haben könnten. Nicht nur im Fall der GPS-Tracker. Mutmassliche Straftäter dürfen nur an allgemein zugänglichen Orten überwacht werden, mutmassliche IV-Betrüger hingegen auch an weiteren einsehbaren Orten. «Das ist für uns eine rote Linie, die nicht überschritten werden darf», sagt Ursula Schaffner. Sonst wäre es möglich, Personen, die des IV-Betrugs verdächtigt werden in ihrem Garten oder auf ihrem Balkon zu überwachen.
Eine Ungleichbehandlung von mutmasslichen IV-Betrügern und Straftätern sieht Ursula Schaffner auch darin, wer eine Überwachung anordnen darf. Bei einer Straftat verdächtigten Personen sind es die Untersuchungsbehörden, bei Sozialversicherten hingegen kann die zuständige IV-Stelle über eine solche entscheiden. So ordnet letztlich jene Stelle eine Überwachung an, die auch darüber entscheidet, ob jemand ein Anrecht auf eine IV-Leistungen hat. «Die IV-Stelle aber hat ein ganz anderes Interesse an einer Überwachung als eine unabhängige Stelle», sagt Schaffner.
Nur als letztes Mittel
Agile ist nicht grundsätzlich dagegen, dass mutmassliche IV-Betrüger überwacht werden: Wenn der Verdacht besteht, dass sich jemand vorsätzlich Leistungen erschleicht, dann ist der Verband damit einverstanden, dass diese Person als letztes Mittel überwacht wird. «Man muss sich in Erinnerung rufen, dass es um Sozialversicherte geht», sagt Ursula Schaffner. Wenn man an deren Auto einen GPS-Tracker anbringen wolle, dann müsste dies konsequenterweise auch bei allen anderen Personen zulässig sein, die einer Straftat verdächtigt werden. Bei Bankkunden etwa, die Steuerhinterziehung begehen könnten oder ihr Geld waschen wollen.
Wie Ursula Gasser von der IV-Stellen-Konfernz sagt, werden Observationen nur dann in die Wege geleitet, wenn keine anderen Mittel zur Abklärung zur Verfügung stehen, etwa medizinische oder wirtschaftliche Akten: «Der Missbrauch von Sozialversicherungsleistungen ist jedoch kein Bagatelldelikt. Seit letztem Oktober kann er sogar zu einem Landesverweis führen.» Das Gesetz wurde im Rahmen der Diskussion um die Ausschaffungsinitiative entsprechend geändert.
Schweiz aus Strassburg gerügt
Der Bundesrat will mit der Revision des allgemeinen Teils des Sozialversicherungsgesetzes die gesetzlichen Grundlagen für Observationen von Sozialversicherungsbetrügern schaffen. Anfang Jahr hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte befunden, dass sie in der Schweiz nicht genügen. Er gab im vergangenen Oktober einer IV-Rentnerin recht, die an den Gerichtshof gelangte, weil sie observiert wurde.
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