Italien steht still
Zehntausende Italiener legen aus Protest gegen Berlusconis Sparpolitik ihre Arbeit nieder – und lösen ein Verkehrschaos aus. Auch in Spanien sind für heute Abend Grossdemonstrationen angekündigt.

In Italien und Spanien stemmen sich Gewerkschaften und Opposition gegen die milliardenschweren Sparpläne ihrer Regierungen. Ein Generalstreik lähmte das öffentliche Leben Italiens, wo Zehntausende auf die Strasse gingen.
In Städten wie Rom, Neapel, Florenz, Mailand und Turin fanden hunderte Protestveranstaltungen mit zehntausenden Demonstranten statt. Der achtstündige Generalstreik löste ein Verkehrschaos aus.
Im Flug-, Zug- und Schiffsverkehr wurden Verbindungen gestrichen oder hatten Verspätung. Auch Busse und U-Bahnen fuhren unregelmässig.
Viele touristische Attraktionen in Rom blieben geschlossen. Auch in Spitälern und bei der Post wurde gestreikt. Laut der Metallgewerkschaft Fiom betrug die Streikbeteiligung in der industriereichen Region Lombardei 70 Prozent.
Eier und Farbe
In Rom verliehen tausende Demonstranten mit Trillerpfeifen und Spruchbändern ihrer Kritik am Sparprogramm der Regierung von Ministerpräsident Silvio Berlusconi Nachdruck.
Einige Demonstranten bewarfen die Polizei mit Eiern. Der Sitz der Notenbank wurde mit rotem Lack beschmiert. In Mailand bewarfen Demonstranten die Sitze grosser Banken mit Eiern.
«Am Rande des Abgrunds»
«Das ist ein Plan, den dieses Land nicht verdient», sagte in Rom Susanna Camusso. Italien stehe «am Rande des Abgrunds» und brauche eine «verantwortungsvolle Regierung», sagte die Generalsekretärin von Italiens grösstem Gewerkschaftsbund CGIL, der zu dem landesweiten Generalstreik aufgerufen hatte.
Auch die linke Opposition unterstützte die Proteste. Zwei andere grosse Gewerkschaften, die regierungsnahen CISL und die UIL, schlossen sich dem Streikaufruf nicht an.
Rücktritt Berlusconis gefordert
Camusso und Oppositionschef Pierluigi Bersani stellten sich an die Spitze eines grosses Protestzugs in Rom, der die Demonstranten durch die Innenstadt führte.
Bersani forderte den Rücktritt der Regierung Berlusconi, die jegliche Glaubwürdigkeit verloren habe. Italien müsse auf internationaler Ebene an Vertrauenswürdigkeit zurückgewinnen und dies könne nur mit einer Übergangsregierung erfolgen.
Diese müsse rigorose Sanierungsmassnahmen ergreifen und ein neues Wahlgesetz verabschieden, mit dem es in Italien zu neuen Parlamentswahlen kommen könne, verlangte Bersani.
Einsparungen von 45,5 Milliarden Euro
Staatspräsident Giorgio Napolitano rief die im Parlament vertretenen Parteien dagegen auf, das Sparpaket der Regierung so rasch wie möglich zu verabschieden und umzusetzen.
Die Mitte-rechts-Regierung von Berlusconi hatte Mitte August zusätzliche Einsparungen von 45,5 Milliarden Euro in den kommenden zwei Jahren beschlossen.
Angesichts heftiger Kritik nahm sie Ende August jedoch mehrere Veränderungen vor und kippte unter anderem die ursprünglich geplante Reichensteuer. Den endgültigen Sparplan will die Regierung vor Mitte des Monats verabschieden.
Massenprotest gegen Schuldenbremse
In Spanien riefen die zwei grössten Gewerkschaften für den Abend zu einer Grosskundgebung in Madrid auf gegen die von der Regierung beschlossene Schuldenbremse. CCOO und UGT wollten damit das Inkrafttreten der Massnahme verhindern, die am Mittwoch abschliessend den Senat passieren sollte. Die Gewerkschaften fordern eine Volksabstimmung über die Schuldenbremse.
Spaniens Regierungssprecher José Blanco zeigte am Dienstag auf die stark verschuldeten Länder Italien und Griechenland. Madrid sei «sehr besorgt, denn manchen Ländern geht es schlecht, und sie erfüllen nicht ihre Ziele» zum Schuldenabbau, sagte Blanco dem Fernsehsender Telecinco. Dies beeinflusse auch die potenziellen Käufer spanischer Staatsanleihen.
SDA/ami
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