In Muttenz zu Hause, in den Bergen daheim
Kathrin Schweizer hat ein klares Ziel vor Augen: Sie will die SP wieder zurück in die Baselbieter Regierung bringen.
«Wer war schon an der Reihe? Bin ich die Erste? Welche Gegenstände haben die anderen Kandidaten mitgebracht?» Kathrin Schweizer ist neugierig. Vielleicht auch etwas nervös. Doch sobald die Kamera läuft und das Videointerview mit der BaZ beginnt, ist davon kaum mehr etwas zu spüren. Die 49-Jährige, die am 31. März mit der SP zurück in die Baselbieter Regierung will, antwortet souverän. Schweizer überlegt nicht lange und spricht geradeheraus. Unüberlegt wirkt sie dennoch nicht.
Doch weiss sie sich auch geschickt um den Kern einer Frage zu winden, wenn sie diese nicht beantworten möchte. Wie sie die fünfköpfige Regierung besetzen würde? «Letzten Endes ist es die Stimmbevölkerung, die die Auswahl hat. Mir geht es darum, die SP wieder in die Regierung zurückzubringen, und ich gebe alles dafür, dass das klappt.»
Die sechseinhalb Minuten Filmaufnahme vergehen wie im Flug. «Waren das wirklich fünf Minuten? Habe ich zu lange Antworten gegeben?», fragt Schweizer, als keine Kamera mehr auf sie gerichtet ist.
Zwischen Nizza und Wien
Im Gespräch unter vier Augen wird Schweizer noch etwas lockerer, entspannter. Als sie beschreibt, wie gerne sie Zeit in den Bergen verbringt. «Am Wandern gefällt mir vor allem, einfach einmal anhalten zu können. Zu geniessen. Oft setze ich mich auch irgendwo hin, lese in einem Buch und geniesse die Natur und die Landschaft. Solche Momente schätze ich sehr.»
Die BaZ hat die Regierungsratskandidaten gebeten, einen Gegenstand zum Gespräch mitzubringen, der ihnen etwas bedeutet. Schweizer hat ein Sitzkissen aus Filz dabei. «Das Kissen hat mich schon auf unzähligen Ausflügen und Wanderungen begleitet – es ist super praktisch. Ausserdem ist es von der Alpen-Initiative und wurde von Bäuerinnen aus dem Urnerland gefilzt.» Sie habe sich lange überlegt, ob sie das Kissen wirklich mitbringen und sich damit fotografieren lassen soll. «Es sieht leider nicht mehr ganz so schön aus, weil es schon einiges erlebt hat.»
Elf Jahre in Gemeindekommission
Mit ihrem Sitzkissen, ihren Wanderschuhen und ihrem Ehemann ist Schweizer gerne in den Alpen unterwegs. «Zwischen Nizza und Wien», wie sie sagt. Grosse Sprünge macht sie – zumindest physisch – selten. Davon zeugt auch, dass Schweizer seit Lebzeiten in Muttenz zu Hause ist. Nie hat sie woanders gewohnt. In Muttenz war sie elf Jahre lang in der Gemeindekommission, seit 2015 ist sie Gemeinderätin. Hier lebt auch Schweizers Familie; die jüngere Schwester und ihre Eltern.
Aufgewachsen sei sie in einem «eher bürgerlichen Haushalt», so Schweizer. Doch ihre Eltern hätten kein Problem damit, dass ihre Tochter heute für die Sozialdemokraten politisiert. «Sie waren früher sicher keine Linken. Aber sie haben grosse Freude an meiner Arbeit.» Und anders als üblich seien ihre Eltern im Laufe der Jahre politisch eher nach links gerutscht.
Weiterhin in der Minderheit
Schweizer selbst ist der SP erst im Jahr 2004 beigetreten, nachdem sie in die Gemeindekommission gewählt worden war. «Für mich war klar, dass es eine Partei sein muss, die sich für die sozialen und ökologischen Anliegen einsetzt. Es hätten vielleicht auch die Grünen sein können.» Sie fühle sich heute aber sehr wohl in der SP und sei überzeugt, dass es die richtige Entscheidung gewesen ist.
Gleichwohl zieht sich eine grüne Linie durch Schweizers Werdegang. Die studierte Biologin schloss ein Nachdiplomstudium im Fachbereich Umwelt ab, bevor sie während zehn Jahren als Geschäftsführerin die Geschicke von Pro Velo beider Basel leitete. Heute ist Schweizer als Verkehrsplanerin beim Bau- und Verkehrsdepartement Basel-Stadt tätig.
Wenn es nach der Muttenzerin geht, wird sie diesen Job aber nicht mehr lange machen. Schweizer, die 2007 in den Landrat gewählt wurde und 2011 bereits SP-Fraktionspräsidentin war, möchte den nächsten Schritt wagen und den Sprung in die Baselbieter Regierung schaffen.
Leidenschaftlichen Kinogängerin
Da die Sozialdemokraten vor vier Jahren aus der Regierung geflogen sind, politisieren sie seither in der Opposition. Doch selbst wenn Kathrin Schweizer gewählt würde, wären die Bürgerlichen in der Kantonsregierung nach wie vor in der Überzahl. Dass sie dabei ihre eigene Meinung auch einmal hinter diejenige des Gremiums stellen müsste, damit könne sie leben: «In einer Kollegialitätsbehörde wird dies verlangt. Das bin ich aus dem Gemeinderat gewohnt.»
Wenn Schweizer gewählt würde, wären ihre drei wichtigsten Vorhaben als Regierungsrätin, den sozialen Anliegen wieder eine Stimme zu geben, sich für das Allgemeinwohl einzusetzen ohne Machtspiele zwischen Gemeinden und Kanton und mit einer Aufbruchstimmung wieder für Fortschritt zu sorgen.
Ihre politischen Forderungen macht Kathrin Schweizer an Wahlpodien, Parteiveranstaltungen oder bei Interviews stets deutlich. Oft wird der leidenschaftlichen Kinogängerin aber vorgeworfen, zu wenig Persönliches von sich preiszugeben. Die Basler Zeitung will von ihr wissen, inwiefern sich die Politikerin Kathrin Schweizer von der Privatperson Kathrin Schweizer unterscheide. «Ich weiss nicht, ob man das auseinanderhalten kann. Meine Werte habe ich als Politikerin, weil ich sie als Privatperson habe. Aber privat ziehe ich mich selten so an wie jetzt», sagt sie und schaut an sich herunter. An diesem Montagmorgen trägt sie dunkle Hosen, einen hellblauen Pullover mit weitem Rollkragen und einen dunkelblauen Blazer. Eine feine Kette, schwarz und silbern, ziert ihren Hals.
Hartnäckig bis stur
Dass es ihr nicht immer leichtfällt, über sich selbst zu sprechen, zeigt sich, als Schweizer drei Adjektive nennen soll, die sie am besten beschreiben. Nach langem Überlegen, einigen seufzenden Geräuschen und Fingerkuppen, die nervös auf den Tisch klopfen, sagt sie zögerlich: «Hartnäckig, aber dialogbereit und … engagiert.» Im Privatleben äussere sich ihre Hartnäckigkeit jedoch manchmal als Sturheit, wie sie mit einem Schmunzeln anfügt.
Auch wenn Schweizer dieses Jahr 50 wird, mit dem Alter habe sie keine Mühe. «Das ist für mich nur eine Zahl, die mich nicht weiter berührt.» Manchmal sei sie aber überrascht: «Vor 20 Jahren hatte ich das Gefühl, mit fünfzig sei man uralt. Jetzt fühle ich mich sehr frisch.»
Schweizers Ambitionen sind klar. Ab kommendem Juli will sie Teil der Baselbieter Regierung sein. Alles andere ist momentan zweitrangig, wie sie deutlich macht: «Ich habe keinen Plan B.»
Die Basler Zeitung porträtiert in einer Serie die Kandidatinnen und Kandidaten für den Baselbieter Regierungsrat.Bereits erschienen:Thomas de Courten (20. Februar)
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