Internetpropaganda war Auslöser für Attentat in Frankfurt
Der Kosovare, der in Deutschland zwei US-Soldaten erschoss, hatte zuvor islamistische Internetseiten besucht und wollte «Vergeltung üben», nachdem er auf Youtube ein Video gesehen hatte, in dem US-Soldaten angeblich ein muslimisches Mädchen vergewaltigen.

Für radikale Islamisten ist Arid U. sicherlich ein «Held», weil er am Mittwoch am Frankfurter Flughafen zwei US-Soldaten erschoss und drei weitere schwer verletzt hat. Der 21-jährige Kosovare hatte zuvor islamistische Internetseiten besucht und wollte «Vergeltung üben», nachdem er auf Youtube ein Video gesehen hatte, in dem US-Soldaten angeblich ein muslimisches Mädchen vergewaltigen.
Nach Ansicht von Bundesanwalt Rainer Griesbaum wurde Arid U. Opfer der islamistischen Propaganda. Nun wollen die Ermittler auch prüfen, welche Kontakte er womöglich zu Hasspredigern hatte.
«Keine handlungsfähige Organisation»
Griesbaum bewertete es am Freitag in Karlsruhe zunächst als positiv, dass hinter dem teils geständigen Einzelgänger ersten Erkenntnissen zufolge «keine handlungsfähige Organisation» steckt und sich die Sicherheitslage deshalb auch nicht verschärft hat. Allerdings bestehe immer die Gefahr, dass Einzel- oder Spontantäter, durch Propaganda angestachelt und zu Bluttaten verleitet würden. Ob das bei dem im Kosovo geborenen und in Frankfurt aufgewachsenen jungen Mann der Fall war, untersucht nun das Bundeskriminalamt (BKA).
Für die Sicherheitsbehörden war Arid U. bis zu dem Attentat ein unbeschriebenes Blatt. Er hatte dem BKA-Ermittlungschef Sven Kurenbach zufolge keine Kontakte zu bekannten gewaltbereiten Islamisten und wurde auch nicht als Besucher einschlägiger Hassprediger in den Moscheen der Main-Metropole registriert. Die Facebook-Seite des Mannes im Internet spricht dagegen eine andere Sprache, und ihre Auswertung steht nun im Brennpunkt der Ermittlungen. Dort soll er Links zu Lobeshymnen auf den Heiligen Krieg verbreitet, Hass auf Israel geäussert und Gewaltspiele am Computer als Freizeitbeschäftigung genannt haben.
Wortkarge Ermittler
Auf Fragen, warum sich der 21-Jährige auf seiner Seite vor einigen Wochen den Kampfnamen «Abu Reyyan» gab und Jihad-Propagandisten zu seinen Facebook-«Freunden» zählten, reagierten die Ermittler am Freitag eher wortkarg. Zu diesen Ermittlungsdetails könnten keine näheren Angaben gemacht werden, hiess es. Die Namen, die sich auf der inzwischen abgeschalteten Seite fanden, klingen für Islamismus-Experten allerdings sehr vertraut. Einer davon soll der marokkanische Hassprediger Sheik Abdellatif sein, der auch in Frankfurt aktiv war. Abdellatif wird verdächtigt, junge Männer für die Ausbildung in Terror-Camps anzuwerben. Zu seinem Kreis soll etwa auch ein Frankfurter Student zählen, der im Januar in Afghanistan von US-Soldaten festgesetzt worden war.
Abdellatif ist Verfassungsschützern zufolge einer der wichtigsten radikalen Prediger und wendet sich vor allem an junge Menschen. Er ist zudem ebenso wie der deutsche Konvertit Pierre Vogel, ein weiterer Facebook-«Freund» von Arid U., ein Verfechter des sogenannten Salfismus. Dabei handelt es sich um eine fundamentalistische Strömung, die auch von einigen Terrorgruppen vertreten wird. Und zumindest bis zu seinem 15. Lebensjahr soll Arid U. auch öfter mit Rami M. zusammen gewesen sein. Der Deutsch-Syrer gilt als Gefährder und sitzt seit seiner Rückkehr aus Pakistan im Gefängnis.
Gefährdung der inneren Sicherheit
Ob der junge Attentäter nun als ein «home-grown terrorist» gilt, als ein «hausgemachter» Terrorist, der hier zu einer terroristischen Überzeugung gelangte, ist für Griesbaum zweitrangig. Gegen einen Einzeltäter, der er offenbar ist, kann die Behörde nicht wegen «Terrorismus» ermitteln, dazu wäre nach deutschem Recht eine Gruppe mit mindestens drei Tätern nötig. Ihre Zuständigkeit begründete die Bundesanwaltschaft deshalb mit der «Gefährdung der inneren Sicherheit», die von dem Attentat ausgingen.
Die Quellen der «niedrigen Beweggründe», die Arid U. laut Haftbefehl zum Mörder gemacht haben sollen, treiben Griesbaum dagegen weit mehr um. Für den Bundesanwalt sind die Jihad-Seiten im Internet und Hassprediger ein «wesentlicher Faktor der islamistischen Kriegsführung». Käme er an die Hintermänner dieser Propaganda, könnte er sie womöglich wegen Unterstützung von Arid U. anklagen.
AFP/rek
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