Wochenduell: Nach dem Aufstieg des EHC BaselIst Basel reif für Profi-Eishockey?
Das Basler Eishockey kehrt acht Jahre nach dem Konkurs der EHC Basel AG mit einiger Euphorie in die zweithöchste Spielklasse zurück. Leichter wird es dort nicht.

Ja: Der EHC hat das nötige Kader, eine ausreichende Infrastruktur und mit dem SC Bern den richtigen Partner, um in der Swiss League zu bestehen.
Ich gebe zu: Ein Aufstieg in eine neue Liga geht immer mit gewissen Risiken einher. Das liegt in der Natur der Sache. Das ist auch beim Aufstieg des EHC Basel in die Swiss League nicht anders. Doch es gibt gute Gründe, anzunehmen, dass der Basler Eishockeyclub diese Herausforderungen im Profihockey meistern wird.
Ein Aspekt, der zuversichtlich stimmt, ist das Kader. Der EHC verfügt über eine enorm ausgeglichene Mannschaft, die in der Vorbereitung bewiesen hat, dass sie auch mit Swiss-League-Teams mithalten kann. Darüber hinaus ist das Kader gespickt mit Spielern wie den Torgaranten Diego Schwarzenbach und Alban Rexha, Captain Thomas Büsser und Patrick Zubler, die schon langjährige Erfahrung in der Swiss League haben und wissen, was es braucht, um auf diesem Level zu bestehen.
Zudem verfügt der EHC unter anderem mit Yanick Sablatnig, dem in der Playoff-Finalserie gleich drei Treffer gelangen, Zsombor Kiss, der als bester Spieler der Finalserie ausgezeichnet wurde, und Marco Cavalleri über Spieler, die zwar noch nicht so erfahren auf der Profistufe sind, aber in den Playoffs gegen die Besten durchaus angedeutet haben, dass in ihnen Potenzial für höhere Aufgaben steckt. Klar, die Basler brauchen noch zwei Ausländer und müssen sich punktuell verstärken. Aber grundsätzlich hat die Mannschaft das nötige Niveau, um sich in der Swiss League für die Playoffs zu qualifizieren. Dabei hilft sicherlich auch, dass man mit dem SC Bern einen starken Partner gefunden hat, der ebenfalls regelmässig gute Spieler liefern dürfte. Dazu hat man mit Christian Weber und Adrien Plavsic zwei Übungsleiter an der Bande, die diesen Umbruch orchestrieren können.
Auch finanziell warten auf den EHC sicherlich Herausforderungen, muss doch das Budget von rund einer Million auf ca. 2,5 Millionen Franken ansteigen. Doch der Club hat bereits Zusagen von Personen, dass sie Aktienpakete im Falle eines Aufstieges übernehmen würden. Auch auf die Fans dürften sich die Basler verlassen können. Bereits jetzt hatte man den mit Abstand höchsten Zuschauerschnitt der Mysports League, im entscheidenden Playoff-Finalspiel gegen Huttwil feierten trotz der späten Anspielzeit an einem Wochentag über 3500 Zuschauer den Schweizer-Meister-Titel mit ihrem Team. Dies ist zudem die höchste Zuschauerzahl während der gesamten Playoffs.
Kaum Fragezeichen gibt es dagegen bei der Infrastruktur. Die St.-Jakob-Arena erfüllt bis auf wenige Details, etwa eine Hintertorkamera oder eine Überwachungskamera für die Gästefans, alle Auflagen, um im Profihockey zugelassen zu werden.
Trotz allem wird der Club sich wandeln müssen. Er muss wachsen, um den grösseren Aufwand bewältigen zu können. Doch Clubpräsident Daniel Schnellmann und Sportchef Oliver Schäublin darf zugetraut werden, dass sie mit ihren guten Kontakten im Hockey und der Geschäftswelt dafür sorgen, dass das EHC-Schiff auch im Profihockey-Sturm auf Kurs bleibt. Luc Durisch
Nein: Die Verantwortlichen werden auf grössere Widerstände stossen, als sie bisher antizipieren – in der neuen Liga und in der Region.
Herzliche Gratulation, EHC Basel! Wie sich der Club entwickelt hat, seit er sich vor acht Jahren vom professionellen Eishockey verabschiedet hat, ist beachtlich. Und es ist sehr erfreulich, dass diese Zeit am Donnerstag nach spektakulärem sportlichem Drehbuch und vor der grossen Kulisse von 3537 Zuschauern mit einem Meistertitel ein perfektes Ende fand. So fixt man Menschen an, die nicht zur Stammkundschaft gehören – und davon dürfte es am Donnerstag einige gehabt haben.
Da der Zuspruch in den Playoff-Partien schon zuvor positiv war, lässt sich ohne Übertreibung sagen: Der EHC hat sich auf allen Ebenen für die Swiss League qualifiziert. Anders als beim Aufstieg 2000 in die NLB und 2003 in die NLA hat nichts daran den Charakter einer Abkürzung, kommt nichts davon zu früh. Zumal der EHC Basel auf Amateurstufe kaum noch Wachstumspotenzial hat.
Doch das bedeutet noch lange nicht, dass Club, Umfeld und Region schon reif genug sind, um in der Swiss League zu bestehen. Ja, natürlich: Es gibt keinen Absteiger. Aber sportlich abgestiegen ist der EHC auch 2014 nicht, als die Swiss League noch National League B hiess. Das Problem war das Geld. War das Interesse. War der Goodwill. Und war die regionale Kooperation.
Es sind dies vier Komponenten, die zusammenhängen und als Ganzes die Kraft (oder Schwäche) eines Sport-Standorts definieren. Sie können sich positiv oder negativ beeinflussen, was im Basler Eishockey in den vergangenen drei Jahrzehnten in beide Richtungen geschah. Doch die positiven Momente in einzelnen Komponenten waren nie gross oder dauerhaft genug, um sich durchzusetzen - so dass 2014 schliesslich mit dem Konkurs verdorrte, was im Kern stets nur ein zartes Pflänzchen war.
Aktuell herrscht auf allen Ebenen eine bessere Grundstimmung als damals. Und ja: Parameter wie Interesse oder Geld weisen mit Blick auf Zuschauerzahlen oder stabile Finanzen auch eine positive Tendenz auf. Doch man darf dabei nicht vergessen, von wie weit unten man herkommt – und wie weit unten man noch immer ist.
Das zeigt das Budget: Es wäre eine grössere Überraschung, liesse sich mit 2,5 Millionen Franken eine Mannschaft zusammenstellen, die eine reelle Playoff-Chance hat. Erst recht in Basel, wo alles ein bisschen teurer ist als anderswo, zumal der eigene Nachwuchs dünn daherkommt und auch auf Funktionärsebene oft Know-how eingekauft werden muss, weil es in der Region daran mangelt.
Doch einfach nur, weil man in der Swiss League dabei ist, wird die Fangemeinde in Basel nicht wachsen – vielmehr muss schwindendes Interesses befürchtet werden, entwickelt man sich nicht rasch zu einem Spitzenteam. Das wiederum erschwert das finanzielle Überleben.
Wäre Basel bereits reif für Profi-Eishockey, dann wäre die Fan-Basis so gross, dass man gar nie in der Amateurliga hätte verschwinden müssen. Dann wäre eine Nachwuchsbewegung vorhanden, die Spieler hervorbringt, die helfen können. Und dann würde man so viel finanzielle Unterstützung erfahren, dass man sich leisten kann, was wohl nötig wäre, um die Playoffs zu erreichen: Eine massive Veränderung und Verstärkung des Kaders.
Das ist kein Grund, um es nicht wieder im Profigeschäft zu versuchen. Den Mutigen gehört die Welt – und den Geduldigen, wenn es um das Basler Eishockey und dessen Reife geht. Oliver Gut
* Das Wochenduell: Die «Basler Zeitung» stellt sich ab sofort in regelmässigem Abstand Themen, welche die Sportwelt bewegen – und beleuchtet dabei in einem Pro und Kontra beide Seiten. Zuletzt erschienen: Ist es richtig, dass Fussballerinnen gleich viel verdienen wie Männer? Ist es richtig, dass russische Sportler und Teams sanktioniert werden? Waren dies die emotionalsten Winterspiele aus Schweizer Sicht? Ist das Olympiaprogramm an den Winterspielen überladen? Ist Xherdan Shaqiris Wechsel zu Chicago Fire eine gute Entscheidung?
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